Razorlight - Razorwhat? The best of Razorlight

Mercury / Universal
VÖ: 09.12.2022
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Schön war's doch

"Who needs love?" fragte Johnny Borrell 2006 auf "Razorlight". Eine kleine Einfältigkeit, die man ihm und seiner Band ob dieses leutseligen Stampfers mit maßvollem Electric-Light-Orchestra-Pomp gerne nachsah. 16 Jahre später lautet die Frage vielmehr: Wer braucht eine Best Of von Razorlight? Das Quartett, das Mitte der Nullerjahre als eine Art Surrogat für die vorläufig aufgelösten Libertines zwei exquisite Platten vorlegte, verabschiedete sich mit "Slipway fires" nämlich alsbald Richtung AOR-Seichtigkeit und anschließend erst einmal ganz – bis zum erstaunlich frischen 2018er-Comeback "Olympus sleeping", auf dem außer Borrell allerdings niemand mehr von der Originalbesetzung übrig war. Die Compilation mit dem selbstironischen Titel funktioniert also offenbar mehr als freundlicher Reminder, zumal Borrell inzwischen wieder das ursprüngliche Line-Up zusammengetrommelt hat und neues Material in Aussicht stellt. Was "Razorwhat?" fast zwangsläufig zu einer etwas unrunden Angelegenheit macht – jedoch nicht schlechter.

Das liegt vor allem daran, dass sich ein Großteil dieser Sammlung aus "Razorlight" und dem Debüt "Up all night" rekrutiert und man schon zur Eröffnung mit zwei todsicheren Evergreens nicht nein sagen kann. "Golden touch" bleibt ein verschleppter Indie-Heuler samt klackernder Riff-Interpolation von The Cures "10:15 Saturday night", und auch "In the morning" hat nichts von dem kantigen Charme verloren, mit dem Borrell zu stacheligen Post-Punk-Gitarren leicht verkatert die letzte Party rekapituliert. "Last night was so much fun / But now your sheets are dirty" – aber schön war's doch. Auch, weil Razorlight hier oder in Tracks wie dem zweckmäßig minimalistisch geschrubbten "Before I fall to pieces" oder "Stumble and fall" Familienanschluss zu The Strokes oder Television suchten und mit Andy Burrows einen wuchtig auftrumpfenden Drummer in ihren Reihen hatten, bevor Borrell ihn nach dem dritten Album vergraulte. We Are Scientists oder Tom Smith von Editors hat's gefreut – und vertragen haben sich die zwei Streithähne längst wieder.

Zeugnis davon legen auch die beiden neuen Songs ab: "You are entering the human heart" kumpelt einen launig mit aufgekratztem Honky-Tonk-Piano von der Seite an, "Violence forever?" hat dank frenetischer "Can't stand me now"-Leads sogar das Zeug zum angespitzten Brit-Pop-Knüller, bei dem nicht die Bohne interessiert, aus welchem Jahrzehnt er stammt. Freilich können Razorlight auch anders – zum Beispiel in der herzzerreißenden Klavierballade "Wire to wire", die den unvermeidlichen, leider wiederholt ins Käsige rutschenden Radio-Hit "America" in Sachen Drama und Spannung nach wie vor um Längen aussticht. Dass von "Slipway fires" und "Olympus sleeping" gerade mal je ein schlappes Stück mit von der Partie ist, lässt sich also verknusen – wenigstens macht von letzterem Album der knackige, zweiminütige Punkrocker "Good night" das Rennen, ehe Borrell mit "Don't go back to Dalston" dem alten Kollegen Pete Doherty noch einmal eindringlich von den bösen Drogen abrät. Recht hat er – wie so oft auf "Razorwhat?".

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Golden touch
  • In the morning
  • Violence forever?
  • Wire to wire

Tracklist

  1. Golden touch
  2. In the morning
  3. Who needs love?
  4. Before I fall to pieces
  5. Violence forever?
  6. Stumble and fall
  7. America
  8. Somewhere else
  9. You are entering the human heart
  10. Rip it up
  11. Good night
  12. Wire to wire
  13. Don't go back to Dalston
Gesamtspielzeit: 42:04 min

Im Forum kommentieren

jo

2022-12-01 15:38:21

Das stimmt - so zwischen "Stumble & Fall" (das noch nicht) und "Wire to Wire" (das nicht mehr) hatten sie durchaus auch gute Songs ;).

Socko

2022-12-01 15:36:43

Hach, das war für ganz kurze Zeit eine echt tolle Band. Schade, dass die nie auf dem grandiosen Fundament ihre Karriere haben ausbauen können

Thomas

2022-12-01 09:32:07

Oh ganz einfach, man muss es nur kurz vorm Absenden durch einen der beiden neuen Songs ersetzen :P

eric

2022-12-01 09:22:37

Wie kann "Before I fall to pieces" nicht DAS Highlight einer Highlight-Platte von Razorlight sein? :P

Armin

2022-11-30 21:35:02- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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