Dutch Uncles - True entertainment

Memphis Industries / Indigo
VÖ: 10.03.2023
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Geschmeidig ungeschmeidig

Hollandse Spraken, schwere Spraken. Ach, das war jetzt nicht so ganz richtig? Na bitte, da sieht man es wieder. Aber keine Bange: Dutch Uncles singen nach wie vor auf Englisch – ihr Name erklärt sich vielmehr durch eine gehässige Redensart aus der Zeit des Englisch-Niederländischen Krieges im 17. Jahrhundert, gemäß der "dutch uncle" ein Mensch ist, der andere mit erzieherischen Absichten streng zurechtweist. Ein Almöhi ohne Berge sozusagen. "True entertainment" ist bereits der sechste Longplayer der Band aus dem Raum Manchester – und der erste, der nicht mehr im Schatten der inzwischen aufgelösten Wild Beasts steht, deren zappeliger, Falsett-seliger Art-Pop meist mehr Aufmerksamkeit erhielt. So formschöne Songtitel wie "Brave bulging buoyant clairvoyants" oder "She purred while I grrred" haben Dutch Uncles zwar auch weiterhin nicht drauf, dafür aber zackige, gummiartige Songs, deren Schwierigkeitsgrad 2013 mit der Single "Slave to the atypical rhythm" treffend beschrieben war. Oder sagen wir gleich: Hits.

Die sind hier nämlich so zahlreich wie auf kaum einem Dutch-Uncles-Album vertreten, nachdem sich die Vorgänger noch allzu großer Leichtgängigkeit in den entscheidenden Details verweigerten und oft klangen, als würde man nach einem Tanzabend voller Foals oder Vampire Weekend mit kaputten Knien nach Hause humpeln. Und auch wenn sich die Briten ihr komplexes Rhythmusgerüst nicht nehmen lassen, fangen sie dank lebhaft durch die Szenerie daddelnden Keyboards und verstärkter Elektronik plötzlich an zu swingen, während Duncan Wallis in androgynem Gesangsstil mit Spitzfindigkeiten und schlüpfrigen Andeutungen nicht spart. So kommt "True entertainment" mit einem "Did I tell you she was a French teacher? / Ooh là là, parfait!" im Titelstück schnell auf Touren, ehe eine knarzige Club-Sequenz auf ein ausladendes Piano prallt und sich der schwüle Heuler "Tropigala (2 to 5)" an fidelem Bums-Klatsch und Schwanzwedel-Refrain besäuft. Zauberhaft – Robert Richards' Gitarre hüpft gern mit und soliert sich den Weg frei.

Genug zu tun bekommt sie auch in der Folge. Etwa, wenn sich "Exit row" oder "I'm not your dad" wie leidlich straighte Indie-Kracher aufführen, die Stimme seufzen und die Riffs jaulen lassen – wiewohl man Wallis das keck dahergeflötete "I'm only twelve" in letzterem Stück nicht ohne Weiteres abnimmt. Der Band hingegen umso mehr den herrlich funky shit "Poppin'" oder das mit Liebesschwüren weit ausholende Drama "Deep end", das Dutch Uncles mit mehrstimmigem "Hu-hah" und flauschigen Flächen auspolstern. Eine Geschmeidigkeit, die ihnen auf diesem Album nicht immer gegeben ist, was die vier aber stets auszugleichen wissen. Häufig mit analogem Geklöppel, zu dem schon The Postal Service in "Such great heights" schwebten. Und der preziöse Uptempo-Shuffle "End belief" nährt den Verdacht, dass Hall & Oates einst nicht bloß für Lovers Rock standen, sondern einige ihrer käsigen Achtziger-Klassiker sogar ziemlich wunderbar waren. "True entertainment" eben – damals wie heute. Vor allem heute. Ganz ungehässig.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • True entertainment
  • Tropigala (2 to 5)
  • Poppin'
  • Deep end

Tracklist

  1. True entertainment
  2. Damascenes
  3. Tropigala (2 to 5)
  4. Poppin'
  5. Exit row
  6. I'm not your dad
  7. Deep end
  8. In salvia
  9. End belief
  10. Dead letter
Gesamtspielzeit: 37:51 min

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Der Wanderjunge Fridolin

2023-03-22 21:55:33

Ein sehr schönes Album, das bei mir die Tage zum ersten Mal durchlief. Wer Art Pop der Marke Blue Nile oder auch China Crisis mag, könnte hieran Gefallen finden.

Armin

2023-03-22 20:41:22- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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