Crucchi Gang - Fellini

Vertigo / Universal
VÖ: 26.05.2023

La seconda volta

Wie lange kann man einen Witz machen, bis er auserzählt ist? Die Frechdachse von der Crucchi Gang finden: Mindestens ein zweites Mal ist erlaubt. Auch für ihr Album "Fellini" haben sie sich wieder einen bunten Haufen deutschsprachiger Musiker*innen geschnappt und mit ihnen Songs vom Deutschen ins Italienische übersetzt – immer eher sinngemäß als komplett akkurat. Muss ja schließlich auch gut klingen! Eine reine Übersetzung hat aber schon auf dem selbstbetitelten Vorgänger nicht ausgereicht. Stattdessen wurden die Stücke auch instrumental neu gedacht und mit ordentlich mediterranem Flair angereichert. Alles unter Regie von spiritus rettorte Francesco Wilking von die Die Höchste Eisenbahn und Tele sowie produttore esecutivo Patrick Reising.

Zum Anfang haut Wilking selbst erst mal einen raus. Aus Joachim Witts "Goldener Reiter" wird der weniger güldene "Cavaliere d'argento" und bekommt einen Disco-Anstrich mit funkigen Gitarren. Antje Schomaker macht in "Tempo sprecato" den Rückwärtssalto vom ursprünglichen "Verschwendete Zeit" und tauscht Elektro-Beat gegen Band-Sound samt Bläsern. Aber auch überraschend melancholisch steht der Gang, wenn Tristan Brusch in "L'altra metà" zu Leonard-Cohen-Gitarre und dumpfen Streichern zum Spaghetti-Western rübermacht. Jeremias aus Hannover sind mit "Mi piace" am nächsten an einer großen Hymne dran und brettern die Küste runter. Und Tocotronic gönnen sich einen mystischen Einstieg der nach Film-Score klingt, bevor sie alle wissen lassen: "In dubbio per il dubbio"!

Das Tolle an "Fellini": Crucchi Gang sind längst mehr als eine humorvolle Hommage. Die Songs sind zwar bekannt, entwickeln aber eine komplett neue Identität. Und die regt mal zum Schmunzeln an, an anderer Stelle bekommt sie aber auch eine Schwere, die eine steife Brise vom Mittelmeer rüberweht. Das Duett "Cinque minute" mit Maike Rosa Vogel wird gar von Romantik getragen. Und ganz am Ende tut Wilking noch mal einen raus. "Buonanotte amici" ist nichts anderes als ein Cover von Reinhard Meys "Gute Nacht, Freunde". Ein warmer Abschluss eines warmen Albums für warme Sommertage. Hier geht es nicht um den Schenkelklopfer, sondern ein durchgängiges leichtes Lächeln, weil sich alles so gut anfühlt.

(Arne Lehrke)

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