
Tiger Lou - Acts
Startracks / IndigoVÖ: 15.09.2023
Das Leben schreibt
Inhaltlich ist Tiger Lou in seinem tränenreichen Revier geblieben: Liebe, Melancholie, Schmerz, Trübsal – diese Hauptthemen früherer Werke finden sich auch im aktuellen Album "Acts". Bereits das Cover stößt uns auf das, worum es (wieder einmal) geht: Eine Frau schmiegt ihr Gesicht an Wange und Schulter des Mannes, als wolle sie ihn einatmen, ihre Augen geschlossen, versunken in einem intimen Moment. Tiger Lou, dahinter verbirgt sich der talentierte Songwriter und Multiinstrumentalist Rasmus Kellerman aus Schweden, der im Studio alle Instrumente für die Aufnahmen selbst einspielt. Nur live gibt es Tiger Lou als Band mit festen Mitgliedern.
"Acts", das sechste Album, breitet eine ernste, aber harmonische Soundlandschaft aus. Das ist bemerkenswert, weil Tiger Lou nach dem glatten und wenig anstößigen Erstling "Is my head still on?" seine Hörerschaft mit den Alben zwei und drei erschreckt und erstaunt hat: auf einmal eine klagend heulende Gitarre (z.B. der Titelsong auf "The loyal") sowie dunkle und düstere Klänge. Die mit dem vierten Album "The wound dresser" eingeleitete Wende zu einem wiederum eher glatt geschmirgeltem Sound setzt Tiger Lou im aktuellen Longplayer fort: Songwriter-Pop mit viel Keyboard, das sich wie eine Hülle um die Stücke legt, während die E-Gitarre sich einfügt und nur vereinzelt laut aus der Reihe sägt und der Bass im Hintergrund bleibt.
Wie auf den früheren Alben treibt das hörenswerte Schlagzeugspiel die Songs an. Der Opener "Wires" beginnt zunächst mit fanfarenartigem Keyboard, bis Drums einsetzen, begleitet von virtuos gespielter Gitarre, zuletzt gesellen sich Kellermans Vocals dazu, und er singt – natürlich von Liebe. Der Aufbau der Songs folgt diesem Grundmuster: Die verschiedenen Instrumente und Kellermans Gesang setzen nacheinander ein und richten die lauter werdenden Stücke auf. Es wäre ein langweiliges und berechenbares Album, wenn es nicht Ausreißer zur Abwechslung gäbe: "March of Paloma", eine Instrumentalnummer, die von der verzerrten Gitarre dominiert wird, wirkt etwas deplatziert. Als hätte Kellerman einfach Bock gehabt, mal kurz laut sein Instrument zu spielen. Erwähnenswert ist auch die Nummer "Boulders", ein Stück im Andante-Tempo, das von Piano, Keyboard, sanfter Gitarre und Gesang zusammengehalten wird und in sich sehr geschlossen wirkt.
Seine heutige Plattenfirma, Startracks, schreibt über Kellerman, seine Band habe ein großes Herz und seine Musik sei aufrichtig. Ja, das trifft es: Seine Musik ist eine Reise mit ihm, gemeinsam streifen wir – seiner Musik lauschend – mit Tiger Lou durch die Erfahrungen, die das Leben nun mal bietet. 2018 wurde Kellermans Ehe geschieden, und seine große Liebe ging damit zu Ende. Eine Enttäuschung, die nachwirkt und noch nicht verdaut ist? Im letzten Song des Albums, "Baccardi" (sic!), singt Kellerman davon, dass er auf seiner Geburtstagsparty Bac(c)ardi trinkt und Gras raucht, bis es alle ist, "cos I never seem to end up getting what I want – just barely what I need".
Highlights & Tracklist
Highlights
- Shitty bushes
- Figures
- Baccardi
Tracklist
- Wires
- End times
- Shitty bushes
- Send the bill
- Figures
- Good thing
- March of Paloma
- Boulders
- Runaways
- Baccardi
Im Forum kommentieren
Blanket_Skies
2024-02-29 17:17:52
Ja, ich habs auch schon zweimal laufen gehabt. Aber bei all meiner Liebe für Tiger Lou, das ist nicht mal mittelmäßiger Post-Rock zum nebenbei lesen, sondern einfach eine unnötige Veröffentlichung.
Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass es mit Rasmus gesundheitlich bald wieder bergauf geht.
Dulle
2024-02-29 17:02:01
Gerade zufällig entdeckt, dass Tiger Lou letzte Woche "Acts II" veröffentlicht hat. Es ist ein chilliges instrumentales Ambient-Album, das wohl ursprünglich im August 23 als Bonus-LP einer limitited Edition von "Acts" rauskam.
Klaus
2023-10-09 10:28:03
14.02. Berlin, Cassiopeia
15.02. Leipzig, Werk II
16.02. Hamburg, Molotow
Blanket_Skies
2023-10-03 19:32:47
Wer singt denn da noch bei Runaways mit - gerade in der Strophe - oder ist das nur ein Rasmus an einem besonderen Tag und komisch gemischt?
BVBe
2023-09-22 22:30:38
Darauf bin ich noch nicht gestoßen. Aber das Album ist wunderbar, enthält all die Trademarks, die ich an Kellerman so schätze. Obwohl ich finde, dass er Songs und Melodien ruhig noch etwas mehr hätte ausführen und auskosten können. Mehrmals enden die Songs recht abrupt, wo sie im Begriff waren, sich episch aufzuschwingen. Aber das ist verschmerzbar.
"Good Thing" ist mein Lieblingssong auf dem Album. Wundervolles Intro. "Wires" und "End Times" sind auch herausragend.
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