The Smashing Pumpkins - Atum – Act III
Martha's Music / Thirty Tigers / MembranVÖ: 05.05.2023
Mit langem Atum
Was soll man überhaupt noch anlässlich "Atum – Act III" schreiben? Wer die vorigen beiden Teile der selbsternannten "rock opera" kennt, weiß, was zu erwarten ist. Mehr oder weniger vielversprechende Ansätze ersaufen meist in (w)irren Fehlentscheidungen und einer katastrophalen Produktion, die an Billy Corgans Hörfähigkeiten und Auswahl an Synthesizern gleichermaßen zweifeln lässt. James Iha und Jimmy Chamberlin hatten im Studio in etwa so viel zu tun wie der Bass-Spieler bei den White Stripes. Und natürlich hat "Atum" mit seinen insgesamt 33 Songs in über zwei Stunden lächerliche Überlänge. Was ist also noch zu diskutieren, das nicht längst in Foren, Blogs und Rezensionen totgeritten wurde? Was bisher tatsächlich etwas kurz gekommen ist, sind die Texte, die Corgan zu diesem monumentalen Epos verfasst hat. Die erzählen nämlich vom Protagonisten Shiny – ehemals Zero und Glass ... und nun doch wieder teilweise Zero (?) – und spielen in einer Halbrealität.
Sie erzählen auch vom Sänger einer ehemals im Alternative Rock beheimateten Band, der langsam, aber sicher den Verstand zu verlieren scheint. "I know such tears are admirable / Brought out of year and sensible / But all you'll sight is not your kind / He's setting up for nighty-night." Irgendwo zwischen geschwollener Prosa, "thee", "thy" und Babysprache kommt Corgan der Faden abhanden. Annehmbare Alliterationen gefällig? "My dinks and dings and dangs say bold / My gags and gaffes and grinds gird slow." Doch es gibt auch den beherzten, wenngleich belesenen Billy. Einfache Statements wie "I'm in love with you" und "Beautiful, you're beautiful" sind natürlich viel zu trivial. Ärmel hoch: "It's Berlin, baby / Weimar blues / Blues and grays won't make the change / Can you feel this love I've made?" Bisschen unsicher, ob es Schmetterlinge sind, aber irgendetwas rumort gerade im Bauch.
Klar, man kann natürlich zur Aufklärung den Podcast "Thirty three" hören, in welchem Corgan alle Songs lang und breit auseinandernimmt und mit der Story verknüpft. Wenn Songs allerdings nur so entschlüsselt werden können, ist das entschieden zu viel investierte Zeit für Musik, die leider keine Freude macht. Da helfen auch nicht die nach "Act II" abermals vermehrt eingesetzten Gitarren, wenn dabei hooklose Soße wie "That which animates the spirit" herauskommt, in dem Corgan selbst den Spaßfaktor klar benennt: "Zero! Zero! Zero!" Der finale Akt ist zugleich der längste, was zuvorderst an den ausufernden Tracks "Sojourner" und "Intergalactic" liegt. Insbesondere letzterer ist eine schmerzvolle Suche nach dem nächsten zusammenhanglosen Songfragment, ein Flickenteppich der Sinnlosigkeit. Synth-Trip, Rock, Stopp, Start, Error. Wenn Chamberlin ganz am Ende tatsächlich mal ein Drumsolo hinlegen darf, sind das 30 Sekunden Ausbeute aus geschlagenen neun Minuten.
"Act III" ist wie schon sein Vorgänger besser als der schlimme Auftakt von "Atum", aber eben auch nicht gut. Den besten Lauf hat er in der Mitte. Wenn der sogar okaye Synth-Song "Pacer" Platz macht für die rockigeren "In lieu of failure" und "Harmageddon", die immerhin verstanden haben, dass ein Song interne Spannung durch Dynamik und Melodie braucht, ist das eine wahre Wohltat. Die Ballade "Cenotaph" dazwischen ist nett und auch schnell genug vorbei, bevor sie stört. Im Anschluss holt "Fireflies" allerdings zurück auf den Boden der Tatsachen – mal wieder wird ein potenziell annehmbarer Song mit dem nächstbesten Synth-Preset gespielt und so ekelhaft pappig produziert, dass man sich danach nur noch die Ohren spülen möchte. Überraschenderweise geht das mit der zwar auf "Atum" völlig deplatzierten euphorischen Grinsebacke "Spellbinding", die jedoch auf alles Prätentiöse verzichtet und den flotten Song einen flotten Song sein lässt. Es wäre wenigstens ein schöner Abschluss.
Fast! Denn einen hat er noch, der Corgan. Einen unfassbar schmierig-pathetischen Closer namens "Of wings" nämlich, der im Gesamtprojekt allerhöchstens noch das unsägliche "Hooray!" hinter sich lässt. Wie der Synth über dem Klavier auf furchtbarste Weise die einfallslose Gesangslinie nachzeichnet, bereitet körperliche Schmerzen. Schlimmer noch ist, dass der Song schier nicht enden will. Immer wenn es vorbei zu sein scheint, kommt neuer Eso-Quatsch aus Klavier, Keyboard und Chor aus den Boxen gesuppt. Dies hier ist übrigens der gesamte Text des Stücks: "Oh, agnus dei! / Deus! / Oh, oh, oh / La la, la la, la la la / Every time these skies turn gray / Oh, Clementine / Lord, help us shine." Womit wir wieder bei der Sache mit dem Verstand wären. "And though I cannot feel / I note my sums / Two ohms from null." Hier ist es leider schon fünf nach zwölf.
Highlights & Tracklist
Highlights
- In lieu of failure
- Harmageddon
- Spellbinding
Tracklist
- Sojourner
- That which animates the spirit
- The canary trainer
- Pacer
- In lieu of failure
- Cenotaph
- Harmageddon
- Fireflies
- Intergalactic
- Spellbinding
- Of wings
Referenzen
Spotify
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