Killer Mike - Michael

VLNS / Loma Vista / Concord
VÖ: 16.06.2023
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Kein Weg zu weit

Wäre Killer Mike an der ein oder anderen Weggabelung anders abgebogen, 2023 würde er eventuell ein Schattendasein als respektierter, aber nicht besonders erfolgreicher Rapper fristen. Sein fünftes Studioalbum "R.A.P. Music" wurde 2012 vielerorts zu den besten (Hip-Hop-)Alben des Jahres gezählt und trotzdem: Als ein Jahr später das erste gemeinsame Album mit dem New Yorker El-P erschien, hätten wohl die wenigsten den Siegeszug erwartet, der beide zusammen als Run The Jewels in den nächsten zehn Jahren zu international gefeierten Rap-Stars machen sollte. Kein Wunder also, dass die Erwartungen an Killer Mikes erstes Solo-Album nach über einer Dekade extrem hoch und eng mit Run The Jewels verknüpft sind.

Dabei verfolgt "Michael" als biografisch aufgezogenes Album schon von Anfang an eine ganz andere Mission. Der eh schon politisch und sozial aktive Michael Santiago Render aka Killer Mike hat in den letzten zwei Jahren sein Aufwachsen in Atlanta abgeklopft, sich mit dem dort verwurzelten Rassismus genauso auseinandergesetzt, wie mit den Gottesdiensten am Wochenende und der Geschichte des Südstaaten-Raps. Außer dieser Mischung erwachsen viele Soul-Samples und mehrere Gesangspassagen der jungen Künstlerin Eryn Allen Kane, die neben Beats von beispielsweise DJ Paul von Three Six Mafia stehen und so in Memphis im Tapedeck hätten ballern können. Keine Flut aggressiver Synthiebretter also, über die nur unterhaltsamer Quatsch erzählt wird, wie es bei Run The Juwels gerne mal über mehrere Songs passieren könnte. Stattdessen Substanz aus 48 Jahren Lebenserfahrung und hunderten Jahren Schwarzer Geschichte der USA.

Und auch die Feature-Liste fällt im Verhältnis nicht nur wesentlich umfangreicher aus, Killer Mike hat stattliche Prominenz aus seinem Telefonbuch versammelt. Südstaaten-Buddy Young Thug gibt sich als ähnlich aufgewachsener Rapper genauso die Ehre wie einer der frühen Supporter, André 3000, der Killer Mike schon vor 20 Jahren mit Outkast in deren Songs holte. Weltstar Future schaut genauso vorbei wie die ikonischen Ty Dolla $ign und 2 Chainz. Und kurz vor Schluss gibt es dann auch den wohlverdienten Fan-Moment, wenn in "Don't let the devil" doch wieder El-P dabei ist. Entspannter als sonst und trotzdem genauso souverän. Der einführende Monolog von Dave Chappelle in "Run" ist nicht mal als Feature in der Tracklist ersichtlich.

Wo und wie Killer Mike an den Weggabelungen abgebogen ist, hört man auf "Michael" immer wieder in Nebensätzen. Drogen, die an der Straßenecke verkauft wurden, den Zwiespalt zwischen Moral und trotzdem von deutschen Autos und kubanischen Ketten zu träumen. Aber auch spätere Prägungen, wie im emotionalen "Motherless", das Render seiner 2017 verstorbenen Mutter widmet. Die autobiografischen Geschichten werden ungewohnt langsam und entschleunigt auf das Gros an Fans wirken, die Killer Mike in den letzten Jahren wegen Run The Jewels lieben gelernt haben. Das ist aber nicht sein Problem. In diesem Fall muss der Rapper aus Atlanta nicht entscheiden, welchen Weg er geht und welchen nicht, weil er mittlerweile glücklicherweise eh machen kann, worauf er Lust hat und dabei absolut selbstsicher wirkt.

(Arne Lehrke)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Run
  • Motherless
  • Don't let the devil

Tracklist

  1. Down by law (feat. CeeLo Green)
  2. Shed tears (feat. Mozzy)
  3. Run (feat. Young Thug)
  4. N rich (feat. 6lack & Eryn Allen Kane)
  5. Talk'n that shit!
  6. Slummer
  7. Scientists & engineers (feat. André 3000, Future & Eryn Allen Kane)
  8. Two days (feat. Ty Dolla $ign)
  9. Spaceship views (feat. Curren$y, 2 Chainz & Kaash Paige)
  10. Exit 9 (feat. Blxst)
  11. Something for junkies (feat. Fabo & Minister Louis Farrakhan)
  12. Motherless (feat. Eryn Allen Kane)
  13. Don't let the devil (feat. El-P & thankugoodsir)
  14. High and holy (feat. Ty Dolla $ign)
Gesamtspielzeit: 52:04 min

Im Forum kommentieren

fuzzmyass

2023-09-23 20:34:51

Habs gestern zum ersten Mal gehört... es ist schon ganz gut, aber schon auch enttäuschend auf hohem Niveau.... viel zu viele Gäste/Features verwässern das Ganze etwas, es fehlt etwas dir Dringlichkeit... der Vorgänger R.A.P. Music sowie die Run The Jewels Alben sind schon noch paar Level drüber.... dennoch ist Michael ein solides Album, mit dem ich schon Spaß haben kann...

boneless

2023-09-23 19:08:24

Wenn das Album die Qualität der Singles halten kann, dann wird das Bombe.

Oweh, selten mehr geirrt. Das Album ist ziemlich enttäuschend. Über weite Strecken sehr uninspiriert, viele Parts (vor allem die der Gäste) nerven regelrecht. Ist insgesamt dann doch sehr weit von R.A.P. Music und RTJ entfernt. Schade.

fuzzmyass

2023-06-10 23:04:04

R.A.P. Music war/ist ein Meisterwerk... mal sehen ob das neue rankommt... Vorfreude ist da

boneless

2023-06-10 22:56:06

Wenn das Album die Qualität der Singles halten kann, dann wird das Bombe. Killer Mike macht man nichts vor, sehr schön, dass da endlich was Neues kommt (immerhin 11 Jahre nach R.A.P. Music). Lediglich das Feature von Young Thug in Run ist richtig nervig. Bleibt hoffentlich ein Einzelfall.

Mawi09

2023-06-07 21:06:14

Oh schön, hatte gar nicht mit einer Rezension gerechnet und sie klingt vielversprechend! Ich mag Run the Jewels sehr, von Killer Mike solo Sachen kenne ich aber nichts. Bis auf die neuen Singles, die waren gut bis sehr gut. Freue mich auf Freitag.

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