Everything But The Girl - Fuse
Virgin / UniversalVÖ: 21.04.2023
Regen in der Wüste
Bereits Anfang der Achtziger gründeten Tracey Thorn und Ben Watt im britischen Hull das Duo Everything But The Girl. Mit ihrem oft melancholischen und von Jazz und Soul beeinflussten Indie-Pop blieb die Band lange ein Geheimtipp, wobei die großartigen Melodien und bittersüßen Texte des orchesterseligen Albums "Baby, the stars shine bright" besondere Erwähnung verdienen. Nachdem Watt eine lebensbedrohliche Krankheit überstanden hatte, folgte 1994 die Folk-Introspektive "Amplified heart". Obwohl die Platte zunächst auf geringes Echo gestoßen war, machte der Remix des New Yorker Housemeisters Todd Terry den Song "Missing" zum weltweiten Megahit und bis heute zum absoluten Klassiker. Der deutlich elektronischere, überaus erfolgreiche Nachfolger "Walking wounded" flirtete mit TripHop und Drum'n'Bass und der unterkühlte House von "Temperamental" bildete schließlich den vorübergehenden Schwanengesang für Everything But The Girl.
Eine popkulturelle Ewigkeit später erscheint nach langen 24 Jahren mit "Fuse" tatsächlich ein neues Album der Band. Mit oszillierendem Bass und Garage-Beat ist der Opener "Nothing left to lose", zugleich als erster Vorab-Track veröffentlicht, ein direkter Anschluss an die Großtaten von "Walking wounded". Der Song klingt dabei jedoch keineswegs nostalgisch, sondern ist vielmehr zeitlos frisch und betont die Dringlichkeit der Emotion in sorgenvollen Zeiten. "Kiss me while the world decays", singt Thorn da mit ihrer reifer klingenden, aber dennoch unverwechselbaren Stimme über verunsichernd wabernde Synthesizer-Lines. Die zweite Single "Caution to the wind" ist ein hypnotischer, nahezu klassischer House-Track mit dem lyrischen Twist, dass die sehnsüchtige Euphorie des Songs im heimischen, partnerschaftlichen Ideal mündet: "Home to be with you / Home to be near you." Mit der Auswahl dieser Auskopplungen führen Everything But The Girl etwas auf eine falsche Fährte, was den Sound von "Fuse" angeht: Die verbleibenden Stücke sind allesamt deutlich weniger beatlastig und insgesamt zurückhaltender, dabei jedoch äußerst abwechslungsreich arrangiert.
"No one knows we're dancing" und "Forever" entführen gechillt kopfnickend in die After Hour, und der melancholische TripHop-Soul von "Time & time again" weiß genauso zu überzeugen wie das sich auf berührende Art und Weise mit Trauer auseinandersetzende Ambient-Klagelied "Lost". Sanfte Pianofiguren, warme Synthesizer-Flächen sowie der dosierte Einsatz von Autotune bilden die wichtigsten Komponenten zu drei dennoch ganz unterschiedlich akzentuierten Songs. "Run a red light" zelebriert endorphintrunkene Selbstüberschätzung, das zerbrechlich wirkende "Interior space" hingegen thematisiert mentale Gesundheit. Ein wahrer Showstopper ist "When you mess up", das etwa an die verletzlichen Momente von Björk erinnert. "Don't be so hard on yourself / You're never inappropriate" lautet nur einer der scheinbar alterweisen Tipps, die Thorne für den Umgang mit dem Scheitern gibt, wobei sie selbst jedoch augenzwinkernd gesteht: "I hate people who give me advice." Und tatsächlichen bedürfen Everything But The Girl angesichts der so mühelos wirkenden, durchgehenden Qualität dieser Songs keinerlei Ratschläge von außen. Wir wussten es vielleicht nicht immer, aber Everything But The Girl hatten gefehlt. Willkommen zurück.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Nothing left to lose
- When you mess up
- Lost
Tracklist
- Nothing left to lose
- Run a red light
- Caution to the wind
- When you mess up
- Time and time again
- No one knows we're dancing
- Lost
- Forever
- Interior space
- Karaoke
Im Forum kommentieren
Enrico Palazzo
2023-12-18 20:08:24
Ich gebe eine 7/10 und dem Opener eine 10/10!
:)
Für mich macht seltsamerweise dieser Moment, wo sie mehrmals "Fiat Cinquecento" sagt kurzzeitig alles kaputt. Finde ich richtig furchtbar, diese Stelle und dadurch auch den Song.
Grizzly Adams
2023-12-18 16:53:55
Stimme hier mit den letzten Posts überein. Hervorragendes Comeback-Album. Mit einigen fantastischen Songs. 8/10 sind es definitiv. Findet einen guten Platz auf meiner Bestenliste in diesem Jahr.
Michael
2023-10-07 21:37:03
Bei mir eine 9/10 - ganz, ganz starkes Comeback, welches (hier) wirklich viel mehr Beachtung bekommen müsste. Vor allem die erste Hälfte ist fantastisch!
Old Nobody
2023-10-03 10:38:37
Nur 27 Kommentare hier sind eindeutig zu wenig für ein derart starkes Album. Wird es wohl in meine Top 10 dieses in der Breite überaus starken Jahres schaffen. Run a red light und Lost sind absolute Über-Songs und gehören eigentlich beide in meine Jahres Top 5
Nothing left to loose 8/10
Run a red light 10/10
Caution to the wind 9/10
When you mess up 9/10
Time and time again 7/10
No one knows we're dancing 8,5/10
Lost 10/10
Forever 7/10
Interior Space 9/10
Karaoke 8/10
8,5/10 fürs Album.Sehr homogen
musie
2023-04-24 07:33:22
nach einem Weekend mit viel EBTG:
Nothing left to loose 10/10
Run a red light 9/10
Caution to the wind 9/10
When you mess up 7/10
Time and Time again 9/10
No one knows we're dancing 10/10
Lost 8/10
Forever 7/10
Interior Space 7/10
Karaoke 7/10
Finde die erste Hälfte grossartig. Die zweite Hälfte ist mir etwas zu düster.
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