Liotta Seoul - Worse

Krod / The Orchard
VÖ: 25.11.2022
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Wo ein Wille ist, ist eine Flasche

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Viele Dinge, die anfangs nervig, erschreckend oder blöd erscheinen, werden mit der Zeit zum Alltag. Das macht diese Routinen zwar nicht weniger nervig, erschreckend oder blöd, aber sie werden einfach Teil des Alltags. Äußere Umstände sind hier der Katalysator. Die Phrase "Damals war das noch ganz anders" ist nicht mehr nur "Boomern" vorbehalten, die Jahrzehnte weit nostalgisch zurückblicken, sondern gehört jetzt allen, die vor 2020 am alltäglichen Leben teilgenommen haben.

"Worse" erzählt in acht Songs von der Obskurität des Alltags sowohl pre- als auch post-pandemisch. Das ganze Album wurde Song für Song vorabveröffentlicht, beginnend im Mai diesen Jahres mit "Hypernormal" und der denkwürdigen Eröffnungszeile "Pissing in the bottle just to stay on the phone". So abstrus diese Zeile auch sein mag, so schaffen es Liotta Seoul auf ihre Art und Weise doch das Gefühl von "So abwegig ist das gar nicht" zu erwecken. "Star" besingt die ähnlich absurde Abhängigkeit von sozialen Medien und den zwanghaften Drang, wirklich alles teilen zu müssen.

Jedes Lied auf "Worse" funktioniert in der Tat als Single, was sehr viel über die Qualität dieses Langspielers aussagt. Lieder wie "Won't you love me", "Want you" oder "Disgusting" hätten ihrer Art nach auch Anfang 2000 im Zuge des Grunge-Revivals veröffentlicht werden können. Besonders erwähnt sei hier die Produktion. Das ganze Album klingt wuchtig, und der Sound der Gitarren stellt viele internationale Kollegen in den Schatten. "Medical detectives" ist zum Beispiel eine Nummer, nach der sich die Smashing Pumpkins in der aktuellen Form ("Atum" Teil eins von drei schon gehört?) die Finger lecken würden: tolle Melodie, packender Refrain und Sven Int-Veens markante Stimme machen diesen Song zu einem Highlight.

"Laugh" scheint zunächst in die gleiche Alternative-Rock-ige Richtung zu gehen, bevor der Song kurz vor Schluss eine völlig unerwartete und extrem unterhaltsame Abbiegung in das Trap-Genre macht und völlig tiefenentspannt ausklingt. Etwas entspannter geht auch der Closer "Beauty salons" vor. Mit Wehmut wird über vergangene Beziehungen, Angewohnheiten und melancholischen Einsichten resümiert, bevor das Album mit krachenden Fanfaren ausklingt.

Nach dem 2020 erschienenen Vorgänger "Hopper" ist "Worse" für die 2017 in Koblenz gegründete Band die konsequente Weiterentwicklung des eingeschlagenen, klanglichen Wegs. Sowohl die Catchiness als auch der stilistische Reichtum der Songs wurden noch einmal deutlich erhöht. Zusammen mit der Ästhetik, die diese Platte umgibt (hier sei eine Empfehlung für die durch die Bank sehenswerten Musikvideos gegeben), machen diese Faktoren "Worse" zu einer der interessantesten Veröffentlichungen im Alternative-Rock-Bereich in diesem Jahr.

(Thomas Verkamp)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Hypernormal
  • Medical detectives
  • Beauty salons (feat. Thala)

Tracklist

  1. Won't you love me
  2. Hypernormal
  3. Want you
  4. Laugh (feat. Mightymacfluff)
  5. Star
  6. Disgusting
  7. Medical detectives
  8. Beauty salons (feat. Thala)
Gesamtspielzeit: 27:50 min

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Armin

2022-11-23 21:51:33- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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