Kid Kapichi - Here's what you could have won

Spinefarm / Universal
VÖ: 23.09.2022
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Der Klassenschwächste

Wenn man in seiner Jugend eines gelernt hat, dann dass es keine dummen Fragen geben soll. Es gibt aber zumindest einen dummen Zeitpunkt für Fragen. Dass die Suchanfragen, was der Brexit eigentlich ist, erst nach der Abstimmung über eben diesen in die Höhe schnellten ist nun wirklich nicht optimal. Wie es ist, mit den sehr realen Konsequenzen leben zu müssen, erzählen die Briten von Kid Kapichi auf ihrem zweiten Album "Here's what you could have won" und sind dabei mal frech, mal witzig, mal traurig und oft ziemlich laut.

Im Opener "New England" lassen sie die Sozialkritik auf bouncenden Drums breitbeinig erst mal nach einer Menge Spaß aussehen: "Get my news from the Daily Star / Get my kicks from the tits and arses / Never mind about social classes / I'll cast my vote regardless." Subtilität steht bei Kid Kapichi nicht im Lehrplan, stattdessen spielt Sänger Jack Wilson mit Punk-Attitüde den Klassenclown und hält den Finger in der einen Jackentasche als Pistolenimitat, während er im Supermarkt die andere Tasche mit dem Nötigsten befüllt. Laternen austretende Gitarrenriffs rennen in den ersten Songs feixend mit ihm die Straße runter. "5 days on (2 days off)" wartet auf den Feierabend – das erwachsene Äquivalent zur erlösenden Schulklingel – und "I.N.V.U." macht sich auf dem Weg ins Wochenende noch so richtig groovend über Leute lustig, die sich zu wichtig nehmen.

Neben populistischem (Punk-)Rock ist die andere Seite von Kid Kapichi die Brit-Pop-Anleihen, die hier und da durchklingen. Die Partygate-Ballade "Party at No. 10" konstatiert lakonisch über das Verhalten von Boris Johnson und Konsorten: "Don't get excited, you're not invited / To the party at number ten / Cause it's one rule for you / And another for them." Kein Wunder, dass Liam Gallagher das gefällt. Auch die fast ironisch wirkende Klavierbegleitung in "Never really had you" dürfte er mögen. Dabei herzschmerzt der Song scheinbar komplett ernsthaft. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, prügelt "Smash the gaff" dann stromdurchflutet wie ein The-Prodigy-Song doppelt für den Klassenkampf und kennt keinen anderen Ausweg mehr: "Baseball bat / Take that / Smash the gaff."

Die Gründe dafür werden im schonungslos ehrlichen großen Finale noch ein letztes Mal ganz frei von Ironie und Humor aufgelistet, damit auch der letzte Zweifel ausgeräumt ist: "Mums and dads are working late / Just to put food on a plate / Eyes are heavy, heads are sore / They don't feel special anymore." Wenn die Rechnungen sich stapeln, der Rentenbescheid nicht mal das Papier wert ist, auf dem er gedruckt wurde, dann kriegt man den Kloß nicht mehr geschluckt. Und dann stellt man besser keine dummen Fragen mehr. Manchmal braucht es den Vorschlaghammer, damit jeder versteht.

(Arne Lehrke)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • New England (feat. Bob Vylan)
  • I.N.V.U.
  • Special

Tracklist

  1. New England (feat. Bob Vylan)
  2. Rob the supermarket
  3. 5 days on (2 days off)
  4. I.N.V.U.
  5. Super Soaker
  6. Party at No. 10
  7. Cops & robbers
  8. Tar pit
  9. Never really had you
  10. Smash the gaff
  11. Special
Gesamtspielzeit: 35:01 min

Im Forum kommentieren

Arne L.

2023-02-28 01:10:03

Auch auf die Gefahr hin, hier einen seltsamen Monolog zu führen: Jo, das war ziemlich nice. Vor allem, meinen aggressiven Lieblingssong "Smash the gaff" als erste Zugabe zu spielen, war genau richtig.

Arne L.

2023-02-27 18:35:30

Find‘s immer noch ziemlich super und werde mir dazu gleich im Badehaus gleich ein paar Bier einverleiben. War lang nicht mehr in einer der kleinsten Locations in Berlin und hoffe, die nehmen die ordentlich auseinander. Ist die richtige Musik dafür.

Armin

2022-10-19 21:18:40- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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