Phoenix - Alpha Zulu

Glassnotes / Membran
VÖ: 04.11.2022
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Ohne Phoe fehlt Dir was

Zuletzt war es einige Jahre sehr ruhig um die Jungs von Phoenix. Das letzte Album "Ti amo" ist mittlerweile fünfeinhalb Jahre alt. Dabei könnte man als Hörer in Anbetracht der aktuellen Weltlage doch genau eines brauchen: lockerflockigen Leichtigkeitspop, der mit schicken Hemden am durchtrainierten Leib und einem Cocktail in der Hand die Sonnenseiten des Lebens feiert. Das Rad werden die lässigen Franzosen mit "Alpha Zulu", ihrem mittlerweile siebten Studioalbum, natürlich nicht mehr neu erfinden, aber möglicherweise ergattern sie mit ihrerm charmanten Elektro-Pop wieder einen Anliegerpatz im modernen Yacht-Rock-Hafen, irgendwo zwischen der kunterbunten Disco-Barkasse von Hot Chip und dem nimmermüden Metronomy-Raddampfer. Der sollte also locker drin sein, denn die Platte macht überwiegend großen Spaß, wenn man seinen Pop zugänglich, direkt und unverschnörkelt möchte. Aus allen Ecken fließen süße Melodien derartig ineinander, dass die einzige Gefahr hier ganz offensichtlich verklebte Ohren sind. Soll keiner sagen, man hätte nicht gewarnt.

Die Platte startet mit dem wirklich knalligen Titelsong, der über seufzende und ächzende Synthie-Beats die Hörerschaft mit verführerischen Hallelujahs auf die Tanzfläche locken möchte. Wer hierzu nicht die eigenen vier Wände zur Heimdisko umfunktioniert, der hat wohl Angst um Omas gutes Geschirr im barocken Wandschrank. Für die ebenfalls recht geschmeidige Single-Auskopplung "Tonight" verpflichteten Phoenix auf dem Indie-Transfermarkt Vampire-Weekend-Kapitän Ezra Koenig, der erfahrungsgemäß genau weiß, wie man einen Song möglichst beschwingt über die Ziellinie führt. Und "The only one" ist dann sogar bereit, ein paar Tränen auf dem Dancefloor zu verlieren, schließlich vermählt die Nummer gekonnt Melancholie und karibisches Flair. Die erste Albumhälfte packt also so ziemlich alle Phoenix-Trademarks zusammen, die man kennt und mag und schüttelt ein paar lässige Ohrwürmer aus dem Ärmel. Ein Auftakt nach Maß.

Die zweite Albumhälfte ist weniger offensiv und zwingend, hier verlagern Phoenix den Fokus, wenngleich ein Song wie "Season 2" durchaus schwungvolle Momente liefert. Das folgende "Artefact" funktioniert eher als Ruhepol eines ansonsten quirligen Albums und leiht sich zu diesem Zweck die zackigen Gitarren von The Strokes. Und auch Frontmann Thomas Mars mutiert stimmlich fast zu einem französischen Halbbruder von Julian Casablancas, auch wenn er natürlich zu keinem Zeitpunkt die elegante Lustlosigkeit des The-Strokes-Sängers erreicht. "My elixir" fehlt dann so ein bisschen der Schwung und die Richtung, der Song verliert sich im dezent dudelnden Schönklang. Dies soll der Freude aber keinen Abbruch tun: "Alpha Zulu" ist freilich kein Meisterwerk, wie es einst "Wolfgang Amadeus Phoenix" war, aber eine amüsante Platte, die mit Charme und Verve dem Œuvre der Band aus Versailles zuverlässig ein paar neue Perlen hinzufügt. Und das Geschirr im Wandschrank? Das muss dann eben geklebt werden ...

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Alpha Zulu
  • Tonight (feat. Ezra Koenig)
  • The only one

Tracklist

  1. Alpha Zulu
  2. Tonight (feat. Ezra Koenig)
  3. The only one
  4. After midnight
  5. Winter solstice
  6. Season 2
  7. Artefact
  8. All eyes on me
  9. My elixir
  10. Identical
Gesamtspielzeit: 35:23 min

Im Forum kommentieren

jo

2022-11-05 12:44:49

Irgendwie eine Diskografie, in der es seit dem 1. Werk konstant bergab geht (schön, dass das hier viele so sehen).

Sehe ich nicht so - sehe aber auch nicht, dass das viele hier so sehen (stimme da der Rezension zu).

"Ti Amo" und das hier - ein maues Niveau. Nett gemachter Pop. Aber wenn man ehrlich ist: Dann doch lieber die neue Taylor Swift . Zwar da auch alles freundlich-winkend-nett, aber bessere Melodien und vor allem Texte.

Auch da würde ich stets widersprechen. Ich habe zwar gar nichts gegen Swift, würde Phoenix (auch mit "Ti Amo", was mein "Lowlight" wäre) ihr aber stets vorziehen.
Finde ich aber auch generell schwer zu vergleichen, da für mich doch unterschiedliche Richtungen im Pop.

Gomes21

2022-11-05 09:56:16

Phoenix hat für mich ohne die Funkyness (ja ist schon lange her) komplett seinen Reiz verloren, zugespachtelter Kaugummipop können sie scheinbar ganz gut (bzw. erfolgreich), aber das reizt mich überhaupt nicht mehr. Mit Wolfgang Amadeus Phoenix bin ich ausgestiegen, der Vorgänger läuft aber auch schon lange überhaupt nicht mehr.

smrr

2022-11-04 23:36:47

Irgendwie eine Diskografie, in der es seit dem 1. Werk konstant bergab geht (schön, dass das hier viele so sehen). "Ti Amo" und das hier - ein maues Niveau. Nett gemachter Pop. Aber wenn man ehrlich ist: Dann doch lieber die neue Taylor Swift . Zwar da auch alles freundlich-winkend-nett, aber bessere Melodien und vor allem Texte.

MrMan

2022-11-04 23:09:57

Gefällt mir besser als Ti Amo und hat auch schon den ein oder anderen Ohrwurm parat.

Armin

2022-10-26 21:01:41- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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