Samy Deluxe - Hochkultur 2

Vertigo / Universal
VÖ: 11.08.2023
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Früher Rotzlöffel, heute Toplevel

Ist Eminem der beste Rapper aller Zeiten oder vielleicht doch Jay-Z, Lil Wayne oder Jim Jones? Seit Jahren wird die G.O.A.T.-Diskussion im US-Rap leidenschaftlich geführt und auch für Deutschrap wird die Frage in Interviews mit diversen Protagonisten regelmäßig verhandelt. Egal ob PA Sports, Olli Banjo oder Afrob, alle sind sich einig: Samy Deluxe gehört in die ewige Top 5. Zusammen mit DJ Dynamite und Tropf läutete er 1998 als Dynamite Deluxe eine neue Ära ein. Er brachte Freestyle-Lockerheit in die bis dahin recht verkrampfte Deutschrap-Szene. Dem Legendenstatus gerecht zu werden, gelang Samy in seiner Karriere nicht immer. Unvergessen sein befremdlicher "Exkurs als Herr Sorge", unverziehen die Teilnahme am Kommerzformat "Sing meinen Song – Das Tauschkonzert". 2020 startete er einen Podcast, musikalisch herrschte seit "Hochkultur"Funkstille. Dieses Jahr meldet sich der Wickeda MC nun mit einem Doppelschlag zurück.

Bereits im Mai 2023 erschien "Daddy's home", in Zusammenarbeit mit Produzent Morlockko Plus. Das Album punktet durch entspannten Oldschool-Sound und Samys zurückgelehnten Flow. Mit "Hochkultur 2" legt das Hamburger Urgestein nochmal nach und zeigt sich in Topform. Der Track "Roter Velour" an der Seite von DJ Desue gehört zum Besten, was man jemals von Samy Deluxe gehört hat. Der lupenreine Boombap-Beat klingt nach der Blütezeit des Eastcoast Rap der Neunziger Jahre, was Samy zum Einstieg des Songs direkt kommentiert: "Das ist God's gift / Scheint, als hätte Desue Preemos MPC und ich hätte Nas' Stift." Einen vergleichbaren Banger hat das Album zwar nicht zu bieten, dafür weitere auffallend gut produzierte, reife Tracks. Bei "Masterclass" schleppt sich Samy mit verkiffter Stimme über die holpernden Drums, bei "Immortal" rappt er atemlos über ein düsteres Instrumental. Mit "Instinkt" und "Blanco check" schneidert ihm Produzent Bazzazian zwei perfekt sitzende Soundkostüme auf den Leib, an weiteren Highlights wie "Vendetta" und "Everything" hat der Berliner Llucid mitgearbeitet. Der US-Rap-affine Samy war auch eifrig Beats shoppen in den Staaten, so schmückt beispielsweise das Producer-Tag von Griselda-Mastermind Conductor Williams den Intro-Track "Martinshorn".

Unter den satten 18 Songs sind auch Filler wie "Last exit" oder "Brainwash", aber das trübt den positiven Gesamteindruck nur geringfügig. Die Kollabo "ASD Track" mit Samys langjährigem Buddy Afrob ist solide und lässt auch aufgrund des "Enfants terribles"-Zitats einen längst vergessenen Freundeskreis-Vibe aufkommen. Inhaltlich dreht sich bei Samy weiterhin viel um die HipHop-Kultur im Allgemeinen und sich selbst im Speziellen. Früher mit großmäuliger Betonung der eigenen Herrlichkeit, heute deutlich reflektierter. In "Kalte Füße" schildert der 45-jährige, wie er in der Pandemie die Lust am Showbiz verloren hat. "Yves Klein" thematisiert Melancholie und Schwermut, "Antidepressiva" den Umgang mit Erwartungsdruck. Bei "Immortal" schimmert der alte Egomane dann doch nochmal durch: "Früher Rotzlöffel, heute Toplevel." Kann man so stehen lassen.

(Andreas Rodach)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Roter Velour (feat. DJ Desue)
  • Vendetta
  • A.S.A (feat. JuJu Rogers)
  • Instinkt

Tracklist

  1. Martinshorn
  2. Roter Velour (feat. DJ Desue)
  3. Masterclass
  4. ASD Track (feat. Afrob)
  5. Vendetta
  6. Yves Klein
  7. Kalte Füße
  8. Antidepressiva
  9. Mikrodose(feat. Morten)
  10. Last exit
  11. A.S.A. (feat. JuJu Rogers)
  12. Instinkt
  13. Brainwash
  14. Waxfigur
  15. Don Quixote
  16. Everything
  17. Immortal
  18. Blanco check
Gesamtspielzeit: 56:50 min

Im Forum kommentieren

Kojiro

2023-08-17 21:34:20

"Masterclass" ist auch ziemlich gut.

sizeofanocean

2023-08-17 20:20:08

außer Roter Velour kann die neue Platte tatsächlich nicht viel, echt schade, Daddy's Home bleibt aber ein Highlight in 2023

Kojiro

2023-08-17 19:33:26

Cool:

https://www.youtube.com/watch?v=RXTQ-ICE-Ek

Kojiro

2023-08-16 21:54:13

Daddy's Home war um Welten besser. Das hier hat schon 6-7 sehr ordentliche Nummern und zu viele Filler. Mind. 6-7 Songs weniger und es wär ein durchaus gutes Album. So hat man wenig Lust, das Ding nochmal komplett zu hören.

Armin

2023-08-16 21:01:16- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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