Stars - From Capelton Hill

Last Gang / Bertus
VÖ: 27.05.2022
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Nächtlicher Tango

Steile These: Stars sind die Fleetwood Mac unserer Zeit. Na gut, ganz so ikonisch und weltumspannend populär wie Stevie Nicks, Lindsey Buckingham und Co. ist die kanadische Band freilich nicht, aber gewisse Parallelen liegen doch auf der Hand. Beide Bands spielten ab einem gewissen Punkt in ihrer Karriere maximal eingängigen Pop-Rock, dessen besonderer Reiz oftmals in seiner berauschenden Vielstimmigkeit lag. Beide Gruppen ergründeten mit feinem Blick und beißender Ironie die Abgründe moderner Paarbeziehungen und schrieben auf drei Minuten verdichtete Liebesdramen, die es wahrlich in sich hatten. Bei Stars handelten die besten Songs so zum Beispiel von toten Ex-Liebhabern, Date-Partnern, die kurzfristig einen Rückzug machen, oder zwei Liebenden auf dem gemeinsamen Weg zu politischen Ausschreitungen. Mit "From Capelton Hill", ihrem nunmehr neunten Studioalbum, fügen Stars ihrer Diskografie einige weitere hochemotionale Geschichten hinzu. Spoiler-Alarm: Es ist ihr bestes Album seit mindestens 2010.

Das mag zu einem Teil daran liegen, dass Stars sich wieder mehr auf ihr formidables Pop-Händchen verlassen. Waren auf den Vorgängerplatten auch verstärkt Dance- und Electro-Elemente Teil des Sounds, fokussieren sich Torquil Campbell, Amy Millan und ihre Mitstreiter nun wieder vermehrt auf ihre Kernkompetenz: Ihr sanft rockender Pop-Entwurf ist in den besten Fällen dynamisch getrieben, durchsetzt von Piano und Keyboards, während sich die Stimmen der beiden Frontleute umgarnen und wieder abstoßen, in wechselseitiger Verzückung. Im Quasi-Titelsong "Capelton Hill" kulminieren all jene Ingredienzien, für die man Stars so schätzt, dann zu einem Schmelztiegel der Schönheit: Pathos-geladen musizieren sie sich durch dieses immer wieder Anlauf nehmende Kleinod, der Wechselgesang wie so oft eine Bank. Doch neben euphorischem Aufgalopp gehörten auch schon immer die besonders traurigen Balladen zum Portfolio der Band. Mit "Snowy owl" gelingt ihnen ein äußerst eindrücklicher Tränenzieher, der, ans Ende der Platte platziert, einen schwermütig-melancholischen Abschluss darstellt. Die Gitarre wird nur gezupft, zarte Streicher verirren sich in dieses opake Soundgemälde. Viel mehr passiert nicht, jedweder Fokus liegt auf den zwei Stimmen, die ihre desperaten Zeilen vortragen.

Ansonsten gibt es in raren Momenten zarte Überraschungen: "I need the light" startet mit einem astreinen Gorillaz-Vibe, kriegt aber noch rechtzeitig die Kurve und entwickelt sich zum schmeichelhaften Indie-Schunkler. Und auch im vorwärts drängelnden "If I never see London again" dominieren pulsierende Beats. Doch im Großen und Ganzen ist "From Capelton Hill" eine eher intime, reduzierte Platte, die den Fokus wieder mehr auf den klassische Instrumentenkasten lenkt. Das wird deutlich im schön arrangierten Opener "Palmistry", der sich auch auf einem der beiden Stars-Meisterwerke der mittleren Nullerjahre eine gute Figur gemacht hätte. Millans und Campbells Vocals tanzen hier ihren ganz eigenen, nächtlichen Tango, Streicher verzieren den klanglichen Background, während die stoischen Drums die Nummer vorsichtig puschen. Dass manch ein Song wie die Vorabsingle "Build a fire" vielleicht etwas zu viel melodiösen Zuckerguss abbekommen hat, lässt sich letzten Endes dann wirklich verkraften. Denn derlei Kritikpunkte mussten sich schließlich schon ganz andere Bands gefallen lassen. Wer könnte damit nun wohl gemeint sein?

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Palmistry
  • Capelton Hill
  • Snowy owl

Tracklist

  1. Palmistry
  2. Pretenders
  3. Patterns
  4. Back to the end
  5. That girl
  6. Build a fire
  7. Capelton Hill
  8. Hoping
  9. To feel what they feel
  10. If I never see London again
  11. I need the light
  12. Snowy owl
Gesamtspielzeit: 46:04 min

Im Forum kommentieren

Gordon Fraser

2024-08-07 05:54:46

Der Einstieg mit "Palmistry" und "Pretenders" ist wunderschön, danach wird es ein bisschen mehr hit and miss, aber trotzdem das beste Album der Band für mich seit "Bedroom".

Hoschi

2022-05-31 13:39:35

Schließ mich direkt Konsul an.
Ein Album mit gutem Fluss aber absolut keine Songs die hängen bleiben.
Das gilt natürlich auch nach unten. Schlechte Songs gibts nicht.
I need a light wäre wohl als kleines Highlight zu nennen.

Aktuell eine harte 6/10

Konsul

2022-05-27 15:47:13

Stimmiges, gutes und solides Album ohne Ausfall, aber auch ohne Hitsingle. Ich mag besonders, wenn die beiden im Duett singen, passt wie die Faust auf s Auge. Eine wohlwollende 7/10, weil ich die Gruppe einfach gern höre.

Armin

2022-05-26 20:43:54- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Kai

2022-04-27 20:04:24

Bester Song bis jetzt von allen neuen.
Ich hätte gern das Vinyl in der grünen Version aber das scheint es nur in Kanada und den USA zu geben.

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