Roosevelt - Embrace
Counter / Rough TradeVÖ: 22.09.2023
Tanz den Schlendrian
Wann genau fängt Gemütlichkeit eigentlich an, in eine gewisse Ödnis der Unzufriedenheit und Unausgeglichenheit umzukippen? Dieser kleine Moment, in dem das kuschelige Sofa oder das frisch gemachte Bett eben nicht mehr Ruhepol ist. Sondern anfängt, etwas überdrüssig zu werden. Eine Frage, der sich auch Marius Lauber hin und wieder stellen muss. Denn unter seinem Alias Roosevelt war in den vergangenen Jahren eher Stagnation als Dringlichkeit das Maß der Dinge. Dem hervorragenden, mit Hits gespickten Debüt "Roosevelt" folgten mit "Young romance"" und zuletzt "Polydans"" zwei Werke, die den mittlerweile 32-Jährigen an die vorderste Front der fluffigen, verspielten Tanzmusik katapultierten. Völlig zu Recht, wohlgemerkt, ob der konstanten Qualität des Outputs. Besonders "Polydans" zeigte anno 2021 jedoch bereits merkliche Abnutzungserscheinungen des inzwischen allzu bewährten Synth-Pop-Sounds. Ein Umstand, der Lauber und seine Fanbase nun so gar nicht zu stören schien. Doch wohin soll die neongetränkte Reise denn nun gehen?
Letzten Endes – und das mag manche freuen und manche eher traurig stimmen – ist auch "Embrace" ein typisches Roosevelt-Werk geworden. Mit allen Trademarks, die man inzwischen an dieser Stelle erwarten kann –aber eben auch jenen Ermüdungserscheinungen, die sich hier und da subtil einschleichen. Besonders auf der zweiten Albumhälfte hat "Embrace" bereits vieles von seinem Pulver verschossen und rettet sich mit unspektakulärer Standardkost ins Ziel. "Paralyzed", "Lake shore" und selbst der auf beinahe sechs Minuten Länge sehr ausufernde Closer "Alive" zelebrieren weniger ausgelassene Feierstimmung, sondern eine dezente Trägheit und Ideenlosigkeit. Was nun deutlich dramatischer klingt, als es ist: Selbst ein durchschnittlicher Roosevelt-Track ist mindestens gut gemacht, gut produziert und mitschnipsgeeignet. Totalausfälle braucht man aus der Feder von Marius Lauber auch weiterhin nicht befürchten. Immerhin.
Zumal es auch auf "Embrace" dankenswerterweise genügend Momente gibt, in denen man einen Roosevelt in der hiesigen Musiklandschaft einfach nicht mehr missen möchte. Dazu zählen beispielsweise das sehr stimmige Instrumental "Yucca mesa" mit seinen verträumten Melodiebögen sowie der klassische, aber äußerst gelungene Opener "Ordinary love", welcher als Einsteig mit tropischen Anleihen, breiten Synthflächen und funkigen Gitarren auf so selbstbewusste Art und Weise jegliche etwaige Erwartungshaltung wegspült, dass man aus dem Grinsen kaum rauskommt. Seine stärksten Momente hat "Embrace" immer dann, wenn der Dampf im Kessel ein wenig hochgeschraubt wird. Etwa auf dem verhältnismäßig bissigen "Luna" oder auch dem knackig und kompakt zusammengeschraubten “Forevermore”. Es hilft, wenn's hier und da eben auch mal ein bisschen mehr ballert und drückt. Möglicherweise ja ein guter Anknüpfpunkt für zukünftige Projekte. Roosevelt ist der große Wurf inmitten einer derzeit äußerst dynamischen Elektro-Pop-Szene nicht vollends gelungen. Letztendlich ist das aber auch kaum weiter tragisch, denn ohne gewisse Konstanten läuft's eben auch nicht.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Ordinary love
- Luna
- Forevermore
Tracklist
- Ordinary love
- Rising
- Luna
- Yucca mesa
- Paralyzed
- Lake shore
- Realize
- Fall right in
- Forevermore
- Alive
Im Forum kommentieren
musie
2023-10-18 16:36:26
Ich muss ehrlich sagen, ich fands am Anfang ein bisschen enttäuschend, da komplett im bekannten Gewässer und es wirkte etwas nach Dienst nach Vorschrift.
Aber dann hab ichs ein paar Mal gehört und mir gesagt, wäre das sein Debut Album, es wäre unglaublich gut (genau so gut wie sein Debut Album tatsächlich war). Insofern kann man ihm eigentlich überhaupt nichts vorwerfen.
Ich finde das Album inzwischen auch richtig gut und es hat tatsächlich Karrierehighlights drauf. Wie oben schon erwähnt würde ich Yucca mesa und Fall right in als solche bezeichnen.
Topkek69
2023-10-18 15:55:18
Achso...
"Alive" für mich einer seiner besten Songs ever.
Hartnäckiger Gutlaune-Stampfer.
Topkek69
2023-10-18 15:51:53
Wunderschönes Album.
Wer dazu nicht vibed, muss klinisch tot sein.
BVBe
2023-10-04 15:47:11
Besser als der Vorgänger - nur im letzten Drittel mäandert es ein bisschen vor sich hin. Warum fehlt eigentlich Passion, der Song mit Nile Rodgers?
qwertz
2023-10-03 16:27:04
Ein weiteres Album by the numbers. Mit "Yucca mesa" und "Fall right in" in meinen Ohren dafür zwei seiner besten Songs überhaupt dabei.
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