Orbital - Optical delusion

London / Al!ve
VÖ: 17.02.2023
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Teile und Schwingungen

Dass es Orbital immer noch gibt, spricht für das Verhältnis der Gebrüder Paul und Phil Hartnoll zueinander. Die große Zeit des Duos liegt mittlerweile weit zurück, ihre Namen sind untrennbar mit dem Techno-Boom der Neunzigerjahre verbunden. Wobei Orbital natürlich nie so wirklich Techno produzierten – ihre Musik war stets vielschichtiger, abwechslungsreicher und stellenweise verdammt weit draußen. Auf ihrem neuen Album "Optical delusion" nähern sie sich behutsam dem Zeitgeist an, ohne dabei ihre Vergangenheit zu verleugnen. Vieles klingt ein wenig altmodisch, jedoch nie altbacken. Verantwortlich dafür ist vor allem das feine Gespür der Herren für treibende Basslinien und einprägsame Hooks.

Dabei zitieren sie sich einmal quer durch die Geschichte der elektronischen Musik. "Day one" erinnert beispielsweise mit seinen Säbelzahn-Synthies an die alte Schule des Trance, ätherische Gesangssamples und ausladende Pads inklusive. Das zaubert einem, sofern man kein Problem mit Retro-Klängen hat, ein Grinsen aufs Gesicht. Ebenfalls traditionsbewusst kommt "Requiem for the pre-apocalypse" daher, dessen herrlicher Breakbeat für euphorische Zuckungen sorgt. Besonders fein ist das dynamische Spektrum des Tracks: Laute und leise Momente gehen fließend ineinander über, ohne dabei die melodische Entwicklung zu vernachlässigen. Und verdammt stylish klingt das alles obendrein.

Typisch für Orbital sind die mehr oder minder prominenten Gäste. Am bekanntesten dürften Sleaford Mods sein, deren Vokalist Jason Williamson "Dirty rat" seinen Stempel aufdrückt. Nach kurzem Vorglühen in der Garage geht es schnurstracks in den Club. Was auf dem Papier nach Stückwerk klingt, funktioniert in der Realität erstaunlich gut. Natürlich auch deshalb, weil Wiliamson wie eh und je Gift und Galle spuckt. Ein weiteres Highlight markiert "Are you alive", wo die Stimme von Penelope Isles' Lily Wolter wunderbar mit dem vielschichtigen Arrangement harmoniert. Deutlich trippiger geht es in dem mit Anna B Savage produzierten "Home" zu, was vor allem am Kontrast zwischen dem treibenden Instrumental und der wehmütigen Gesangsmelodie liegt.

Experimentelle Ansätze schimmern nur selten durch, wenngleich einzelne Elemente von Tracks wie "What a surprise" und "Frequency" durchaus ambitioniert wirken. Orbital wollen jedoch nicht irritieren, sondern unterhalten. Wo andere Künstler die Ausfahrt in Richtung Dekonstruktion nehmen, bleiben die Hartnolls konsequent auf dem Gaspedal. Im Gegensatz zu den Kollegen von Leftfield gelingt ihnen zudem das Kunststück, auch in der vierten Dekade des gemeinsamen Schaffens noch zu überraschen. Solange die Qualität des gemeinsamen Outputs derart hoch ist, gibt es keinen Grund für Bruderzwist.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Day one (feat. Dina Ipavic)
  • Are you alive (feat. Penelope Isles)
  • Dirty rat (with Sleaford Mods)
  • Requiem for the pre-apocalypse

Tracklist

  1. Ringa ringa (The old pandemic folk song) (feat. The Mediaeval Baebes)
  2. Day one (feat. Dina Ipavic)
  3. Are you alive (feat. Penelope Isles)
  4. Frequency (feat. The Little Pest)
  5. The new abnormal
  6. Home (feat. Anna B Savage)
  7. Dirty rat (with Sleaford Mods)
  8. Requiem for the pre-apocalypse
  9. What a surprise (feat. The Little Pest)
  10. Moon princess (feat. Coppe)
Gesamtspielzeit: 51:12 min

Im Forum kommentieren

peter73

2023-03-30 08:25:53

kein vergleich zu den großtaten in den 90ern, aber leidlich unterhaltsam ist das hier immer noch... bei den 7/10 gehe ich schon irgendwie mit.
das cover ist allerdings nicht delusion sondern awkward...

DudellicAh

2023-02-22 09:42:08

Großartiges Album, das an die seligen 90er erinnert. 9/10

peter73

2023-02-09 11:37:18

sounds interesting, habe aber erst einen song gehört da vö 17. 2.


echt, die erste rezension zu orbital hier?

Armin

2023-02-08 20:46:50- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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