Temples - Exotico

ATO / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 14.04.2023
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Insellösung

Der bunte Psychedelik-Ritt, mit dem das Temples-Debüt "Sun structures" durch die Musiklandschaft des Jahres 2014 galoppierte, hat die Latte für seine Nachfolger einfach mal ziemlich weit nach oben gelegt. Der "Volcano" löste das einigermaßen geschickt, indem es mit fluffigem Elektropop seitlich darunter durchsprang. Trotzdem wurden Temples da längst im Regal hinter den erstaunlich erfolgreichen Tame Impala einsortiert, und auch "Hot motion" verstaubte dort ein wenig. Also schließt man nun nach Sonnenstrukturen, Vulkanen und Hitzebewegungen mit den temperaturgetriebenen Schwitzigkeiten ab, greift sich lieber einen Cocktail und zieht sich auf die Insel "Exotico" zurück.

So jedenfalls das Konzept. Und auf eine verträumte Insel, fern von den ganzen Problemen zwischen Krieg, Endzeit und Alltag, wünschen wir uns doch alle ab und zu. Ob es auf diesem exotischen Eiland so aussieht, wie es das wirklich gelungene Coverartwork, irgendwo zwischen Jack Vettriano und Monty Python, ausdrückt? Erst einmal lässt man sich auf seiner Liege im Schatten (UV-Strahlung!) hernieder, seufzt ausgiebig die Seele frei, wirft das Schirmchen vom Getränk und zutscht einen kräftigen Schluck durch den gläsernen Strohhalm. Hoppla, warum wird die Luft denn plötzlich so zähflüssig?

Ja, "Liquid air", so heißt der erste Song des vertonten Eskapismusatolls. Und passender kann man den Temples-Sound wohl kaum beschreiben. Das mäandert irgendwie alles so dahin, von Album zu Album, von Song zu Song. Die Gefahr besteht, dass einem das alles einem auf Dauer so ein bisschen egal wird. Was einige der Beiträge gerade in der ersten Albumhälfte auch nicht so richtig entkräften können. Dann wirft man noch einen trägen Blick auf die Tracklist, was, 16 Stücke sind da drauf? Fast eine Stunde Spieldauer? Puh. Erssmanochnschluckhicks!

Nun gut, ein paar Songs weniger hätten es durchaus sein dürfen. Aber jetzt kommt's: Das Album groovt sich mit zunehmender Spieldauer ein – oder ist das der Alkoholpegel? Nein, hat man die Insel "Exotico" erst einmal erkundet, beruhigt festgestellt, dass es weder komische Rauchwolken, noch gefräßige Eisbären oder die Dharma-Initiative hierher verschlagen hat, gibt man sich dem angenehmen Flow des Titelsongs – nur echt mit dem hübschen Appendix "Sultry air" – hin und besichtigt entspannt lokale Sehenswürdigkeiten wie die "Cicada" und die "Oval stones". Und dann lässt man die von Sean Ono Lennon und Dave Fridmann kompetent produzierte bzw. gemischte Platte tiefer in sich einsinken und genießt plötzlich fast jeden Song. Das fast euphorisch in die Sonne entschwebende "Inner space", das lockere "Time is a light", das chansoneske "Fading actor" und ganz besonders den fantastischen Ohrwurm "Afterlife". Am Ende möchte man gar länger auf dieser Insel bleiben.

(Thomas Bästlein)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Inner space
  • Time is a light
  • Afterlife

Tracklist

  1. Liquid air
  2. Gamma ray
  3. Exotico
  4. Sultry air
  5. Cicada
  6. Oval stones
  7. Slow days
  8. Crystal hall
  9. Head in the clouds
  10. Giallo
  11. Inner space
  12. Meet your maker
  13. Time is a light
  14. Fading actor
  15. Afterlife
  16. Movements of time
Gesamtspielzeit: 58:49 min

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MickHead

2024-07-04 11:21:07

Gitarrist und Keyboarder Adam Smith mit einem neuen Project unter dem Namen "Foxette Moxy". Die EP "Big Computer" ist am 02.07. erschienen.

Big Computer EP bei Bandcamp

https://foxettemoxy.bandcamp.com/album/big-computer

Lordran

2024-04-09 09:37:54

Klasse Album. Läuft seit Tagen.
"Crystal Hall" und "Fading Actors" sind meine Highlights.
Aber eh eine ganz tolle Band.

8hor0

2024-04-08 10:25:27

Cicada neu entdeckt.. grandios!

The MACHINA of God

2024-04-06 17:49:53

Heute mal wieder rausgeholt. Echt interessantes Album. Dürfte meine liebste von ihnen seit nach dem überragenden Debut.

MrMan

2023-04-15 19:50:23

Mir gefällt die neue Platte sehr. Genau richtig für diese Jahreszeit.

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