Nils Frahm - Music for animals
BMG / WarnerVÖ: 23.09.2022
100% cruelty free
"Wenn ich groß bin, möchte ich so sein wie Nils Frahm: jeweils in höchstem Maße kreativ, strebsam, experimentierfreudig", schrieb ich zu Beginn meiner Rezension zu Nils Frahms "Graz" und muss an dieser Stelle, rund eineinhalb Jahre später, zugeben, dass ich meine Worte ein wenig bereue. Nicht etwa, weil ich nicht immer noch dringend so fleißig sein möchte wie Nils Frahm. Oder weil ich mit Mitte 30 endlich entschieden hätte, dass ich doch längst groß bin. Sondern vielmehr weil ich glaube, dass ich damit womöglich schlafende Hunde geweckt habe.
Es könnte doch sein, dass Frahm über irgendein merkwürdiges telepathisches Gedankenkonstrukt jene Worte in seinem Unterbewusstsein vernommen und fälschlicherweise als spöttisch angesehen hat. Möglich wär's! Und dass er sich dann dachte, dass er es dieser rotzfrechen Depner von Plattentests.de jetzt mal so richtig zeigt, indem er sein erstes Album mit neuem Studiomaterial seit "All melody" und dem dazugehörigen Sequel "All encores" veröffentlicht und auf ebendiesem einfach mal über drei Stunden Musik raushaut. Jepp. Richtig gelesen. Über drei Stunden. Da weiß man zu Beginn, dass es sich hier nicht um irgendeine neue Sammlung irgendeines Künstlers mit irgendwelchen Songs handelt. Und doch sind solche Alben selten die schönsten einer Diskografie, wenngleich sie freilich herausragend ist. So ist es auch in diesem Fall. Es gibt hier keine Highlights. Das Gesamtwerk ist das Highlight.
"Music for animals", wie gesagt der erste neue Output seit je nach Sichtweise 2018 oder 2019, enthält gerade mal zehn neue Stücke, über die sich über 186 Minuten Spielzeit erstrecken. Es ist wohl nun soweit: Frahm hat den Verstand verloren. Ein Glück! Denn natürlich ist das ganz großes, hochinteressantes, fast schon megamusikalisches Kino, und falls es diesen Begriff nicht schon geben sollte, müsste er für genau diese Platte erfunden werden. "Music for animals" ist Kunst, nicht nur für Tiere, sondern für alle. Und alles. Bei einem Album, auf dem der kürzeste Track "Right right right" immerhin noch 7:26 Minuten auf die Uhr bringt, und der längste ein 27-Minüter mit dem augenzwinkernden Titel "Briefly" ist, weiß man eigentlich genau, was man bekommt. Und doch auch nicht. Und von allem ist es etwas mehr. Oder weniger.
Klingt verwirrend? Ist es, und soll es auch sein. Denn Tatsache ist auch, dass man über dieses Album so viel und so wenig schreiben kann, wie man möchte. Über drei Stunden Neoklassik, großzügig vermengt mit Ambient, lassen sich schwer beschreiben. Und "Music for animals" sollte ohnehin gehört werden. Es verhält sich in etwa so wie 2015 mit Max Richters "Sleep", nur natürlich um 318 Minuten gekürzt: Auf so etwas muss man sich einlassen. Oder man sitzt es einfach aus. Wobei das natürlich ein Fehler wäre. Denn eines ist mittlerweile sonnenklar, dreistündige Alben hin oder her: Nils Frahm ist nicht nur längst groß, sondern einer der größten seiner Generation.
Highlights & Tracklist
Highlights
- -
Tracklist
- The dog with 1000 faces
- Mussel memory
- Seagull scene
- Sheel in black and white
- Stepping stone
- Briefly
- Right right right
- World of squares
- Lemon day
- Do dream
Im Forum kommentieren
peter73
2022-09-26 15:27:20
habs geschafft, dieses monstrum (was ich positiv meine) einmal durchzuhören. bewerten kann ich das aber (noch) nicht...
schade ist, dass das konzert in wien am 1. 10. leider schon ausverkauft und münchen an einem sonntag suboptimal ist. tja. pech gehabt :(
Martinus
2022-09-25 19:46:08
*Briefly
Martinus
2022-09-25 19:45:28
Jetzt weiss ich auch endlich woran mich Briefing erinnert.
An Rundgang um die transzendentale Säule der Singularität von Burzum
VelvetCell
2022-09-24 12:30:55
Ach Mann – habe nicht bekommen, dass er auf Tour geht. Jetzt ist Hamburg schon ausverkauft. Damn!
Guter Artikel übrigens in der FAZ:
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/der-pianist-nils-frahm-beginnt-in-berlin-seine-welttournee-18338194.html
Quirm
2022-09-23 08:21:32
Das ist jetzt auch kein Album, von den ich erwarte, das ich das am Stück höre. Muss man ja auch nicht. Das ist ja das schöne an Vinyl. Da kann ich dann 25 Minuten abtauchen und wenn ich dann noch Bock auf mehr hab, leg ich die andere Seite auch noch auf.
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