Obongjayar - Some nights I dream of doors
September / MembranVÖ: 13.05.2022
Entspannung und Agitation
Wenn man Rezensionen schreibt, lernt man schnell, dass es einige goldene Regeln gibt. Eine davon lautet: Wähle Deine Referenzen weise, dann wirst Du von Hohn und Spott im Forum verschont. Im Fall von Obongjayar treibt das dem Rezensenten die Sorgenfalten auf die Stirn. Wie viele Künstler*innen gibt es denn, die sich so galant zwischen den Genre-Welten bewegen? Man kann die Musik des in England lebenden Nigerianers grob im Afrobeat verorten, aber mit einem gehörigen Anteil Pop und Soul. Dazu kommen noch Elemente aus dem HipHop, der Musik, mit welcher Obongjayar als Jugendlicher in London sozialisiert wurde. Zu all den musikalischen Einflüssen setzt Steven Umoh, wie Obongjayar mit bürgerlichem Namen heißt, seine Stimme sehr variabel ein: Mal raunt er nur ein paar Spoken-Word-Zeilen, mal singt er wunderbar soulig. Stellenweise bekommt man den Eindruck, es hier mit diversen Sängern oder einer multiplen Persönlichkeit zu tun zu haben.
Früher machten Musiker*innen ihre ersten Gehversuche im heimischen Kinderzimmer und hielten die Ergebnisse auf Tapes fest, die sie dann an den Freundeskreis verteilten oder in Plattenläden auslegten. Bei Obongjayar lief das ähnlich, nur in einer modernen Version. Er veröffentlichte in Eigenregie auf Soundcloud, weckte damit erste Aufmerksamkeit und machte sich über diverse Kollaborationen einen Namen. Zuletzt war er 2021 auf dem Erfolgsalbum "Sometimes I might be introvert" der Londoner Rapperin Little Simz vertreten. Obongjayar selbst verzichtet auf seinem Debütalbum "Some nights I dream of doors" fast vollständig auf Feature-Gäste, lediglich die Jazzmusikerin Nubya Garcia steuert einen Saxofonpart für das sommerlich-leichte "Wrong for it" bei.
Seine Songs sind mal reduziert und leise wie der Titeltrack, mal clubtauglich und tanzbar wie das eingängige "Tinko Tinko (Don't play me for a fool)", das auf keiner ernstgemeinten Sommer-Playlist fehlen darf. Die afrikanischen Trommeln und die elektronischen Sounds dröhnen nie aufgeregt, allen Tracks hört man eine natürliche Entspanntheit an. Das bedeutet aber nicht, dass es inhaltlich dünn und oberflächlich zugeht. In "New man" wendet sich der Wahl-Londoner an seine von staatlicher Repression gebeutelten Landsleute: "Show yourself just as you are / Whether they like it or not / No more yes sir, no sir / You are not my father / Come and try me." Auch "Message in a hammer" thematisiert die verbrecherische Staatsgewalt in Nigeria. Aber er arbeitet sich nicht nur an politischen Themen ab. Der Titeltrack thematisiert Hilflosigkeit und Einsamkeit, mit "I wish it was me" setzt Obongjayar seinem zwei Jahre jüngeren Bruder ein liebevolles Denkmal: "And I pray, pray you never lose your star / I am so proud, proud of all that you are." Bei "Wind sailor" packt Obongjayar nochmal seine komplette gesangliche Bandbreite aus und beschließt damit sein sehr gut geratenes Erstlingswerk. Sicher ließe sich noch mehr über das Album und den Künstler schreiben, aber jetzt geht es an die Referenzen-Recherche. Und falls das Forum nicht vollständig einverstanden ist: Habt bitte Nachsicht und diskutiert doch lieber über den Künstler und dieses tolle Debütalbum.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Message in a hammer
- Sugar
- Tinko Tinko (Don't play me for a fool)
- Wind sailor
Tracklist
- Try
- Message in a hammer
- Parasite
- Some nights I dream of doors
- Wrong for it (feat. Nubya Garcia)
- Sugar
- My life can change today
- New man
- All the difference
- Tinko Tinko (Don't play me for a fool)
- I wish it was me
- Wind sailor
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captain kidd
2022-05-16 19:01:20
Großartiges Album. Zu den Highlights gehört auf jeden Fall noch Wrong for it (feat. Nubya Garcia). Nicht ganz so hittig wie Somewhere Between Beauty & Magic von Joeboy im vergangenen Jahr - aber vielleicht noch einnehmender.
Armin
2022-05-12 20:58:58- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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- Obongjayar - Some nights I dream of doors (2 Beiträge / Letzter am 16.05.2022 - 19:01 Uhr)