C Duncan - Alluvium

Bella Union / PIAS / Rough Trade
VÖ: 06.05.2022
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Allgemeine Verunsicherung

Das neue Album von Chris Duncan zu hören, fühlt sich an, wie vor einem Ouija-Brett zu sitzen und auf die Antwort auf die entscheidende Frage zu warten: Sind deine Absichten gut oder böse? Denn die geisterhafte Musik auf "Alluvium" sendet gemischte Signale. Natürlich ist da immer noch die einfühlsame Stimme des Schotten, doch wie oft hat eine dämonische Erscheinung nicht schon mit schmeichelhaftem Säuseln gelockt, um dann umso perfider zuzuschlagen?

So ganz ernst ist das freilich nicht gemeint, hat Duncan doch auf seinen bisherigen drei Alben gezeigt, dass er mit seinen warmen Pop-Miniaturen Trost spenden und aufmuntern kann. Trotzdem deutet sich auf "Alluvium" immer wieder subtil ein bevorstehender Kataklysmus an, den sein Verkünder gar nicht unbedingt ablehnt, wenn er direkt zu Beginn anbietet: "We're at the end / I'll get it all worked out / If you want me to." Wenig später sieht er gar den Himmel und das Paradies vor sich und wartet darauf, dass die Glocke läutet. Wie positiv und optimistisch sich das alles anfühlt, weil es mit gefühlvollen Kompositionen unterlegt ist, kann irritieren. Ob Klavier oder Gitarre, alles fließt in die flächigen Schichten aus freundlichen Synthies, lächelnden Streichern und anderen zuvorkommenden Elementen ein. Und plötzlich ist da doch wieder das undurchschaubare Piano-Interlude "Lullaby", dem ganz wie einem Film von Guillermo del Toro etwas Schönes und doch Unheilvolles innewohnt.

Es ist kurios und gleicht ein wenig einer Verschwörungstheorie – aber hat man die Zeichen erst mal wahrgenommen, sind sie plötzlich überall. Denn Duncan singt auch von Verlust, singt von den Leuten, die auf dem Weg verlorengegangen sind und nicht mehr vorbeikommen. Vielleicht konstatiert er deshalb auch von "Sad dreams" geplagt kurz vor Ende: "It's time to leave the Earth / Grab your overcoat and lock the door." Was aber eigentlich alles sehr traurig klingen könnte oder müsste, wirkt musikalisch gar nicht so. Es gibt mit "Pretending" eine launige Uptempo-Indie-Pop-Nummer und "I tried" tanzt mit für Duncan fast schon aufdringlicher Melodie zu 80er-Synthesizern. Es ist diese seltsame Diskrepanz zwischen Wort und Klang, die eine faszinierende Anziehung ausstrahlt. Auch wenn man die Frage, ob die Absichten der geisterhaften Erscheinung gut oder böse sind, nicht abschließend beantwortet bekommt, ist die Aussicht doch zu verlockend. Und vielleicht geht es auch deswegen lächelnd auf den Untergang zu, wenn es im abschließenden "Upon the table" heißt: "And some will come and some will go / And some will stay forever / All the colours of the world / Will softly blend together."

(Arne Lehrke)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Air
  • Sad dreams
  • Earth

Tracklist

  1. Air
  2. Heaven
  3. We have a lifetime
  4. Bell toll
  5. Lullaby
  6. Torso
  7. Pretending
  8. You don’t come around
  9. I tried
  10. Sad dreams
  11. Alluvium
  12. Earth
  13. The wedding song
  14. Upon the table
Gesamtspielzeit: 45:59 min

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Armin

2022-05-26 20:40:51- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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