Humulus - Flowers of death

Taxi Driver / Kozmik Artifactz
VÖ: 01.09.2023
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Den Becher bis zum Rand gefüllt

Ob Humulus für ihr neues Werk "Flowers of death" tatsächlich den gefleckten Schierling im Kopf hatten, ist nicht bekannt. Schließlich soll bereits Sokrates mit einem Trunk der todbringenden Blume ins Jenseits befördert worden sein. Da lässt eine Meldung aufhorchen: Humulus – ohnehin nur als Trio unterwegs – haben ihren Sänger ausgetauscht. Die Trennung von Andrea van Cleef lief völlig harmonisch ab – Leben geht halt manchmal in unterschiedlichen Bahnen weiter, schreibt die Band. Na dann ist der Mann zumindest noch heil. Der Wechsel bleibt aber nicht folgenlos, schließlich hatten Humulus 2017 mit "The deep" schon ein beachtliches Stonerrock-Album abgeliefert, das aber weitestgehend verpuffte. Den Sänger austauschen zu müssen, kann im Fiasko enden und nicht selten mit dem Ende einer Band. Umso erstaunlicher, dass die Italiener mit Thomas Mascheroni nicht nur schnell einen Ersatz, sondern auch einen unglaublich vielseitigen Frontmann verpflichten konnten.

Startet das Album noch mit dem relativ klassisch steinigen "Black water", wird spätestens bei "Secret room" deutlich: Die Band hat einen richtigen Sprung gemacht. Mascheroni wechselt von düsterem Gegrummel zur Kopfstimme, und schon geht die Sonne auf. Stoner rückt in den Hintergrund, und es bleibt eingängiger Psych-Rock. Die Stücke bleiben für das Genre eher kurz und zeigen, dass Mascheroni auch ein ganz hervorragender Gitarrist ist, der eingängige Melodien und Riffs mitgebracht hat. Und die Stücke sind auch so durchkonzipiert, dass es niemals langweilig wird – bevor die Monotonie auch nur den Hauch einer Chance hätte, wird auch schon wieder gewechselt, entweder das Riff oder sogar die Geschwindigkeit.

Nach der Hälfte des Albums beschleicht den Hörer allerdings ein Gefühl, dass hier irgendetwas nicht ganz rund ist. Während die Stimmung durchweg fantastisch ist, als sei man zu "Blaze of glory" gerade in den Sonnenuntergang geritten (Humulus wären tatsächlich ein guter Soundtrack für den nächsten Teil von "Red Dead Redemption"), zeigt ein kurzer Blick auf das Cover: Nein, es soll hier um Tod und Verderben gehen. Jenes Cover hat Sänger Mascheroni auch noch selbst gezeichnet, offensichtlich hat der Mann die Band komplett gekapert. Textlich beschäftigen wir uns damit, von einem Baum begraben zu werden, musikalisch kratzen wir an den Genregrenzen, da Humulus für eine Stonerrock-Band einfach zu viel Spielfreunde mit ins Studio genommen haben. Spannend wäre, ob Bassist Giorgio Bonacorsi und Drummer Massimiliano Boventi bei den Aufnahmen zusammensaßen und dachten: Hey, so viel Glück kann man doch eigentlich gar nicht haben mit einer Neubesetzung.

In der zweiten Halbzeit entwachsen Humulus endgültig der trägen Kiffer- und Bierbrauerszene, aus der sie stammen. Was zum einen an dem schnellen, eingängigen Titeltrack liegt, zum anderen an "Operating manual for spaceship earth", einem Pink-Floyd-artigen Psychedelic-Brocken, der nicht nur mit offenen Akkorden startet, als stehe ein untoter Tom Petty im Raum, sondern mit fetten Synthies von Kumpel Elia Piana anegreichert wurde. Den Schierlingsbecher hat die Band jedenfalls mit Ideen und Kreativität bis zum Überschwappen gefüllt. Vor dem großen todbringenden Schluck lohnt aber ein Blick auf das Etikett der Flasche. Womöglich stirbt man gar nicht, sondern hat einen Energy-Drink in der Hand.

(Stephan Dublasky)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Secret room
  • Flowers of death
  • Operating manual for spaceship earth

Tracklist

  1. Black water
  2. Secret room
  3. Shimmer haze
  4. Buried by tree
  5. 7th sun
  6. Flowers of death
  7. Operating manual for spaceship earth
Gesamtspielzeit: 43:19 min

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Armin

2023-10-04 20:08:26- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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