
Easy Life - Maybe in another life
Island / UniversalVÖ: 07.10.2022
Wäre was, wenn?
Easy Life aus dem britischen Leicester haben einst feierlich den ewigen Sommer ausgerufen, ganz getreu dem Motto "Life's a beach", und dazu entspannten (Bedroom-)Indie-Pop geliefert, dem HipHop, R'n'B und eine riesige Portion Soul aus allen Ritzen trieften. Ihr zweites ausgewachsenes Album nach verschiedenen Mixtapes knüpft nahtlos dort an, gibt sich aber deutlicher als zuvor bittersüßer Melancholie hin. Nachdem Alvin und die Chipmunks fröhlich das Intro beschallt haben, eigentlich kaum vorstellbar. Aber der Teufel liegt im Detail: Eine gewisse, jederzeit greifbare Schwermut wohnt dem gesamten Album inne, dessen Titel als direktes Zitat durch gleich mehrere Songs geistert. Auf "Maybe in another life" geht es um verpasste Möglichkeiten, liegen gelassene Chancen und immer wieder um Beinahe-Liebhaber*innen, die sich einfach nicht vergessen lassen. "I hope you found what you were looking for", auch wenn nicht ich es war, ist dann halt so. "Maybe in another life" ist der Kater nach dem großen Knall, richtet die schiefe Krone und macht weiter.
Geschmeidige Singalong-Refrains wie in "Growing pains" oder "Dear Miss Halloway" sind dazu nicht immer vonnöten. "Basement" erinnert gar an verschlafene Billie-Eilish-Songs auf pumpendem Bass und hält den Ball relativ flach, anstatt eine große Party zu feiern. Sowieso brechen Easy Life selten aus, sondern lehnen sich entspannt zurück – die Dinge werden sich schon fügen, wenn nicht jetzt, dann im nächsten Leben. Die Band bleibt Beobachter und Kommentator, läuft allerdings zu Höchstform auf, wenn sie sich wie in "Silver linings" vollends in storytellendem Rap verliert, den sie hier mit Sprachsamples und leicht jazzigen Bläsern garniert. Im Anschluss nimmt "Crocodile tears" gleich direkt an der Bar Platz, und der Whisky fließt in Strömen. "Moral support" liegt danach verkatert am Strand, während sich "Beeswax" schließlich vollends dunkeldüster gibt und stimmungstechnisch den Tiefpunkt von "Maybe in another life" gestaltet. Streicher, Chöre und Fanfaren lassen mitunter an opulente Filmsoundtracks denken, die aber nicht konträr zur grundsätzlichen Laidbackness der Musik stehen.
Auch außerhalb von tragikomischen Romantikanflügen sind die Lyrics von Easy Life in ihren Alltagsbeschreibungen on point und übertrumpfen sich gegenseitig im Augenzwinkern: "Calling in sick on a job I can't lose / Rehearsing my perfectly scripted excuse." The struggle is real. "Memory loss" gewinnt zu sanft angeschlagenen Akkorden diesen albuminternen Wettbewerb mit Abstand: "Should have practiced safer sex / Should have practiced happiness." Es ist eine Freude, Easy Life dabei beizuwohnen, wie sie sich unaufgeregt durch ihr sehr urbanes Soundgeflecht wühlen und dabei messerscharf das Spannungsverhältnis zwischen introspektiver Gefühlsbetontheit und der verrückten Außenwelt ausloten, die auch überzeugteste Slacker einfach nicht in Frieden lassen will. Ihr ewiger Sommer ist zwar neuerdings ein bisschen verregneter ausgefallen, aber man kann schließlich trotzdem das Beste daraus machen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Basement
- Memory loss
- Crocodile tears
- Beeswax
Tracklist
- Maybe in another life
- Growing pains
- Basement
- Dear Miss Holloway (feat. Kevin Abstract)
- Bubble wrap
- OTT (feat. Benee)
- Memory loss
- Silver linings
- Crocodile tears
- Moral support
- Calling in sick
- Beeswax
- Buggin'
- Antifreeze (feat. Gus Dapperton)
- Fortune cookie
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zeckezichter
2024-06-14 09:22:43
Die Band heißt mittlerweile "Hard Life".
diggo
2022-10-12 11:34:09
Gute Platte, ich brauchte aber ein paar Durchläufe, bis ich richtig reinkam. Bietet nicht die Instant Hits, die auf der ersten Platte zu finden waren, aber trotzdem tolle Songs, die Spass machen. Ich mag die im Vergleich zum Debüt etwas düsterere Gesamtstimmung. Bin gespannt, wie das live funktionieren wird. Highlights nach den ersten paar Durchläufen: „Dear Miss Holloway“, „Calling In Sick“ und „Beeswax“
Armin
2022-10-05 20:18:13- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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