JPEGMafia & Danny Brown - Scaring the hoes

Peggy / AWAL
VÖ: 24.03.2023
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Everything everywhere all at once

"First off, fuck Elon Musk." Klar, so kann man eine Platte beginnen, ist ja auch ein richtiges und wichtiges Statement. Auf "Scaring the hoes", der kollaborativen Platte zwischen Barrington Hendricks alias JPEGMafia oder Peggy und Danny Brown, dürfte dieser Moment noch der am leichtesten nachvollziehbare sein. Nicht, dass das überraschen würde, schließlich sind beide dafür bekannt, die Grenzen des Rap zu dehnen und zu sprengen, um ihn in weirde Abgründe aus Noise, ADHS und schwarzem Humor zu ziehen. Die Beats sind auf dem vortrefflich betitelten "Scaring the hoes" hauptsächlich Peggys Baby, während Brown bekanntermaßen ja auch über einen 11/4-Takt, Scooter, Malle-Schlager oder "Macarena" rappen könnte und trotzdem noch gleichermaßen irre wie cool dabei klingen würde. Und wer weiß, vielleicht hat Peggy ja all dies noch irgendwo in diesem wahnsinnigen Trip mit verquirlt.

Allen voran ist dies eher ein JPEGMafia-Album mit Danny Brown als andersrum. Der Mauszeiger auf dem Albumcover ist ebenso am Start wie die abermals ohrbetäubend laut abgemischte, noisige Produktion. Zu bekannt sind auch die Pitch-Spielereien mit Poptracks. Nachdem auf "LP!" Britney Spears' "...Baby one more time" dran glauben musste, wartet im Opener "Lean beef patty" Diddys "I need a girl part two" im Chipmunk-Modus. Vier Tracks später zerhackt Peggy "Milkshake" von Kelis über einem ultrakaputten Beat, der sich so verschluckt, dass er Browns Rap gleich mehrfach mit abwürgt. Desweiteren ist "Scaring the hoes" ein weiteres Mal lustvolle Überreizung ohne gleichzeitige Überforderung. Eigentlich müssten diese ständigen 180-Grad-Haken, Einwürfe und Tempowechsel tierisch anstrengen, aber die 14 Stücke euphorisieren vielmehr die Nervenbahnen in einer bemerkenswerten Leichtigkeit.

Auch nach dem x-ten Hören erschreckt die plötzliche Handymeldung mitten im souligen "Orange juice jones", während die dickbackigen Bläser von "Burfict!" nie das Lächeln im Gesicht verfehlen. Das ist natürlich oberflächliche Unterhaltung: kein tiefgehendes Drama, sondern der schlagfertige Actionfilm mit Explosionen, Buttjumps und dummen Sprüchen. "When tables turn, I'm making records break / Bumpin' to the DJ, I make his needle skip the plate", verkündet Brown, bevor er in wenigen Sekunden von Al-Qaida über McDonald's zu "King of the hill" springt. Da lässt sich Peggy für den Refrain von "Shut yo bitch ass up" nicht lumpen: "You smack your bitch up like Prodigy when you do it darlin' / I smack my bitch ass to Prodigy when we do it doggy." Zu diesem Zeitpunkt hat man nach den Shouts von "Garbage pale kids" oder dem Fiepen im LSD-Trip "Steppa pig" wohl die Albumhälfte des Jahres hinter sich.

So ganz kann vor allem das letzte Viertel nicht mithalten. Wenn die tolle Gospel-Verblendung des ultragrellen "God loves you" durch ist, bleibt den restlichen Tracks nicht viel mehr, als die Scherben des Spektakels zusammenzukehren und durchzuatmen. Was nicht heißen soll, dass beispielweise die Lounge-Verwüstung "Jack Harlow combo meal" weniger als sehr gut wäre. Das Gehirn wird aber ausnahmsweise mal nicht zu Kartoffelbrei verarbeitet. "I'm a failed chemistry experiment / Take some acid, playing Jimi, 'Are you experienced?'" – auch im Closer "Where ya get ya coke from?" lässt Brown nicht locker. Ach: Der Albumtitel ist natürlich auch nur eine mindestens doppelte Finte. Peggy ließ schon 2022 verlauten: "People who say shit like 'U scaring the hoes' don't actually have sex and pretend to be black online." Und doch heißt es im fulminant zerklatschten Titeltrack: "Stop scaring the hoes / [...] / Play somethin' for the bitches / How the fuck we supposed to make money off this shit?" In einer gerechten Welt ginge sowas natürlich Platin, keine Frage.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Steppa pig
  • Scaring the hoes
  • Burfict!
  • Kingdom Hearts key (feat. Redveil)

Tracklist

  1. Lean beef patty
  2. Steppa pig
  3. Scaring the hoes
  4. Garbage pale kids
  5. Fentanyl tester
  6. Burfict!
  7. Shut yo bitch ass up / Muddy Waters
  8. Orange juice jones
  9. Kingdom Hearts key (feat. Redveil)
  10. God loves you
  11. Run The Jewels
  12. Jack Harlow combo meal
  13. HOE (Heaven on Earth)
  14. Where ya get ya coke from?
Gesamtspielzeit: 36:19 min

Im Forum kommentieren

Christopher

2023-12-31 03:08:47

In Sachen Produktion das Krasseste, was ich seit langem gehört habe. Was da an Details drinsteckt, ist irre.

Wenn man in der richtigen Stimmung ist, ein Hammer-Album. 8/10.

Affengitarre

2023-07-11 20:23:41- Newsbeitrag

MopedTobias (Marvin)

2023-06-28 15:23:01

Schon geil zerschossen, aber gemessen an den Namen eine kleine Enttäuschung auf hohem Niveau. Kein Vergleich zu den besten Solo-Sachen der beiden.

Saschek

2023-04-07 18:37:59

Schade. Hätte ich allein schon wegen des Covers gern auf Vinyl. Gibt's aber nicht.

Saschek

2023-04-07 18:36:26

Doch. Ich mag ja so soundscapige, vollgeknallte Sachen ganz gern. Gefällt mir.

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