Bartees Strange - Farm to table

4AD / Beggars / Indigo
VÖ: 17.06.2022
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Alles kann, alles muss

Die große Frage, die sich mit dem zweiten Album von Bartees Strange, der im sogenannten richtigen Leben zwar tatsächlich Bartees mit Vornamen, jedoch nicht Strange mit Nachnamen heißt, die große Frage also, die sich im Zuge der neuen Platte stellt, lautet: Wird das nun was mit dem großen Durchbruch? Das Zeug dazu hat der in England geborene, aber in Washington D.C. lebende Musiker allemal. Seine Songs sind so volatil wie abwechslungsreich, pendeln zwischen fiebrigen Clubnummern und akustischen Halbballaden. Auch "Farm to table", der hier zur Diskussion stehende Nachfolger des 2020 erschienenen Debüts "Live forever", kann und will sich überhaupt nicht festlegen. Ein Album, wie eine bunte Tüte Süßigkeiten im übervollen Freibad: Es gibt die vollmundigen Kalorienbomben, die sauren Center Shocks und zwischendrin die vielleicht für die bunten Tüten dann doch nicht sehr typischen bitteren Pillen. Im Großen und Ganzen sollte also für jeden etwas dabei sein.

Da ist zu Beginn der kurzweiligen Platte das funkensprühende Melancholie-Feuerwerk "Heavy heart": Mit welcher nonchalanten Fahrlässigkeit Strange den vermutlich größten Song seiner bisherigen Karriere ganz ans Anfang des Albums stellt, ist schon bemerkenswert. Es geht direkt ans Eingemachte: Zu einer Bloc-Party-Gedächtnismelodie schmachtet Strange über die vielfältigen Gründe, deretwegen man ein schwer pochendes Herz haben könnte. Im Verlauf entwickelt sich die Nummer doch nicht zur Herzschmerzballade, sondern wagt sich mit kraftvollem Rhythmus aus der wohlig-weichen Komfortzone. Nur um im nächsten Song "Mulholland Dr" den gleichen Trick nochmal zu versuchen: Sehnsuchtsvoll klingende Gitarren, mit denen sich Strange den Schwermut von der Seele spielen möchte, stehen hier im Fokus, die Arrangements klingen kristallklar und nach tiefblauer Nacht. Dass er aber auch einen ganz anderen Sound im Tank hat, zeigt er mit der minimalischen Alternative-HipHop-Nummer "Cosigns", die recht lässig und unter Zuhilfenahme von dunkel schimmernden Beats mit dem angestammten Sounddesign bricht und einen Keil in den Fluss des Albums schlägt. Muss man mit klarkommen.

Auf "Farm to table" zeigt Strange all seine Facetten und das ist natürlich Segen und, wenn man so will, "Fluch" zugleich, denn eine kohärente Albumerzählung stellt sich so mitnichten ein. Die Platte wirkt eher wie ein Mixtape, ein Portfolio, das die Möglichkeiten des Künstlers aufzeigen soll. "Wretched" zum Beispiel reißt mit seinem stampfenden Beat die Hütte ein. Hier liefert der US-Amerikaner eine astreine Club-Nummer, die selbst nach, sagen wir mal, einem Macklemore-Track nicht sonderlich aus der Reihe fallen würde. "Hold the line" hingegen gefällt sich in der Rolle als atmosphärischer Soul-Song, der das Tempo mal so ganz rausnimmt. Und auch dieses Kostüm steht Bartees Strange gar nicht mal so komisch. Wenn er sich nun für eine der diversen Richtungen entscheiden würde, bekäme man wohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Album, das in der jeweiligen Sparte den Durchbruch für ihn als Musiker bedeuten könnte. Denn mit "Farm to table" stellt er unter Beweis, was er alles beherrscht. Doch möglicherweise würde man letzten Endes dann genau das vermissen, was man jetzt noch "Durcheinander" nennt. Strange!

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Heavy heart
  • Hold the line
  • Black gold

Tracklist

  1. Heavy heart
  2. Mulholland Dr
  3. Wretched
  4. Cosigns
  5. Tours
  6. Hold the line
  7. We were only close for like two weeks
  8. Escape the circus
  9. Black gold
  10. Hennessy
Gesamtspielzeit: 34:20 min

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musie

2023-03-11 19:23:28

ist dann im Herbst Opener für The National

Loketrourak

2023-03-11 09:32:11

Echt ne gute Platte, wollte ich schon in die vergessenen Perlen schreiben, aber ist ja doch rezensiert worden.

Armin

2022-06-10 11:10:09- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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