
Soundtrack - Barbie: The album
Atlantic / WarnerVÖ: 21.07.2023
Life in plastic, it's fantastic
Wer hätte noch vor fünf Jahren geahnt, dass ausgerechnet Barbie den popkulturellen Diskurs im Sommer 2023 bestimmen würde? Indie-Liebling Greta Gerwigs filmische Adaption des Spielzeugklassikers ist ein derart gelungener Hybrid aus einer Zelebrierung des pinken Kults sowie augenzwinkernder, ironischer Brechungen geworden, dass sich auf diesen Blockbuster offenbar nahezu alle einigen können. Und dass ausgerechnet Barbie, die klassischerweise aufgrund der Idealisierung eines ungesunden Körperbilds sowie konsumorientierter Oberflächlichkeit verteufelt worden war, nun als feministisches Vorbild gefeiert wird, ist eine derart verblüffende Umdeutung, dass womöglich selbst Hersteller Mattel sein Glück kaum fassen kann. Passend zur riesigen Marketingkampagne, die den Kinohit des Sommers begleitete, wurde auch der dazugehörige Soundtrack groß angekündigt, inklusive der nur sukzessiven Veröffentlichung der sehr illustren Schar von Acts, die auf "Barbie: The album" allesamt mit neuen Songs vertreten sind. Kuratiert und produziert hat die Filmmusik Pop-Tausendsassa Mark Ronson gemeinsam mit Andrew Wyatt von Miike Snow.
Als erste Singleauskopplung führte bereits im Frühjahr Dua Lipas Song "Dance the night" direkt auf den Tanzboden und setzte dabei den Sound ihres Hit-Albums "Future nostalgia" konsequent fort. Noch besser funktioniert der nahezu unwiderstehlich eingängige Opener mit dem programmatischen Titel "Pink", bei dem Lionel Richies "All night long" Pate gestanden haben dürfte und bei dem Lizzo eine gewohnt gute Figur macht. Nur zu einem Buchstabierwettbewerb sollte sie angesichts dieser Zeilen besser nicht geschickt werden: "P, pretty / I, intelligent / N, never sad / K, cool!" Charli XCX bestätigt ihre Leidenschaft für motorisierten Fahrspaß mit dem energetischen Hyperpop von "Speed drive", das auf Robyns Version von "Cobrastyle" basiert, das musikalische Gaspedal allerdings noch weiter durchdrückt. Vroom vroom!
Natürlich führt assoziativ, wenn es um Barbie und Musik geht, kein Weg an Aquas unverwüstlichem Europop-Klassiker "Barbie girl" vorbei. Mattel hatte seinerzeit noch erfolglos versucht, die Plattenfirma der Dänen wegen des sexuellen Innuendos in dem Song zu verklagen. Heute ist "Barbie girl" im Film zumindest als Sample in "Barbie world", der gelungenen Kollaboration der Rapperinnen Nicki Minaj und Ice Spice, vertreten. Weniger erfolgreich exhumiert Gayle in einem weiteren Rückgriff auf die Neunzigerjahre ausgerechnet das unsägliche "Butterfly" von Crazy Town. Ihr Versuch, dem Song einen feministischen Spin zu geben, ist aller Ehren wert, bleibt im Ergebnis allerdings ebenso nervig wie das Ausgangsmaterial. Schöner ist da "Angel", der leicht abgefahrene Beitrag von PinkPantheress, die ihren verträumten Chill-Pop mit einem Eurovision-würdigen Fiddle-Solo kombiniert.
Das emotionale Herzstück des Albums, wie auch des Films, ist die gewohnt verhuschte, melancholische Billie-Eilish-Ballade "What was I made for?", deren Text sowohl die Handlung des Films illustriert, als auch als Kommentar zur von Plattenfirmen forcierten kommerziellen Positionierung in der Musikindustrie verstanden werden kann. Und auch Ken bekommt seinen großen Power-Balladen-Moment: Die absurd komische, musicalhafte Gaga-Nummer "I'm just Ken", von Ryan Gosling mit emphatischem Pathos vorgetragen, ist ebenso herrlich albern, wie ernsthaft berührend: "I'm just Ken and I'm enough / And I'm great at doing stuff", heißt es da im großen Finale. Im Vergleich fallen die schönen, aber routinierten Beiträge von Tame Impala und Haim etwas ab, und leider erinnern manche Songs des Soundtracks auch an Kens Kumpel Allan: Keiner weiß so ganz genau, wozu sie gut sein sollen. So bleibt "Barbie: The album" insgesamt unbedingt unterhaltsam, mehr Spaß bereitet allerdings der Genuss von "Barbie: The movie" auf der großen Leinwand. Life in plastic, it's fantastic.
Highlights & Tracklist
Highlights
- I'm just Ken (Ryan Gosling)
- What was I made for? (Billie Eilish)
- Angel (PinkPantheress)
Tracklist
- Pink (Lizzo)
- Dance the night (Dua Lipa)
- Barbie world (Nicki Minaj & Ice Spice feat. Aqua)
- Speed drive (Charli XCX)
- Watati (Karol G feat. Aldo Ranks)
- Man I am (Sam Smith)
- Journey to the real world (Tame Impala)
- I'm just Ken (Ryan Gosling)
- Hey blondie (Dominic Fike)
- Home (Haim)
- What was I made for? (Billie Eilish)
- Forever & again (The Kid Laroi)
- Silver platter (Khalid)
- Angel (PinkPantheress)
- Butterflies (Gayle)
- Choose your fighter (Ava Max)
- Barbie dreams (FIFTY FIFTY feat. Kaliii)
Im Forum kommentieren
octoberswimmer
2023-08-24 08:48:58
Hi Stulle,
das ist "Closer to fine" von Indigo Girls.
Stulle
2023-08-12 16:42:20
Im Prinzip schreckliche Musik, die ICH mir für sich allein nicht anhören könnte. Im Kontext des Films wirkt diese aber schon etwas gefälliger auf meine Ohren und kommt mir passend zu den bonbonfarbenen Bildern vor.
Das Lied, das sie jedesmal singen, wenn sie die Barbiewelt verlassen, bzw. zurückkehren, hat mir sogar gefallen! Es erinnerte mich an einen anderen Song, der mir jedoch partout nicht einfallen will...
Weiß jemand, ob das ein Cover ist? Auf dem Soundtrack scheint dieser auch nicht drauf zu sein.
Peacetrail
2023-08-05 21:12:28
Der Dua-Lipa-Song ist echt Grütze. Laut Rezi funktioniert er aber und setzt irgendwas konsequent fort.
TOOL99
2023-08-04 06:05:30
bzw genauer gesagt: die Liste der teilnehmenden Artists.
TOOL99
2023-08-04 05:35:31
Film: Keine Ahnung. Die Tracklist dieses Albums liest sich aber in der Tat sehr gruselig.
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