Mantar - Pain is forever and this is the end
Metal Blade / SonyVÖ: 15.07.2022
Gegen die Wand
Eigentlich hatte man sich bei Mantar schon an so vieles gewöhnt. Da kam so eine Zwei-Mann-Band daher, machte im Grunde genommen alles selbst und hinterließ dabei nicht nur gnadenlos zerstörerische Alben wie 2018 "The modern art of setting ablaze", sondern auch rauchende Trümmer dort, wo einst eine Bühne war. Nur um die Dimensionen nochmal zu bekräftigen – wir reden hier von sechs in Reihe geschalteter Verstärker. Und über diese akustische Druckwelle hinweg kreischte Gitarrist und Frontmann Hanno Klänhardt dermaßen enthemmt, dass jegliche Gesangslehren komplett ad absurdum geführt wurden. Und dann tauchen die ersten Aufnahmen zu einem Album mit dem dezent nihilistischen Titel "Pain is forever and this is the end" auf, und das Rätselraten beginnt. Wo ist der Krach hin? Werden Mantar plötzlich melodisch? Werden Klänhardt und sein Schlagzeuger Erinç Sakarya jetzt vom Mainstream weichgespült?
Nun, im Nachhinein hätte die 2020 veröffentlichte Cover-Compilation "Grungetown hooligans II" ein Fingerzeig sein können. Denn die beiden gebürtigen Bremer frönten schon dort ihren musikalischen Wurzeln, indem sie ein paar Klassiker des Grunge-Undergrounds wie "Puss" von The Jesus Lizard durch ihre Sound-Dekonstruktion wolften. Krach? Schön und gut, aber nicht um des Krachs Willen. Und deswegen ist "Egoisto" eben so ein begeisternder Opener. Ein bisschen mehr Luft in der Produktion, und schon hört man dezente Nuancen in den Riffs, bevor Klänhardt wieder Vollgas gibt und Sakarya mit seinem brutal-wuchtigen Schlagzeugspiel alles niederprügelt, was sich ihm in den Weg stellt.
Das folgende "Hang 'em low (So the rats can get 'em)" hat gar das Zeug, "Era borealis" als ewigen Hit des Duos abzulösen. Sinistrer Dark Metal versprüht eine wunderbar düstere Stimmung, und im Refrain versucht sich Klänhardt gar an Melodien – wenn das Teil live nicht erbarmungslos zündet, dann läuft irgendwas fundamental falsch. Und wenn wir schon einmal bei Hooks sind, dann vermitteln Mantar bei "Grim reaping" eine kühne Vorstellung davon, wie es denn wäre, wenn AC/DC plötzlich mit Nergal von Behemoth als Frontmann auflaufen würden. Faszinierend. Genau so spannend im übrigen wie "New age pagan" mit seiner Post-Punk-Schlagseite oder der stockfinstere Abschluss "Odysseus", der Klänhardt plötzlich von einer zerrissenen, verletzlichen Seite zeigt und damit sinnbildlich für die Entstehung dieses Album ist.
Denn irgendwann im Songwriting-Prozess war nichts mehr richtig im Hause Mantar. Songs wurden geschrieben und wieder verworfen, gemeinsame Sessions in Deutschland funktionierten genauso wenig wie die coronabedingt getrennte Arbeit in den Homestudios Gainesville, Florida und Hamburg. Es spricht für die Freundschaft von Klänhardt und Sakarya, dass sich die beiden Musiker von selbst aus diesem Dilemma befreien konnten. Und dabei nicht etwa auf altbekannte Muster verfielen, sondern sich statt dessen sogar stellenweise neu erfinden konnten. Das macht Mantar natürlich nicht plötzlich zu einer Mainstream-Band mit extremem Gesang, dafür geht vor allem der Mittelteil des Albums schön kompromisslos direkt auf Kehle. Doch eine Hook hier und etwas mehr Feinsinn dort sind dezente Anpassungen im Sound, die dem Duo verdammt gut zu Gesicht stehen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Hang 'em low (So the rats can get 'em)
- Grim reaping
- Odysseus
Tracklist
- Egoisto
- Hang 'em low (So the rats can get 'em)
- Grim reaping
- Orbital pus
- Piss ritual
- Of frost and decay
- Walking corpse
- New age pagan
- Horder
- Odysseus
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Socko
2022-08-01 11:15:17
Tolle neue Platte. Ist tatsächlich die beste, danach die davor und die St.. Pauli sessions. Die Band erinnert mich ein wenig an eine noch grooovigere Version von entombed.
kiste
2022-07-19 10:15:39
Warum auch immer, hehe ;)
Passierte mir mal mit den „Toten Hosen“, das war richtig gruselig. Achja, war ein Festival mit Megadeath, AC/DC und noch welchen. Ich wollte nur zu AC/DC und wusste nichts von einem Festival…
SammyJankis
2022-07-19 10:07:08
Hab die (warum auch immer) 3-4 live gesehen, hat mich da auch nicht wirklich abgeholt. Besser als auf Platte aber auf jeden Fall.
kiste
2022-07-19 10:04:36
Für mich speist sich die bisherige Faszination aus der unglaublichen Energie, die das Duo entfesselt. Vor allem gefielen mir die St. Pauli Sessions, die haben mich richtig weggeblasen. Auf Platte kommt das leider nicht so toll rüber und Live konnte ich die auch noch nicht erleben.
SammyJankis
2022-07-19 09:43:21
Ich habe noch nie verstanden, wieso diese Band so erfolgreich ist. Mit dem Hören der neuen Platte ist mein Unverständnis nur noch größer geworden.
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