Garbage - Anthology

Stunvolume / BMG / Warner
VÖ: 28.10.2022
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Alles seine Richtigkeit

Garbage überlassen nichts dem Zufall. Jedenfalls ist das amerikanisch-schottische Quartett ideal aufgestellt: Mit Butch Vig sitzt der Produzent von Meilensteinen wie "Siamese dream" oder "Nevermind" an Drums und Mischpult, mit Steve Marker und Duke Erikson schwingen zwei ausgewiesene Studio-Cracks die Gitarren, und vorne agiert Shirley Manson wahlweise als sardonischer Vamp, missmutiges Suicide Girl oder feministisch gesinnte Anti-Diva. Ein Line-Up, das Garbage mitunter den Ruf einer Band vom Reißbrett einbrachte, aber nichts daran änderte, dass sie von Riot Grrrl über elektrifizierten College-Rock bis hin zu TripHop Mitte der Neunziger alles zusammenbrachten, was an alternativer Musik gut und teuer war. Schnittig, hittig, auf den Punkt – und wer hat nicht einen "So ein Garbage-Song ist schon ein dolles Ding"-Sticker am Kühlschrank kleben?

Doch warum verfehlte der Vierer auf Plattentests.de stets die beliebte 7/10-Bewertung? Sogar mit der 2007er-Best-Of "Absolute Garbage", die Manson allerdings selbst einmal als lieblos hingeklatscht bezeichnete? Sind Garbage eine Single-Band, obwohl sie sieben Alben auf dem Kerbholz haben? Im Fall dieser Compilation definitiv ja. "Anthology" ist im Gegensatz zum 15 Jahre alten Vorgänger nämlich sorgfältig kuratiert und sauber remastered. Hier hat alles seine Richtigkeit, da sich die Songs von Anfang bis Ende der Diskografie chronologisch aufreihen – beinahe beängstigend akkurat, womit wir wieder beim Reißbrett wären. Aber solange auf diesem so swingende bis rockende Klassiker wie das verspielte "Stupid girl", "I think I'm paranoid" und viele andere entstehen, verbieten sich solche futterneidischen Kleinlichkeiten im Grunde von selbst.

Schließlich ist der erste Tonträger von "Anthology" ein Fest für die MTV-Generation, die vornehmlich die ersten beiden Longplayer "Garbage" und "Version 2.0" inhaliert hat. Zauberhaft, wie catchy und schief grinsend "Only happy when it rains" nach wie vor chronisch miesgelaunte Emos parodiert und dabei die fuzzy Qualitäten von The Jesus And Mary Chain nicht nur im Songtitel kennt, während das magnetische "Push it" einen immer noch dazu nötigt, vorsichtshalber alle Glühbirnen in der Wohnung rauszuschrauben, damit nicht plötzlich die androgynen Aliens aus dem surrealen Video antanzen. Gitarren jaulen, Beats federn, Vig legt im kieksigen "When I grow up" einen seiner coolsten Schlagzeug-Breaks hin, ehe "The trick is to keep breathing" The Cardigans' "Erase / rewind" zu Bandsalat verarbeitet. Konnte man nicht nur damals so machen.

Bei so viel Qualität ist auch die ungeliebte James-Bond-Auftragsarbeit "The world is not enough" schnell abgesessen. Schon besser im Non-Album-Sinne: das 2008 auf einem Charity-Sampler erschienene "Witness to your love" oder der apokalyptische Elektro-Boogie "No horses" von 2017. Trotzdem fällt Teil zwei dieser Zusammenstellung auf die Länge gesehen etwas ab, nachdem "Shut your mouth" zuvor noch mit Getöse die Synth-rockige Arschtrittmaschine angeworfen hatte – doch auch "Bleed like me" oder "Not your kind of people" hatten dank "Why do you love me", "Automatic systematic habit" und weiterer formidabler Abzischer hochklassige Momente. Dass Marker und Erikson inzwischen öfter die Holzfäller raushängen lassen und "Girls talk" samt Brody-Dalle-Feature fehlt, sei mithin tapfer ignoriert – und Garbage für "Anthology" ihre 7/10 endlich gegönnt. Kein Zufall.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Only happy when it rains
  • Push it
  • When I grow up
  • Shut your mouth
  • Why do you love me
  • Automatic systematic habit
  • No horses

Tracklist

  • CD 1
    1. Vow
    2. Subhuman
    3. Only happy when it rains
    4. Queer
    5. Stupid girl
    6. Milk
    7. #1 crush
    8. Push it
    9. I think I'm paranoid
    10. Special
    11. When I grow up
    12. The trick is to keep breathing
    13. You look so fine
    14. The world is not enough
    15. Androgyny
    16. Cherry lips (Go baby go!)
    17. Breaking up the girl
    18. Shut your mouth
  • CD 2
    1. Why do you love me
    2. Bleed like me
    3. Sex is not the enemy
    4. Run baby run
    5. Tell me where it hurts
    6. Witness to your love
    7. Blood for poppies
    8. Battle in me
    9. Automatic systematic habit
    10. Big bright world
    11. Control
    12. Empty
    13. Magnetized
    14. Even though our love is doomed
    15. No horses
    16. The men who rule the world
    17. No gods no masters
Gesamtspielzeit: 140:06 min

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Darno Übel

2022-11-30 23:04:34

Furchtbarer Bandname.

Corristo

2022-11-30 23:00:29

"You Look So Fine" natürlich nur deshalb runterschmeißen, dass es nicht zu viele Songs vom zweiten Album wären. Ansonsten lieber sowas langweiliges wie "Sex Is Not The Enemy" runterschmeißen bzw. vielleicht würde sich da auf CD2 noch das ein oder andere verzichtbare finden, habe es nicht alles im Ohr.

Corristo

2022-11-30 22:44:26

Die Songauswahl passt größtenteils und hätte durchaus eine 8/10 verdient. Nett, dass an "#1 Crush" gedacht wurde (hoffentlich die Originalversion und nicht der Remix, wie ich befürchte). Subhuman ist auch eine interessante Wahl. Nur zwei Songs vom letzten Album ... das sagt wohl einiges aus.


hätte ich noch draufgepackt:

- Heaven Is Wide
- Hammering In My Head
- Medication
- Cup Of Coffee
- Bad Boyfriend
- This City Will Kill You


hätte man weglassen können:

- You Look So Fine
- Breaking Up The Girl

Armin

2022-11-30 21:34:17- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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