Moderat - Even more d4ta

Monkeytown / Rough Trade
VÖ: 17.03.2023
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Minimalismus ade

Mit "Even more d4ta" haben sich die Berliner Modeselektor und Apparat, gemeinsam Moderat, kein kleines Vorhaben in den Kopf gesetzt. Erschien im Mai 2022 das vierte Album "More d4ta", folgt rund ein Jahr später die offizielle Remix-Ausgabe – und die platzt vor großen Namen und vielfältigen Rhythmen, Impressionen und Herangehensweisen schier aus allen Nähten. Für ihr erstes eigenes Remixalbum geben Moderat das Steuer vollkommen aus der Hand und boten stattdessen ausgewählten Künstler*innen den Raum, die originalen Tracks gänzlich zu dekonstruieren.

Deutlich wird das Ergebnis schon im Opener: Mit seinem G36 Remix von "Fast land" entwirft der britische Dub-Pionier Kevin Richard Martin alias The Bug sofort die Szenerie eines düsteren Ravebunkers. Harte, industrielle HipHop-Beats, unterlegt von minimalistischen Ambient-Strukturen, zentrieren sich hier um den schlichten, repetitiven Melodielauf des Originals. Noch expressiver und technoider ist das Vorgehen von Marie Davidson aus Montreal, deren eigener, schneller und tranceartiger "Fast land"-Remix ohne Probleme in der Peak-Time eines zeitgemäßen DJ-Sets auftauchen könnte. Eine ähnlich energetische Atmosphäre schafft der südafrikanische Pionier DJ Lag, der in seine Rekonstruktion von "Drum glow" massive Bässe und tanzbare Drum-Sounds einbaut. Entnommen sind diese Elemente dem Genre Gqom, einer elektronischen Tanzmusik der 2010er-Jahre, die in Durban entstand. Mindestens genauso tanzbare Breakbeats finden sich auch in "Neon rats", für dessen Remix die Britin Sherelle ihren populären Mix aus Jungle, Hardcore und Footwork einbringt. Dazwischen präsentieren die Versionen von "Easy prey" (Yeule & Kin Leonn) und "Copy copy" (Logic 1000 & Big Ever) kleine Verschnaufpausen, die einem poppigen Rahmen auf verträumte Weise in die spätere Stunde überzuleiten scheinen.

Auch wenn ein Remix-Album eindeutig der falsche Ort ist, um nach kohärenten Strukturen zu suchen, wirkt die Zusammenstellung der Mixes auf "Even more d4ta" zuweilen überfordernd. Die Idee orientiert sich ohne Frage am Clubbesuch und der Intensität des Dancefloors, doch durch den stetigen Wechsel von Peak-Time- und Afterhour-Songs entsteht keine mitreißende Anordnung und die fesselnde Rave-Illusion, die in den individuellen Mixes eindeutig vorhanden ist, geht verloren. Für einzelne Highlights funktioniert Moderats Mehr-ist-mehr-Ansatz also fantastisch, in der Fülle kreiert die Platte aber leider ein schwerfälliges Hörerelebnis. Bemerkenswert bleibt jedoch der Grundgedanke der Berliner, unterschiedlichsten Musiker*innen den uneingeschränkten Raum zur Demonstation der eigenen Talente zur Verfügung zu stellen. "Even more d4ta" klingt deshalb gleichzeitig nach altbewährt und brandneu, nach Durban bis Montreal, nach pulsierender Energie und glückseliger Entspannung.

(Nicola Koch)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Easy prey (Yeule & Kin Leonn remix)
  • Fast land (Marie Davidson remix)
  • Neon rats (Sherelle's Sleepless in Philadelphia remix)

Tracklist

  1. Fast land (The Bug's G36 remix)
  2. Doom hype (Batu remix)
  3. Copy copy (Logic1000 & Big Ever remix)
  4. Easy prey (Yeule & Kin Leonn remix)
  5. Fast land (Marie Davidson remix)
  6. Drum glow (DJ Lag remix)
  7. More love (Sylvere remix)
  8. Undo redo (Zuli remix)
  9. Neon rats (Sherelle's Sleepless in Philadelphia remix)
  10. Fast land (The Bug's Kevin Richard Martin remix)
Gesamtspielzeit: 45:56 min

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Armin

2023-04-12 20:36:20- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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