Razz - Everything you will ever need

The Orchard
VÖ: 15.07.2022
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Laues Lüftchen

2015 haben Razz einen mehr als umwerfenden Start aufs Parkett gelegt: blutjung, vom Land, aber mit einer ausgewachsenen Indie-Rock-Variante in den Händen, der man die mittleren britischen Zweitausender genauso anhörte wie deren zugrundeliegende Post-Punk-Wurzeln. "Everything you will ever need" ist der nunmehr dritte Streich der zwischenzeitlich nach Berlin migrierten und längst den Kinderschuhen entwachsenen Band. Was ist von den Vorschusslorbeeren geblieben? Legt das Quartett nun sein "In this light and on this evening" vor? Keineswegs, denn Razz haben zwar die Stellschrauben deutlich justiert, bewegen sich aber immer noch innerhalb ewig jugendlichen Indie-Post-Punks, den sie heute mehr denn je auf Stadion und Radiotauglichkeit trimmen. Wobei "Post-Punk" dem Kern der Sache daher eigentlich auch gar nicht mehr gerecht werden will: Pop is the word!

Es drängt sich die Vermutung auf, dass Songwriting und Zielgruppe nicht mit den Musikern mitgealtert sind. Fluffige Sommerhits wie "Corner" oder "Lately" sind wie gemacht für sonnige Nachmittage auf den mittelgroßen Festivals, auf die der ganze Abi-Jahrgang nach den Prüfungen fährt und die nun endlich wieder stattfinden können, nachdem zwei Jahre Pandemie die beste Zeit des Lebens ein wenig getrübt haben. Im Semi-Titeltrack "Everything I'll ever need" gibt es gar ein wenig gesampeltes Schulfranzösisch für die entsprechenden Leistungskurse: Es ist Sommer, alors on danse! Razz, denen der ganz große Durchbruch immer verwehrt geblieben ist, wollen es wissen und opfern ihre Ecken und Kanten der konsequenten, mitunter verbissenen Pop-Ambition. Da ist grundsätzlich nichts gegen einzuwenden, genauso wenig wie gegen Synthies und Eingängigkeit. Was jedoch auf der Strecke bleibt, ist der Druck.

Niklas Keiser variiert seine Vocals im Rahmen seiner Möglichkeiten, kippt immer öfter mal ins Falsett und ist mittlerweile auch endlich so alt, wie er klingt. "Conrad 1969" und "Like you" sind bereits von der 2020er EP "Might delete later" bekannt und verglichen mit den Neuzugängen noch ein Stückchen zackiger unterwegs. Auch in "Talking for hours", das schließlich doch waviger und mit aufbrausender Gitarre daherkommt, schimmern die ersten beiden Platten durch. Die Band spielt dazu tight wie ein Uhrwerk, und auch die Produktion von Dennis Borger und Fabian Langer, der unter anderem mit Slut und AnnenMayKantereit gearbeitet hat, sitzt wie angegossen. Aber Kompositionen wie "Lately" oder "Nightfall" sowie die unbedingte Club-Pose "All about the end" langweilen.

Dass der Vierer noch unter die Haut gehende und erhabene Songs wie das großartige "Since" aufzubringen imstande ist, zeugt vom alten Talent, das auf "Everything you will ever need" ansonsten zu verblassen scheint. Das große Finale "Lost in the woods" erinnert zwar ein wenig an Linkin Park (!) in ihrer EDM-Phase, überzeugt allerdings durch sphärische Schlieren und Trip-Hop-Getrommel, und auch "Red & blue" mit seinem zwiebelnden Sirenen-Synthie und Dancefloor-Refrain gehört auf die Habenseite. Zwischen diesen Höhepunkten geht Razz dummerweise oftmals die Luft aus. Album Nummer drei ist als Ganzes somit harmlos und nett geraten, und ein paar Slots vor dem Headliner werden die vier auf der Nebenbühne nicht stören, wenn das Wetter hält und man noch genügend Pfandbons für ein neues Bier in der Hosentasche findet. Vor sieben Jahren hatte man noch von ganz anderen Dingen träumen dürfen.

(Ralf Hoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Red & blue
  • Since
  • Lost in the woods

Tracklist

  1. Corner
  2. Red & blue
  3. Everything I'll ever need
  4. Lately
  5. Like you
  6. Since
  7. 1969 Conrad
  8. Talking for hours
  9. Rome
  10. Nightfall
  11. All about the end
  12. Lost in the woods
Gesamtspielzeit: 39:10 min

Im Forum kommentieren

Blanket_Skies

2022-07-05 22:19:32

Super erstes Album. Dann aber komplett aus den Augen verloren. Bin gespannt und werd direkt das Zweite und Dritte nachholen.

Armin

2022-07-04 19:33:46- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Blanket_Skies

2022-01-17 13:29:17

Super erstes Album. Dann aber komplett aus den Augen verloren. Bin gespannt und werd direkt das Zweite nachholen.

Armin

2022-01-14 18:59:38- Newsbeitrag

Die Indie-Band Razz kündigt mit "Everything You Will Ever Need" ihr drittes Studioalbum für den 03. Juni 2022 an. Heute erscheint mit "Red & Blue" die zweite Single, mit der sie auch die zweite Episode ihres Kurzfilms präsentieren.

Berlin, 14.01.2022
Zwei Studioalben und rund 400 gespielte Shows, darunter eigene Headline-Tourneen und große Festivals wie das Hurricane Festival, Lollapalooza und Rock am Ring. Zwischen Bühne, Studio und Proberaum bleibt kaum Zeit, um Erlebtes zu reflektieren. Seit der Gründung von Razz sind mittlerweile zehn Jahre vergangen und plötzlich ist da die Tatsache, dass die grenzenlose Unbeschwertheit einer jungen Nachwuchsband kein ewiger Zustand sein kann.

Nach ereignisreichen Jahren als Band und einem gemeinsamen Umzug nach Berlin sind Niklas, Christian, Lukas und Steffen mittlerweile weit genug, um schon etwas erreicht zu haben, aber gleichzeitig noch an einem Punkt, an dem die Zukunft noch alles zu bieten hat. Eine Stimmung des Aufbruchs, die die Existenz in einer Welt voller Möglichkeiten mit sich bringt. Gleichzeitig beginnt man aber auch Entscheidungen zu hinterfragen, die man in der Vergangenheit getroffen hat und für die Zukunft noch treffen muss.



„Everything You Will Ever Need“ ist das dritte Studioalbum von Razz und markiert den Punkt, an dem sich die Band den Erfahrungen ihres bisherigen Lebens stellt. Die neue Platte verkörpert das Zentrum all der Emotionen, die in den vergangenen Jahren zum Leben erweckt wurden. Es ist die Auseinandersetzung mit sich selbst und ein Blick auf die eigene Persönlichkeit, die nur wachsen kann, wenn man sich eigene Fehler eingestehen und verzeihen kann.



Mit der zweiten Single „Red & Blue“ befreit Razz sich aus einer Zeit, in der Schreibblockaden die Kontrolle übernommen haben und Selbstzweifel zum Verhängnis zu werden drohen. Es sind Erwartungen von außen, aber auch ein innerer Druck, welche die Macht haben, Kreativität nahezu vollständig außer Kraft zu setzen. Genau an diesem Punkt übernimmt Razz die Kontrolle zurück und macht sich das Unperfekte zum eigenen Stilmittel. „Red & Blue" ist die Karthasis, durch die es gelingt, von inneren Spannungen und Konflikten loszulassen. Gleichzeitig aber auch die Erlösung vom äußeren Erwartungsdruck, den man ohnehin nie restlos erfüllen kann.

Verantwortlich für den Sound der neuen Platte ist erneut das Produzentenduo Fabian Langer und Dennis Borger, mit denen sie bereits bei der EP „Might Delete Later“ zusammengearbeitet haben. Irgendwo zwischen Melancholie und Leichtigkeit, zwischen fesselnden Gitarrenriffs, sphärischen Synthies und eingängigen Hooks, haben sie ihren vielschichtigen Sound reifen lassen und ihn mit einer unverkennbaren Zwanglosigkeit bereichert.

Mit „Everything You Will Ever Need“ sprechen Razz aus der Seele einer Generation, die sich gerade inmitten von Identitätskrisen und Unsicherheiten befindet. Bevor der Blick sich auf die großen Ziele richtet, gilt es für Razz erst einmal, kleinere Schritte zu gehen, mit sich selbst im Reinen zu sein und sich von dem Irrtum zu trennen, dass man als Mensch alles richtig machen kann.
"Everything You Will Ever Need" von Razz erscheint am 03. Juni 2022.

Tourdaten:
27.05.2022 Osnabrück, Lagerhalle
28.05.2022 Köln, Luxor
30.05.2022 Dortmund, FZW Club
31.05.2022 Stuttgart, Wizemann Club
01.06.2022 Zürich, Kater
02.06.2022 Wien, Chelsea
03.06.2022 München, Ampere
05.06.2022 Frankfurt, Zoom
06.06.2022 Leipzig, Naumanns
07.06.2022 Dresden, Groovestation
08.06.2022 Berlin, Hole 44
09.06.2022 Hamburg, BHF Pauli


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