Dirk - Idiot paradise
MaywayVÖ: 03.03.2023
Bring mich heim
Als Veranstalter eines belgischen Rock-Festivals müsste sich das Line-up fast von selbst zusammenstellen. Man nehme Balthazar, auf jeden Fall dEUS und vielleicht noch Girls In Hawaii. Zufrieden reibt man die Hände und freut sich, dass die Tickets sicher weggehen wie handgeschnittene Pommes. Doch am Counter stellt man fest, dass da hauptsächlich Ü35-Jährige Tageskarten kaufen, und die sind weder wild am Tanzen, noch bleiben sie bis spät in die Nacht und sorgen mit ausgelassener Stimmung für genügend Umsatz am Bierwagen. Wie kriegt man also die jüngeren Leute ran? Zumindest in der Theorie mit der westflämischen Band Dirk und ihrem dritten Album "Idiot paradise".
Denn die gehören im Königreich Belgien zu den meistgehörten heimischen Indie-Acts und das ironischerweise mit einem Sound, der sich ganz schön alt anhört. Die neun Gitarrenstücke stecken komplett im 90er-Film und wollen da gar nicht raus. Während man mit ihnen die Nostalgie-Autobahn runtercruist, sieht man auf den Straßenschildern bekannte Namen von Orten, mit denen man gute Erinnerungen verknüpft. Der Opener "Half-life" erinnert an ein Date mit Silverchair. "Are you awake" na-na-nat sich in die Nähe von Blur. "Afraid to go home" verirrt sich ganz knapp im Jahrzehnt und spielt kurz eine Pixies-Reminiszenz, bevor es doch noch zu Weezers blauem Album in die Garage fährt. Wer hätte gedacht, dass Slackertum auch 2023 noch gut funktioniert? Und ein bisschen Teenage Angst darf es auch sein: "This isn't love, it's depression – fuck romance!"
Was die Reise ins "Idiot paradise" so angenehm macht, ist die unverschämte Selbstsicherheit, mit der Dirk ihre Inspirationen vor sich hertragen. Sie sind gar nicht auf der Suche nach der neuen großen Idee. Die Gitarrenmelodien sind nostalgisch genug, dass man bei jedem Song kurz zum Fenster rausschauen und tief seufzen möchte. Und dann ballert einem "Help I'm going sane" doch wieder eine Rockschelle um die Ohren: "I still remain! I still remain! I still remain!" Das abschließende "Alarms" nimmt sich genügend Zeit, um auch ein Song von Death Cab For Cutie sein zu können und verwandelt sich gegen Ende zu einer Modest Mouse. Warum das alles nun bei jüngeren Leuten zu ziehen scheint, ist schwer zu sagen. Eine gewisse Zeitlosigkeit wohnt den Songs auf "Idiot paradise" inne. Ob man mit Dirk mehr Bier verkauft? Keine Ahnung. Fürs ausgedachte Festival buchen sollte man trotzdem.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Idiot paradise
- Help I'm going sane
- Alarms
Tracklist
- Half-life
- No
- Roman numerals
- Are you awake
- Idiot paradise
- Help I'm going sane
- Afraid to go home
- I can't sleep
- Alarms
Im Forum kommentieren
Ralph mit F
2023-03-07 19:58:35
Coole Band, check ich mal aus. Beim Opener musste ich erst mal extremst an Placebo denken.
Armin
2023-03-02 11:14:19- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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