Faber - Orpheum
Irrsinn / Vertigo / UniversalVÖ: 26.08.2022
Was machst Du Graz so?
Ob sich ein Ort verraten fühlen kann? Falls ja, wird Zürich sicher ganz schön beleidigt gewesen sein, dass Julian Pollina alias Faber sein erstes episch großes Live-Album ausgerechnet im über 500 Kilometer entfernten Graz aufgenommen hat. Zu weit weg, um nur ein Katzensprung zu sein und doch zu nah dran, um nicht zumindest ein bisschen eifersüchtig zu sein. Immerhin ist alles dokumentiert und man kann den Auftritt des Zürchers im titelgebenden Orpheum jederzeit in fast vollem Umfang genießen. Fast? Ja, denn Faber legt den Fokus komplett auf die Musik, hat bis auf Danksagungen alle Ansagen zwischen den Songs gestrichen. Ein kleines Geheimnis bleibt also nur den Anwesenden vorbehalten.
Das hat sich das Publikum aber auch verdient, denn schon von Beginn an ist klar, dass es hier den ordentlichen zwölften Mann spielt und zu den energiegeladen Platten beigetragen hat, die "Orpheum" mit fast zwei Stunden Spielzeit füllt. Faber-Auftritte sind Mitmach-Konzerte und noch bevor die Live-Band das erste Mal ordentlich einsteigt, sind schon dutzende Stimmen im Saal zu hören, die leidenschaftlich mitsingen. Der Schweizer Sänger belohnt die aufmerksame Menschenmenge standesgemäß: Neben einem umfangreichen Best Of aus seinem Backkatalog hat er auch Neues beziehungsweise neues Altes auf der Setlist. "Caruso" von Lucio Dalla hat Faber früher laut eigener Aussage oft auf Hochzeiten und Geburtstagen gespielt und irgendwie fand der Song seinen Weg auf die Tracklist. In "Ma tu no" versucht er sich dann gar selbst am italienischen Texten.
Richtig zum Überkochen bringen die Stimmung aber naturgemäß die Crowdpleaser – die bekannten Stücke, von denen man bis auf "Das Boot ist voll" und "Wem Du's heute kannst besorgen" keins vermissen sollte. "Alles Gute" wippt gerade erst an, da geht ein kleiner Jubelsturm los. Immer wieder zeigt sich das Publikum selbstbewusst textsicher. Fabers Musik profitiert in jeder Sekunde davon. Seine gerne diskutierten Texte fühlen sich ehrlicher an, wenn sie nicht im luftleeren Raum existieren müssen. Alles wirkt durch das gemeinsame Erleben weniger ironisch und rhetorisch. Und jedes Mal, wenn Faber einen Ton besonders gewaltvoll in die Länge zieht, ist alles voller Liebe.
Das klappt auch, weil "Orpheum" Pausen zum Atmen lässt. Faber kann Ballade. Wenn sie gebraucht wird, ist die Live-Band Goran Koc Y Vokalist Orkestar mit prominenten Bläsern im Alleingang in der Lage, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, doch sie tritt auch gerne in den Hintergrund und lässt ruhige Momente zu. Dann singt Faber Sachen wie "Du träumst leise, um nicht zu stören" und zeigt seine zweifelsfrei vorhandene lyrische Begabung. Oder singt im neuen Track "De Tüfel het viel Gsichter" den schönsten Song auf Schweizerdeutsch seit dem gemeinsamen Album mit Sophie Hunger und Dino Brandão und überrascht hinten raus mit Post-Rock-Strobo. Ein bisschen Zürich in Graz. Mit seinem Doppelschlag aus lautem und leisem Rausschmeißer ("Tausendfrankenlang" und "Wiegenlied") schafft Fabers "Orpheum" das große Kunststück der Live-Alben mit Bravour: Da wäre man gerne dabeigewesen!
Highlights & Tracklist
Highlights
- De Tüfel het viel Gsichter
- Du schläfst
- Alles Gute
- Tausendfrankenlang
Tracklist
- CD 1
- Ouverture
- Highlight
- Jung und dumm
- Es könnte schöner sein
- Das Leben sei nur eine Zahl
- Van Noten
- De Tüfel het viele Gsichter
- Sag mir wie Du heißt Pt. 1
- Sag mir wie Du heißt Pt. 2
- Ihr habt meinen Segen
- Du schläfst
- Intermezzo
- Ma tu no
- Caruso
- CD 2
- Coda
- Nie wieder
- Lass mich nicht los
- In Paris brennen Autos
- Widerstand
- Das Letzte
- Vivaldi
- Generation YouPorn
- Nichts
- Alles Gute
- Komm her
- Top
- So soll es sein
- Tausendfrankenlang
- Wiegenlied
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Armin
2022-12-11 18:16:30- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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