
Fargo - Geli
Kapitän Platte / CargoVÖ: 17.03.2023
Reden ist Silber, Schweigen ist Post-Metal
Anton Bruckner soll einmal gesagt haben: "Wer hohe Türme bauen will, muß (sic) lange beim Fundament verweilen." Für alle diejenigen, die Gedichtanalysen im Deutschunterricht schon immer blöd fanden, bietet der Plattentests.de-Interpretationsdienst folgende musikalische Deutung an: Will man Überwältigendes erreichen, muss man viel Zeit in den Aufbau reinstecken. In kaum einen anderen Genre gilt dieser Aphorismus mehr als im Post-Rock beziehungsweise -Metal. Müsste man das Genre mit einem Wort beschreiben, wäre "Crescendo" wohl das adäquateste.
Knapp neun Jahre nach der letzten EP "Yaron" kehren Fargo mit ihrem neuen Album zurück. "Geli" ist der größtenteils schweigende Tribut an die Künstlerin und Freundin der Band, die das Cover gestiftet hat (Angelika Zwarg). Die vier Leipziger bleiben dabei ihrem Thema treu und benennen die Lieder nach deutschen Städten. Musikalisch der Architektur einiger Städte folgend, tun sich in den Liedern von Fargo immer wieder tiefe "Täler" zwischen hohen Häusern auf oder es wird tatsächlich Platz zum Atmen geboten, bevor sich das nächste monumentale Bauwerk vor einem auftürmt.
Die vierteilige Städtetour beginnt in "Dresden". Dieses klingt, als ob The Ocean mit aller Wucht die Gassen der Stadt durchspülen würden. Es ist das einzige Lied, in dem Gesang zu finden ist (vom Bassisten Ralf). Ähnlich dem manchmal anonymen Leben in einer Großstadt, schneidet sich jegliche menschliche Interaktion, die stattfindet, durch das Grau, was den Song auf ein völlig anderes Intensitätslevel hebt. "Regensburg" zieht eine gerade Linie südwärts. Zunächst deutlich bedächtiger als die Zustände in "Dresden" werden hier die Ausbrüche etwas pointierter gesetzt. Wie ein Spaziergang mit stetem Schritt, der von einem Regenschauer beendet wird. In der Hauptstadt "Berlin" geht es dann etwas schroffer zu. Post-Metal gepaart mit einer ordentlichen Portion Sludge. Vertonte Schönheiten und Abgründe, die diese Stadt zahlreich zu bieten hat. "Pforzheim" beschließt "Geli" in bester Russian-Circles-Tradition und fühlt sich tatsächlich wie eine Art Zielgerade an. Wie ein knapp fünfminütiges Best-of aus dem bisher Gehörten (ergo massive Riffs und sphärische Melodien) und einem Winston-Churchill-Monolog, Wörter eröffnen und schließen das Album.
"Keiner kommt von einer Reise so zurück, wie er weggefahren ist." Noch ein Zitat für diese Rezension, hier von Graham Greene. Fargo ist hier eine 36-minütige Reise gelungen, die die Hörer*innen mal schweigend, mal schwärmend, aber die ganze Zeit lang gefesselt zurücklässt. Die Fixpunkte dieser Unternehmung mögen bekannt sein, allerdings schaffen es Fargo mit der persönlichen Note eines heimischen Reiseleiters, diese in einem neuen Licht erscheinen zu lassen und somit eines des spannendsten Post-Metal-Alben des noch jungen Jahres zu veröffentlichen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Dresden
- Regensburg
Tracklist
- Dresden
- Regensburg
- Berlin
- Pforzheim
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Dumbsick
2024-06-04 07:40:03
Würde mir die auch Live geben, wenn sie mal in meiner Nähe wären
The MACHINA of God
2024-06-03 20:09:17
Sind morgen Support von Ufomammut. Werd ich mir mal geben. Wusste gar nicht, dass die aus Leipzig sind.
Nummer Neun
2023-03-17 13:28:01
Wollte dann doch mal hören, wie mein alter Hochschul-Standort Pforzheim so vertont wurde :)
Album gefällt mir aufs erste Hören ganz gut, schöne Rezension mal wieder!
Armin
2023-03-15 22:24:21- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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