Mavi Phoenix - Biggest asshole in the room

Llt / Broken Silence
VÖ: 19.05.2023
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Bodenkontakt hergestellt

Huch! Das ging schneller als erwartet im Hause Mavi Phoenix. Nur gut ein Jahr, nachdem der Österreicher mit "Marlon" das Manifest und gleichzeitig die Loslösung von den auch persönlich eher düsteren Pandemiejahren zelebrierte, steht bereits der Nachfolger "Biggest asshole in the room" auf der Matte. Verwundernd ist das vor allem auch, da "Marlon" keineswegs ein kleiner musikalischer Happen war – sondern vielmehr ein bewusst unfokussiert in alle Richtungen schillerndes Projekt, das an jeder Stelle die neu gewonnene Inspiration und den unabdingbaren Drive von Marlon Nader repräsentierte. Und dabei gleichzeitig – mit teils wechselndem Erfolg – das bisherige, eher beatlastige Soundgewand des Österreichers durch gitarrenbasierte, organische Elemente ersetzte. Auf den großen Enthusiasmus folgt nun mit "Biggest asshole in the room" zumindest gefühlt die Landung auf dem harten Boden der Tatsachen. Düsterer, selbstreflektierter, selbstkritischer gibt sich das dritte Studioalbum des Linzer Künstlers. Einerseits vielleicht die große Leere nach der Euphorie, andererseits vielleicht auch die Reaktion auf die kommerziell fehlende Durchschlagskfraft von "Marlon" und damit verbundene abgesagte Touren?

So scheint es zumindest auf dem eröffnenden Titeltrack. Statt ausufernder Arrangements prägen dumpfe, knarzende Beats und schräge Keyboard-Salven das äußerst minimalistische Instrumental – das sich auch im weiteren Verlauf zu keinem Zeitpunkt öffnet oder gar Anstalten macht, auszubrechen. Auch lyrisch geht es düster zu: "Please give it up for the biggest asshole in the room / He always fucks it up and yet he acts as if he's cool / His own girlfriend can't stand him / I think she's on the run" leitet als bittere Selbsterkenntnis das Album ein. Vielleicht ja auch ein bewusster Wink mit dem Zaunpfahl im Hinblick auf den Vorgänger. War die Fassade auf "Marlon" etwa doch brüchiger, als man an der Oberfläche vernehmen konnte? Rein musikalisch gesehen steht dem Track sein reduziertes Gewand aber durchaus gut und erinnert ein einen verkaterten, verschlafenen Sonntagmorgen nach der großen Euphorie. Der Comedown, sozusagen. Rückgriffe auf den mit "Marlon" geprägten Sound finden sich lediglich im verhältnismäßig hymnischen "Bird's eye" sowie im äußerst hübschen Romantiker "Snooze", der mit Gitarrenspielereien im Hintergrund überrascht und sich mit liebevollen Zeilen wie "Maybe I hit pause or snooze / But I never stopped loving you" Sympathie-Bonuspunkte erspielt.

"Biggest asshole in the room" liegt eine offensichtliche Dringlichkeit zugrunde – Aufräumen mit den eigenen Dämonen, Rückbesinnen auf die Basics, und das offensichtlich möglichst schnell. Leider krankt das Album genau an diesen Punkten leider deutlich. Schon "Marlon" war kein homogenes Ganzes, zeigte sich jedoch durchweg liebevoll arrangiert und kuratiert. Auf "Biggest asshole in the room" wirkt vieles dagegen äußerst hastig zusammengeschustert. "Superhero" etwa stolpert sich durch einen perkussiven, aber zu keinem Zeitpunkt wirklich treibenden oder originellen Beat und legt auch textlich mit überraschend banalen Reimen und Zeilen wie "I'm a superhero / The next day I wake up and I feel low" eine sanfte Bruchlandung hin. Ähnliches gilt für den synthgeladenen, ziellosen Closer "Early at the club" und das duselige "2 in the morn", das als romantische Liebesbekundung nett gemeint ist, sich aber selbst bei einer nicht gerade ausufernden Länge von knapp 2 Minuten bereits in "Lalala"-Passagen retten muss, um ans Ziel zu kommen. Auf textlicher Ebene gestaltet sich zudem "Cute" als äußerst schräger Eintrag in der Tracklist, wenn Nader hier plötzlich breitbeinige Posen wie "Come and underestimate me / That shit is my fuel" rausfeuert. "Biggest asshole in the room" ist ein Album, dessen Einordnung schwer fällt. Die zerrissenen emotionalen Hintergründe, die schonungslose Selbstkritik und die Dringlichkeit dieser Offenbarung sind spürbar und verständlich. Trotz allem hätte dieser Einblick in das Seelenleben allerdings an vielen Stellen noch Feinschliff vertragen können, um nicht ins Banale abzudriften.

(Hendrik Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Biggest asshole in the room
  • Bird's eye
  • Snooze

Tracklist

  1. Biggest asshole in the room
  2. Bird's eye
  3. Tennis pro
  4. Cute
  5. Tonight I feel inspired
  6. Superhero
  7. Snooze
  8. McDuck
  9. 2 in the morn
  10. Early at the club
Gesamtspielzeit: 28:08 min

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Armin

2023-05-17 21:18:14- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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