Giardini Di Mirò - Punk ... not diet!

2nd / Hausmusik / Indigo
VÖ: 02.06.2003
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Fragile Grandezza

Kampf dem Schubladendenken! Verbrennt alle Stempel, besonders die, auf denen "Postrock" steht! Oder "Pop"! Denn Stempel und Schubladen sind extrem gefährlich für eigentlich neugierige Musikabhängige. Als mir das erste Mal der Name Giardini Di Mirò begegnete, erlag ich fast diesem altbekannten Reiz-Reaktions-Schema und assoziierte Italopop. Ein Bekannter verwies mich jedoch in die Gitarrenecke, und ich dachte: Wenn die mal keinen verkopften Postrock machen. Bestimmt langhaarige Kunst- und Philosophiestudenten aus Bologna.

Mit der CD war die Verwirrung dann komplett: "Punk ... not diet!" lautet der Titel. Was denn nun? Doch nur Hau-drauf-Mucke südländischer Provenienz? Weit gefehlt. Da die ernstzunehmende italienische Musikszene absolut überschaubar ist, fällt es offensichtlich nicht sonderlich schwer, als Band eine Entwicklung durchzumachen und der Selbstinszenierung weiten Raum zu lassen. Im Land der Arien und Baudenkmäler kann im Indie-Bereich sowieso niemand von Plattenverkäufen und Konzerten leben - wozu dann auf Verkaufszahlen schielen?

Giardini Di Mirò ist eine Gitarrenband, die seit 1996 existiert. Anfangs beherrschte natürlich niemand sein Instrument, daher kümmerte man sich immer schon mehr um Komposition und Struktur denn um Virtuosität. Auf dem vorliegenden Album erbringen sie nun den Beweis, daß komplexes musikalisches Schaffen nicht zwangsläufig zum Mißbrauch von Antidepressiva führen muß - trotz der Verwendung von allerlei Tasten-, Blas- und Streichinstrumenten. Geschickterweise haben sie Labelkollegen wie Nitrada, Styrofoam und Herrmann & Kleine, die Geschenke bringen in Form von absolut organischen Samples - so daß "Punk ... not diet!" klingt wie sein eigener Remix. Beim Vorgänger-Album "Rise and fall of acedemic drifting" war noch eine extra durch den digitalen Wolf gedrehte Version vonnöten.

Das Stück "Connect the machine to the lips tower" spiegelt am deutlichsten die Komplexität der musikalischen Herangehensweise der Sechs wieder. Obwohl eines der wenigen rein instrumentalen Stücke auf dem Album, ist es ob der kompositorischen Vielschichtigkeit absolut eingängig. Kein kopfschweres Zeug, bisweilen läßt sich sogar seligstes Improvosieren vermuten. Und noch eines: Nicht nur aufgrund des Einsatzes des Instruments Stimme ist der Wille zum Song eindeutig wahrnehmbar. Die Titel sind alltagspoetisch verbrämt - "The comforting of a transparent life" - doch welcher intelligente Mensch meint schon, was er sagt?

Schließlich gehorchen Giardini Di Mirò auch noch einem Songtitel der immerzu als Referenz angebotenen Mogwai: Take me somewhere nice! Denn: "When you were a postcard" ist endlich die Reminiszenz an Sommer, Sonne, Sonnenschein. Morbide Streicher, fragile Styrofoamsche Samples, und ein Text, der den segelantreibenden Wind vergeblich beschwört. Doch Obacht: Hier verbinden sich die beiden Haupt-Antriebskräfte der Italiener: Ironie und Melancholie.

(Joerg Utecht)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Connect the machine to the lips tower
  • Once again a fond farewell

Tracklist

  1. Too much static for a beguin
  2. The swimming season
  3. Given ground
  4. Connect the machine to the lips tower
  5. Once again a fond farewell
  6. The comforting of a transparent life
  7. When you were a postcard
  8. Last act in Baires
  9. Dolphins are here to watch your blue blood flow
Gesamtspielzeit: 44:58 min

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