The Robocop Kraus - Why Robocop Kraus became the love of my life
Tapete / IndigoVÖ: 25.11.2022
Wenn sich alles in Greisen bewegt
The Robocop Kraus sind ziemlich alte Hasen. Zumindest in der Hinsicht, dass ihre erste Platte schon im Jahr 1998 erschien. Aber so etwas hätten wir nun nicht erwartet. Doch schon klar: Thomas Lang und Kollegen besitzen von jeher genug Humor und Selbstironie, um per künstlicher Vergreisung auf rund ein Vierteljahrhundert Bestehen hinzuweisen. Auch wenn die Hersbrucker ihre Studioaktivitäten 2009 einstellten und erst elf Jahre später mit dem Corona-Slacker-Song "Let's stay in bed" wiederbelebten. Ende 2022 rüsten The Robocop Kraus eigenen Angaben zufolge für einen neuen Longplayer – wer es nicht erwarten kann, bekommt mit "Why Robocop Kraus became the love of my life" vorab eine illustre Zusammenstellung. Und die führt eindrucksvoll vor Ohren, warum man die inzwischen zum Sextett angewachsene Band so vermisst hat.
Nicht bloß wegen ihrer enormen musikalischen Flexibilität, die von Post-Hardcore über Mod-lastigen Indie-Rock bis hin zu hymnischem Power-Pop führte: Vielleicht handelt es sich bei The Robocop Kraus um die schlaueste deutsche Gruppe der letzten Jahrzehnte. "I paid the ferryman" oder "Quiet days in cliché" zogen listig die Popkultur auf links, "In fact you're just fiction" und "Fake boys" ließen die Tanzflächen beben und verlasen scharfsinnige quasi-sozialistische Traktate. Für Leiwand, gegen Oasch, wie man in Österreich sagen würde. Wer genau hinhört und -liest, wird sogar entdecken, dass die Tracklist der EP "Metabolismus Maximus" wortwörtlich ein Sample im Stück "Sometimes I wonder if you'd been a dog in a previous life" wiedergibt. Aus welchem Film, mögen The Robocop Kraus bitte hier __________ eintragen. Die können ja auch mal was tun.
Folgerichtig, dass der 4-Tracker von 2009, der stilistisch konzis an das bisher letzte Studioalbum "Blunders and mistakes" anknüpfte, auf der chronologischen Compilation mit EPs, B-Seiten und Samplerbeiträgen nicht fehlen darf. Los geht es jedoch bedeutend wilder: Die Tracks der Debüt-Split-LP ruckeln zuweilen quietschig und rabiat – man höre die maulige Weltuntergangs-Klage "Hollywood hat schon immer unsere Ideen geklaut" inklusive wüstem Math-Finale oder den Eineinhalbminüter "Jimmy is a murderer", in dem sich Lang als formvollendeter Screamo-Mann gebärdet. Nicht immer extrem hochklassig, aber ein amüsantes Dokument. Dass der zackige Punkrocker "Poor soul relax" aus der lokalen Kopplung "Achtung Autobahn" immer noch für Zuckungen sorgt und "One night in Bangkok" nicht den Hit von Murray Head recycelt, versteht sich ohnehin von selbst.
Ebenfalls aller Ehren wert: Non-Album-Tracks aus den frühen Nullern wie das knackige "Free masons in the house" und die Versionen zweier "Living with other people"-Songs. Abenteuerlicher geht die deutsche Fassung von Minor Threats "Filler" zur Sache – als würde Martin Gretschmann alias Console im Geschwindigkeitsrausch alles und jeden in den Hintern treten. In der Tat ein großer Spaß, wenn die Franken auf fremdem Terrain wildern, Lang in "Velvet speck" seinem inneren David Byrne Zucker gibt und das kecke elektronische Galoppel "Ignore it" bei Bob Marleys "Is this love" anklopft. Abschließend ein Seufzer in Gestalt einer Interpretation von The World/Inferno Friendship Societys "One for the witches" – der Sänger der alten Tour-Kumpels starb 2021 mit nur 50 Jahren. Hach beziehungsweise schnüff. Stimmt schon: The Robocop Kraus sollte man lieben.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Hollywood hat schon immer unsere Ideen geklaut
- Jimmy is a murderer
- Poor soul relax
- Füllung (Filler)
- Free masons in the house
- Velvet speck
- Sometimes I wonder if you'd been a dog in a previous life
Tracklist
- CD 1
- The pilot's sister
- Hollywood hat schon immer unsere Ideen geklaut
- Landing is o.k.
- In France undercover
- Jimmy is a murderer
- She crashed her car in the backyard
- Love controllers
- One night in Bangkok
- This is our situation
- Poor soul relax
- Love hungry man
- She said it's o.k.
- Audience (Alternative version)
- Tips for performers (Alternative version)
- CD 2
- Füllung (Filler)
- This is not science fiction
- Free masons in the house
- Warehouse
- Ain't that something
- Velvet speck
- The ABC of hierarchy
- Ignore it
- Sometimes I wonder if you'd been a dog in a previous life
- And not quite made
- The transition
- Properly
- Let's stay in bed
- One for the witches
Im Forum kommentieren
Sloppy-Ray Hasselhoff
2022-12-22 01:03:00
Mag die zwischen den Zeilen eingebaute und augenzwinkernde schlatzige Nonchalance. Mocht ich auch bei "Tot - Ferien". Rezis von Pilgrim les ich gern.
Armin
2022-12-21 20:11:29- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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