
Upper Wilds - Jupiter
Thrill Jockey / IndigoVÖ: 21.07.2023
Asterix bei den Außerirdischen
Ist Liebe immer noch alles, was wir brauchen? Beim letzten Upper-Wilds-Album konnte man das fast glauben: "Venus" bestand aus zehn durchnummerierten Stücken, die allesamt den Titel "Love song" trugen und donnernd der für die zarte Gefühlsregung zuständigen Gottheit huldigten. Dan Friel, gleichermaßen bekannt und berüchtigt durch die Knirsch-Rocker Parts & Labor und seine eigenen Krawall-Platten wie "Total folklore", kann schlicht nicht anders. Auch mit seiner aktuellen Band nicht, die schon wieder ein Album nach einem Planeten benennt. Urknall im Herzen, Detonation an den Instrumenten – Bassist Jason Binnick und Drummer Jeff Ottenbacher helfen gerne. So lange, bis Zenturio Woistderbus aus dem imaginären Comic-Band "Asterix bei den Außerirdischen" zu Longplayer Nummer vier nur noch ein entnervtes "Beim Jupiter!" einfallen würde. Aber auch das hilft nichts, sobald der New Yorker das erste Riff in die Weiten des Sonnensystems hinausplärrt und das jaulende elektronische Ungetüm dazustößt, das schon "Thumper" zum geräuschigen Synapsenzerbeuler machte.
Ein "Permanent storm", wie er im Großen Roten Fleck des Gasriesen Jupiter tobt? Zumindest ein ziemlich hartnäckiger, denn weniger Lärm wird es nicht, solange sich Friel und Kollegen weiterhin mit Photonenantrieb auf Odyssee zwischen den Planeten befinden. Wer hier Space-Rock sagt, muss sich auch mit der Brachialität des Punk und den zwirbelnden Auswüchsen verstrahlter Surf-Musik auseinandersetzen, während Upper Wilds stets mit dem Distorto-Regler am Anschlag operieren. Trotzdem schält sich aus den zerrenden Leads und der drahtigen Rhythmusgruppe von "Drifters" eine liebliche Pop-Melodie heraus, die für die ärgsten subsonischen Grobheiten entschädigt. Etwa für den siebenminütigen Erdwurm "10'9"", der mit Maschinenscheppern anhebt, haarscharf am Classic Rock vorbeischrammt und in der Nähe einer androiden Sludge-Spielart am Boden zerschellt. Der Titelsong kriegt im Anschluss mühelos die Kurve zu formidablem Uptempo-Fuzz, der bequem auf einen Bierdeckel passt. Gut geschmurgelt.
Da bietet sich mal wieder ein Verweis auf die ebenso krachversessenen Labelmates Lightning Bolt an. Deren Warnung "Hüsker dön't" vom Album "Sonic citadel" ignorieren Upper Wilds nämlich tapfer und erweisen den Noise-Rock-Altvorderen Hüsker Dü mit einer groovigen Interpretation von "Books about UFOs" aus dem Referenzwerk "New day rising" die Ehre. Einer der entspannteren Momente von "Jupiter", ehe "Radio to forever" noch einmal sämtliche Punk'n'Roll-Rasanz an die Wand wirft und die dröhnende Essenz dieser guten halben Stunde auf den Punkt bringt. Beinahe möchte man schon meinen, die Liebe müsste diesmal draußen bleiben – wäre da nicht "Short centuries", ein anrührender Schmirgelpapier-Blues im Gedenken an Julio Mora and Waldramina Quinteros, die stolze 79 Jahre lang verheiratet waren. Ein kleines Hach an das älteste Ehepaar der Welt und ein kosmisches High Five an Upper Wilds für ein erneut vorzügliches Album. Heute Brooklyn, morgen das ganze Universum? Laut genug dafür ist diese Band auf jeden Fall.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Permanent storm
- Drifters
- Jupiter
Tracklist
- Greetings
- Permanent storm
- Drifters
- Short centuries
- 10'9''
- Jupiter
- Voyager
- Infinity drama
- Books about UFOs
- Radio to forever
- Cerberrat
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Kai
2023-08-02 22:55:12
Spannend. Parts and labor waren super
Armin
2023-08-02 22:12:23- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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