Buck Meek - Haunted mountain

4AD / Beggars / Indigo
VÖ: 25.08.2023
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

We believe in you

Nomen est omen? Zumindest im Fall von Buck Meek mehr als nur eine leere Redewendung. Der Texaner heißt nicht nur "bescheiden" mit Nachnamen, er ist der interessierten Öffentlichkeit vor allem als Gitarrist von Big Thief bekannt: als Hintergrundarbeiter einer Band, bei der sich gefühlt nie jemand in den Vordergrund drängeln will, deren Subtilität das Wesen ihrer Indie-Kreise in Aufregung versetzenden Grandeur ausmacht. Doch man sollte den unauffälligen Mann nicht unterschätzen. Sein Renommee reicht so weit, dass ihm im Zuge eines Dokumentarfilms private Tagebücher von Judee Sill anvertraut wurden. Die kurz vor ihrem frühen Tod 1979 verfassten Worte der einflussreichen Musikerin formte Meek zu "The rainbow", dem optimistischen Schlussakkord seines dritten Albums "Haunted mountain". Eine zärtliche Würdigung und weder das erste noch das letzte Zeugnis dafür, dass Meek solo nicht plötzlich rampenlichtgeilen Ego-Rock für sich entdeckt, sondern sich innerhalb der Koordinaten seiner Hauptband bewegt. Die Emanzipation findet eher in der Erkenntnis statt, dass er auch ohne Adrianne Lenker kunstvolle Reflexionen über Mensch und Natur in fragil-schönem Folk verpacken kann.

"She pierced my ears in the green light / With ladybugs in flight." Der Opener "Mood ring" gibt nicht nur textliche Rätsel auf, er stochert auch in einem Dickicht aus Hall und Effekten, in dem ein stoischer Rassel-Beat und warme Piano-Klänge die einzigen Orientierungspunkte bilden. Doch Meek findet schnell den Ausgang auf festeren Songwriting-Boden. Der Titeltrack entstand als einer von fünf Songs gemeinsam mit der von Meek bewunderten Jolie Holland und rollt als countrynahe Fast-Hymne den besungenen Berg hinunter, von dem der Erzähler eigentlich gar nicht weg will. Zwischen Pedal Steel und Cembalo stottert sich die Gitarre zum Solo, ehe sie für "Cyclades" den Strom direkt aus Neil Youngs Hütte zapft, Noise und Jangle-Klarheit gleichermaßen schultert. "There's too many stories to remember", heißt es da im Refrain, doch die Geschichte des psychedelisch verstrahlten "Undae dunes" vergisst so schnell niemand, schließlich werden Teenie-Romanzen nicht allzu oft von Alien-Entführungen unterbrochen. "Paradise" bleibt dahingegen auf der Erde, um sich über wenig mehr als vibrierenden Saiten im Blick des geliebten Gegenübers zu verlieren: "A home in roses made of light / I see it in your eyes."

In einem noch naiveren Liebestaumel ergeht sich der sonnige Schunkler "Didn't know you then", während "Lullabies" kurz "You are my sunshine" anstimmt. Letzterer Track offenbart sich jedoch als Kontemplation einer Mutter-Tochter-Beziehung, deren Feinfühligkeit die in der zweiten Hälfte sanft einsetzende Violine unterstreicht. Selbst unter seinen vermeintlich simplen Oberflächen verbirgt der "Haunted mountain" oft so manche Tiefenschicht, ohne dabei an Direktheit einzubüßen. Das ebenso spärlich instrumentierte "Secret side" drückt seine Zuneigung zur angesprochenen Person aus, indem es ihr Raum für ihre eigenen Gefühle und Geheimnisse lässt. "Lagrimas" verschickt Totenbotschaften auf Vogelflügeln, was mit seiner Platzierung unmittelbar vor dem halb aus Judee Sills Jenseits-Feder stammenden Closer eine besonders eindrückliche Note bekommt. Meeks brüchige, dünne Stimme droht unter dem Gewicht der Kompositionen manchmal etwas einzusacken – doch weder erfordert sein Stilspektrum perfekte Gesangsfähigkeiten, noch fallen seine vokalen Defizite negativ auf, wenn er ein so dringliches Kleinod wie "Where you're coming from" aus den Saiten kloppt. "I can say anything and you don't judge me." Wir würden nicht im Traum daran denken.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Haunted mountain
  • Cyclades
  • Where you're coming from

Tracklist

  1. Mood ring
  2. Haunted mountain
  3. Paradise
  4. Cyclades
  5. Secret side
  6. Didn't know you then
  7. Undae dunes
  8. Where you're coming from
  9. Lullabies
  10. Lagrimas
  11. The rainbow
Gesamtspielzeit: 42:21 min

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Armin

2023-09-09 20:52:56- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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