Pure Reason Revolution - Above cirrus

InsideOut / Sony
VÖ: 06.05.2022
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Himmelhoch jauchzend

Das war dann wohl mal ein gelungenes Comeback. So plötzlich, wie sie von der Bildfläche verschwanden, waren Pure Reason Revolution wieder da, und "Eupnea" zeigte 2020 Jon Courtney und Chloe Alper in einer Verfassung, mit der so nicht zu rechnen war. Zumal Courtney in der Zeit schwer mit privaten Sorgen zu kämpfen hatte, war die Geburt seiner Tochter doch von massiven Komplikationen begleitet. Umso erstaunlicher, dass es ihm gelang, diesen Schicksalsschlag auf der einen Seite in den wohl persönlichsten Lyrics der Band überhaupt zu verarbeiten, diesen Seelenstriptease aber in diese leichtfüßig federnen Arrangements zu verpacken, mit denen Pure Reason Revolution überhaupt erst ihren herausragenden Ruf begründen konnten. Es ist anscheinend doch so, das Hindernisse nicht immer bremsen, sondern auch neue Wege aufzeigen.

Einen solchen neuen Weg stellt auch "Above cirrus" dar. Denn so brillant "Eupnea" auch war, konnten die Songs pandemiebedingt nie live performt werden. Und als sollte sich Geschichte wiederholen, entstand aus der Situation nicht nur das fünfte Studioalbum der Briten, sondern auch eine weitere Reunion – nämlich der Wiedereinstieg von Gitarrist und Gründer Greg Jong, der zuletzt auf der Debüt-EP "Cautionary tales for the brave" zu hören war. Wer nun auch noch eine stärkere Hinwendung zum überragenden Debüt-Album "The dark third" erwartet, liegt so falsch nicht – schließlich deutete "Eupnea" einen solchen Weg bereits an. Zunächst jedoch verstören die Briten mit knallharten Riffs, die dezent an Tool erinnern, doch selbst in diesem Gewand setzen die Doppelvocals von Courtney und Alper einen entrückt-sphärischen Kontrapunkt.

Aber dann. Sachte umschmeichelt eine von Synthesizern unterstützte Slide-Guitar, bevor Courtneys Gesang über allen Dingen zu schweben scheint. Wenn sich langsam Psychedelia und Prog ineinander verschlingen, zu einer Einheit verweben, dann sind Porcupine Tree plötzlich ganz nah, wenn auch ohne die brutalen Metal-Eruptionen der letzten Platten der Band um Großmeister Steven Wilson. Stattdessen bitten Pure Reason Revolution zum Tanz, und zwar in Form von "Phantom". Keine Angst, das ist nach wie vor ein gutes Stück vom harschen Stilbruch des Albums "Amor vincit omnia" entfernt, zeigt aber, wie gut der "neue" Sound der Briten nach der Reunion auch mit gehörigem Pop-Appeal funktionieren kann. Was auch für das sanft bezirzende "Cruel deliverance" gilt, bei dem endlich Chloe Alper etwas mehr Raum für ihren Gesang bekommt.

Wenn es allerdings einen Song gibt, der ein wenig wie ein Destillat der herausragenden Fähigkeiten dieser Band klingt, dann ist es "Scream sideways". Es dauert lange, fast schon zu lange, bis sich die ersehnte Spannung aufbaut, steigert sich dann aber umso gewaltiger. Plötzlich zerreißen elektronische Fragmente den Flow, nur um einen ganz eigenen Schauplatz zu eröffnen. Bis der Refrain die Fäden einsammelt und in einen Groove mündet, der ein ganz klein wenig an "Echoes" von Pink Floyd erinnert. Was für ein Ritt, was für eine Reise, was für eine Herausforderung, ja keine Nuance zu verpassen. Vielleicht ist dies der einzige wirkliche Unterschied zum überirdischen "Eupnea" – ein paar kleine Übergänge wirken etwas arg ruppig, vielleicht einen Tick zu verstörend im direkten Vergleich. Doch wenn das der einzige Vergleich ist, den Pure Reason Revolution momentan überhaupt ziehen können, dann ist das Jammern auf Höchstniveau. Steven Wilson wird sich mit der mit Spannung erwarteten Reunion-Platte von Porcupine Tree jedenfalls verdammt warm anziehen müssen, wenn er dieses Niveau erreichen möchte.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Phantoms
  • Cruel deliverance
  • Scream sideways

Tracklist

  1. Our prism
  2. New kind of evil
  3. Phantoms
  4. Cruel deliverance
  5. Scream sideways
  6. Dead butterfly
  7. Lucid
Gesamtspielzeit: 45:58 min

Im Forum kommentieren

Lichtgestalt

2023-05-15 01:29:20

"oh, die gibts noch? muss ich ma reinhörn"

Chloe Alper ist ja seit Jahren "hauptberuflich" Gitarristin und Sängerin von "James".

Da kann es mal zu zeitlichen Engpässen kommen.

https://www.youtube.com/watch?v=YYPiB0euOpE

Bonzo

2022-05-30 15:39:25

Hm, irgendwie fehlt mir hier die Magie des Combacks.

8hor0

2022-05-30 13:42:02

stark, auch 8/10 locker!

Pivo

2022-05-16 12:20:16

Das Album ist schon ein richtiges Brett. Tolle rockige Passagen, die richtig reinknallen. Ein wenig schwächer als die 8/10 würde ich es aber unterm Strich schon sehen.
Mit Phantoms ist aber meine aktueller Songs des Jahres drauf.

8hor0

2022-05-13 10:41:56

danke pt, wäre mir entgangen!

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