
Tom Chaplin - Midpoint
BMG / WarnerVÖ: 02.09.2022
Des Pudels Kern
2022 nahm Tom Chaplin an der britischen Ausgabe der Erfolgsshow "The Masked Singer" teil. In dieser treten bekannte Persönlichkeiten in bunten Kostümen auf, und eine Jury versucht herauszufinden, wer sich hinter der Maskierung verbirgt. Chaplin performte als Pudel, mit lustigen gelb-pinken Ohren und grünen Puschel-Füßen. Die Juroren erkannten seine Stimme nicht und ordneten sie dem Sänger Mika zu. Selbst als die Maske fiel und seine Identität enthüllt war, fragten sich auf Twitter viele Zuschauer*innen, wer zur Hölle dieser Typ sei. Das beschreibt das Standing von Tom Chaplin ganz gut: Er ist berühmt genug, um zu solchen Formaten eingeladen zu werden, aber für die breite Masse ist er trotzdem ein Unbekannter. Anfang der 2000er war Chaplin mit seiner Band Keane noch dabei, den Pop-Olymp zu erklimmen und Coldplay vom Thron zu stoßen. Das Debüt "Hopes and fears" war ein riesiger Erfolg, der Nachfolger "Under the iron sea" zumindest ein Verkaufsschlager. Dann folgte der Absturz des Lead-Sängers. Er verlor sich in Alkohol- und Drogensucht, es wurde still um ihn und seine Bandkollegen. Diese harten Zeiten hat Chaplin hinter sich. Keane feierten mit dem Album "Cause and effect" im Jahr 2019 ihr Comeback, Tom Chaplin selbst veröffentlicht nun sein drittes Soloalbum.
Der 43-Jährige greift dabei auf Altbewährtes zurück, und das heißt bei ihm konkret: eine unbestritten wunderbare Gesangsstimme, aber auch viel Bombast und Kitsch. Dass bei dieser Mixtur auch was Gutes entstehen kann, beweist Chaplin direkt mit dem ersten Track "All fall down". Virtuoses Klavierspiel und Geigen eröffnen diese herzzerreißende Ode an das kollektive Scheitern und Wiederaufstehen. Der Engländer sorgt mit seiner intensiven Stimme für Gänsehaut. Der Song ist aber auch der stärkste Song des Albums. Zu oft klimpern sich Tracks wie "Colourful light" oder "Rise and fall" in die nette Bedeutungslosigkeit. Beim Titeltrack wird man erst gegen Ende aus dem wohligen Schlaf gerissen, durch den Einsatz von Gitarre, Schlagzeug und mehrstimmigem Gesang. Das, für ein Album voller Herzschmerz, obligatorische Trennungslied heißt lapidar "It’s over" und bietet textlich wenig Überraschendes: "Now every time I see your face / My heart breaks in a different place." Es finden sich jedoch auch kleine Highlights auf "Midpoint". Bei "Stars align" zeigt Chaplin, was er gesangstechnisch drauf hat, "Gravitational" ist eine abwechslungsreiche Indiepop-Nummer, und bei "Gonna run" lässt Chaplin seinem inneren Freddie Mercury freien Lauf. Der Song entwickelt dabei fast Musical-Charakter.
Ob es mit Keane weitergeht, weiß keiner so recht. Dass der Brite mit seinem neuen Soloalbum endlich die breite Masse erreicht, darf bezweifelt werden. Nach all den turbulenten Jahren scheint es Chaplin sowieso mit seinem stimmlichen Bruder im Geiste, Mika, zu halten, der in einem seiner bekanntesten Songs singt: "Relax, take it easy." Wer als bunter Pudel in einer Show auftritt, hat dieses Credo wohl längst verinnerlicht.
Highlights & Tracklist
Highlights
- All fall down
- Stars align
- Gonna run
Tracklist
- All fall down
- Rise and fall
- Black hole
- Stars align
- Colourful light
- Gonna run
- It's over
- Midpoint
- Panoramic eyes
- Gravitational
- New flowers
- Cameo
- Overshoot
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nörtz
2022-09-14 21:11:12
Ja, der Song ist wirklich super!
köttbullar
2022-08-27 13:05:55
Wie Hammer muss dieses Album sein wenn Gravitational NICHT unter den Highlights ist? Ich bin gespannt.
Armin
2022-08-26 10:54:53- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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