Lola Marsh - Shot shot cherry

Universal
VÖ: 28.10.2022
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Nach Belieben

Bei Betrachtung der bisherigen Plattencover von Lola Marsh als Bildergeschichte ergibt sich der Eindruck einer Band, die bei sich selbst angekommen ist. Das Debütalbum "Remember roses" zeigte Sängerin Yael Shoshana Cohen und Multiinstrumentalist Gil Landau als Rudernde auf der hohen See des Folkpop, auf dem insgesamt größer und internationaler klingenden Nachfolger "Someday tomorrow maybe" überflogen die beiden Israelis in einer Propellermaschine den Grand Canyon. Das Artwork von "Shot shot cherry" bleibt nun, wie es sich für ein während der Pandemie entstandenes Werk geziemt, völlig verkehrsmittelfrei. Stattdessen sehen wir Cohen und Landau im stilvoll in sinnlichem Rot und Schwarz gehaltenen Halbschattenporträt mit selbstbewusstem Blick direkt in die Kamera. Here we are now, we love to entertain you.

Mit dem eröffnenden Titelstück wagen sich Lola Marsh weiter vor auf die Mitte der Retro-Disco-Tanzfläche als je zuvor, büßen jedoch durch die Verfremdung von Cohens Stimme mittels Vocoder nahezu jeglichen Wiedererkennungswert ein. Dieser Song könnte tatsächlich ebenso gut von jeder anderen Band im Radio stammen. In eine ähnlich glitzernde Achtziger-Kerbe schlägt "Run run baby" mit seinen The-Weeknd-Anleihen. Auch der weitere Albumverlauf erinnert zunächst an eine Jukebox: Die glatte Ultra-Hochglanz-Melancholie von "If you want to be my lover" ist Ellie Goulding nach Zahlen, bei "Love me on the phone", einer gelungenen Bestandsaufnahme der Herausforderungen von Fernbeziehungen, grüßen am anderen Ende der Leitung Taylor Swift und Lorde mit einem freundlich mitgroovenden Kopfnicken.

Glücklicherweise sind Lola Marsh aber auch noch oft genug ganz bei sich selbst: Der elegante und lässig bittersüße Spätsommersound von "Never grow up" ist mit seinen sich steigernden Harmonien und dem verhuschten Backgroundgesang eine ebenso unaufgeregte wie herzerwärmende Bestandsaufnahme zum Peter-Pan-Syndrom. Zum wahren Showstopper wird das Album-Highlight "Satellite", eine hymnische, pianogetragene Ballade mit Mut zum Pathos, die Cohens Stimme schweben lässt. Aber auch die zurückhaltenderen Folk-Arrangements haben Lola Marsh noch drauf: "Because of you" beschäftigt sich mit der Trauer im Angesicht des Verlustes eines geliebten Menschen und erinnert dank Fingerpicking sowie intensivem Harmoniegesang an die besten Tracks des Debüts.

Die an sich überzeugende, düstere Elektro-Ballade "Going back" weidet sich derart an Lana Del Rays etabliertem Sound voller Sommertraurigkeit, dass sich der Hinweis auf die stimmliche Nähe zur New Yorker Chanteuse sich auch diesmal nicht vermeiden lässt. Als Rausschmeißer gibt es mit "End of the world" noch eine textlich naive, aber musikalisch effektive Klimawandel-Ballade samt Gitarrensolo und "Hey Jude"-Mitgrölfaktor, zu der bei künftigen Konzerten selig die Handytaschenlampen geschwenkt werden dürften. Lola Marsh erweitern mit "Shot shot cherry" ein weiteres Mal ihren Klangkosmos und fühlen sich augenscheinlich ebenso in verschiedenen Genres wie auch in der Formatradiokompatibilität durchaus wohl. Das ist hier dank zahlreicher starker Songs nicht das eben noch besungene Ende der Welt, birgt jedoch die Gefahr zunehmender Beliebigkeit. Wie heißt es in "Satellite" so passend: "Sometimes it feels like a crime."

(Michael Albl)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Satellite
  • Because of you
  • Going back

Tracklist

  1. Shot shot cherry
  2. If you wanna be my lover
  3. Love me on the phone
  4. Never grow up
  5. Satellite
  6. Because of you
  7. Going back
  8. Run run baby
  9. Chasing storms
  10. This is not the end
  11. End of the world
Gesamtspielzeit: 37:45 min

Im Forum kommentieren

vincent92

2022-11-03 17:23:00

Hmmm, was klingt den an der Stimme seltsam?
Ihr bestes und abwechslungsreichstes Album, finde ich.
Klasse Songs, tolle Stimme.
Waren live heuer auch super.
Daumen nach oben.
Ne 8/10 für mich. Hier etwas unbewertet.

peter73

2022-11-03 11:24:33

schwer vorstellbar, live haben die neuen songs durchaus was hergemacht und das ganze konzert ende juli war - nach mehrmaliger verschiebung - schon sehenswert und gut besucht.
nunja, ich hoffe das neue album ist nicht soo schlecht wie es hier gemacht wird - hab das noch gar nicht auf dem schirm gehabt :)

Nummer Neun

2022-11-03 08:44:12

Die Vorab-Songs haben mich auch nicht überzeugt. Dabei mochte ich das letzte Album wirklich sehr.

musie

2022-11-03 07:51:59

Packt mich überhaupt nicht, die Stimme klingt seltsam. Das fühlt sich an wie auf der Suche nach dem Hit für die Charts.

Armin

2022-11-02 21:22:06- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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