Alison Goldfrapp - The love invention
Skint / WarnerVÖ: 12.05.2023
Discotizer
Dass Alison Goldfrapp die Musik der 80er-Jahre mag, ist kein Geheimnis. Es ist daher auch keine Überraschung, dass ihr Solo-Debüt "The love invention" nach Haarspray und Eyeliner klingt. Dieses Album muss unter Neonlicht gehört werden. Wer die experimentelle Seite ihres Hauptprojekts schätzt, sollte jetzt aufhören zu lesen. Denn obwohl es auf "The love invention" viele tolle Ideen zu bestaunen gibt, ist keine von ihnen sonderlich innovativ. Stattdessen macht es sich Goldfrapp in ihrer Komfortzone bequem. Langweilig wird es trotzdem nie, dafür ist sie als Songwriterin zu versiert und als Sängerin schlicht zu gut. Ihre Stimme hat nichts von ihrem einzigartigen Charme verloren, noch immer vereint sie mühelos Pop-Appeal mit operettenhafter Eleganz. Understatement sollen die anderen machen, für Goldfrapp sind die größten Gesten gerade groß genug.
Glücklicherweise ist das Album keine reine Retro-Angelegenheit, vielmehr führt die Britin die bereits zitierten Einflüsse aus dem Jahrzehnt von Knight Rider und Schulterpolstern mit modernen House- und Synthwave-Elementen zusammen. Bei den meisten Songs saßen Richard X und James Greenwood an den Reglern, ihnen ist zu verdanken, dass über der Musik eine Art Zuckerglasur liegt, die bisweilen zwar klebt, aber auch verdammt schön glänzt. Die Bässe sind voluminös, die Drums patschen vorzüglich. Und Goldfrapps Gesang schwebt über allem, so wie eh und je. Inhaltlich hat sie jedoch eher wenig zu erzählen, die Texte sind eher Mittel zum Zweck – im Vordergrund stehen ganz klar die Melodien. Da diese aber unverschämt eingängig sind, fällt die mangelnde inhaltliche Tiefe kaum ins Gewicht.
In gewisser Weise zeigt "The love invention", wie einflussreich Giorgio Moroder letzten Endes war. Ohne das Genie aus Südtirol würde elektronische Tanzmusik wahrscheinlich völlig anders klingen. Und Songs wie "In electric blue" oder "NeverStop" gäbe es schlicht nicht. Es fällt schwer, einzelne Tracks herauszuheben, da das Niveau durchgehend hoch ist. Alles groovt, alles schimmert. Beinahe jeder Song wartet mit einer Fülle kleiner Sound-Ideen auf, die das Hören zum Genuss machen. So durchzieht "So hard so hot" eine feine Acid-Basslinie, die im Laufe des Songs geschmackvoll moduliert wird. Das hier ist Pop in seiner kompromisslosesten Form, alles ist auf maximale Eingängigkeit getrimmt, ohne anbiedernd oder gar billig zu klingen.
"Stilsicher" ist vielleicht das passendste Adjektiv, um die Musik zu beschreiben. Das Klangkonzept wirkt äußerst ausdefiniert, was in Highlights wie dem eleganten "Digging deeper now" oder dem herrlich verschmitzten "Gatto gelato" für Glücksmomente sorgt. Das Tanzbein soll geschwungen werden, Müdigkeit ist keine Option. Gelegentlich gibt es sie aber doch, jene typisch verträumten Goldfrapp-Momente. Vor allem das in lange Hallschleier gehüllte "Subterfuge" lädt zur Tagträumerei ein. "SloFlo" weckt mit seinen wattigen Akkorden hingegen Erinnerungen an "Head first"-Zeiten. Überhaupt ist "Head first" wahrscheinlich der beste Anknüpfungspunkt für "The love invention". Schon damals wilderte sich Goldfrapp mit ihrem Partner Will Gregory einmal quer durch die 80er-Jahre. Was dort noch ein wenig bemüht wirkte, funktioniert im Jahr 2023 deutlich besser. Woran das liegt? Das muss diese Altersweisheit sein, von der immer alle reden.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Digging deeper now
- Gatto gelato
- So hard so hot
Tracklist
- NeverStop
- Love invention
- Digging deeper now
- In electric blue
- The beat divine
- Fever
- Hotel
- Subterfuge
- Gatto gelato
- So hard so hot
- SloFlo
Im Forum kommentieren
MickHead
2024-07-24 19:49:51
Erste neue Single in 2024
I Wanna Be Loved (Just A Little Better)
https://youtu.be/vTNCVyleoM0?si=3DAPdqUxKSg37Hxc
Konsul
2023-06-08 12:57:18
Was für ein geiles Album. Wertige Sounds, tolle Stimme und durchgehend groovy. Mein Album des Jahres bisher. 9.5/10
MopedTobias (Marvin)
2023-05-24 16:20:03
Ich bin großer Goldfrapp-Fan, nicht nur wegen "Felt mountain", eines meiner Top-30-Alben überhaupt, sondern wegen ihrer auch auf anderen Platten ausgelebten Vielseitigkeit. Wenn man die Band nur oberflächlich oder von Referenzen her kennt, wird man von Alben wie "Seventh tree" oder "Tales of us" mindestens mittelschwer überrascht sein. Auch die elektronischen Alben klangen eigentlich immer unterschiedlich und haben verschiedene Einflüsse verarbeitet.
Insofern könnte ich von "The love invention" mit seinem recht straighten Disco-Sound auch ein bisschen enttäuscht sein... aber dafür groovt es viel zu gut und "Head first" mochte ich sowieso immer. 7/10 auf jeden Fall, mehr wird schwer zu vertreten, wenn ich Jessie Ware auch so bewertet habe :)
musie
2023-05-24 10:32:41
Schwierig einzuschätzen. Eigentlich mag ich ihren Sound, das Album hat durchwegs was, aber irgendwie packts mich nicht so. Vielleicht ein Album aufs dritte Hören... Entweder werde ich das richtig gut finden oder es ist mir egal. Mal schauen.
peter73
2023-05-24 09:42:44
ich mag ihre stimme. war schon immer so.
bin noch unentschlossen wie ich ihr soloding einschätzen soll nach einmaligem hören...
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- Alison Goldfrapp - The Love Invention (11 Beiträge / Letzter am 24.07.2024 - 19:49 Uhr)