Kehlani - Blue water road

Atlantic / Warner
VÖ: 29.04.2022
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Glashaus zur Sonnenseite

Nein, die "Blue water road" ist kein Straßenname mit persönlicher Bedeutung, es ist schlicht eine Metapher. Die fiktive Straße befindet sich im Kopf von Kehlani Ashley Parrish, sie selbst gibt an, dass jeder und jede von uns Zugang dorthin besitzt, solange man sich bewusst auf diese "spirituelle, emotionale wie sexuelle Reise" einlässt. Und da wir schon bei Metaphern sind, passt es zu gut, dass die inzwischen 28-Jährige das Album als ein Glashaus beschreibt, im Sinne von durchsichtig und sonnendurchflutet. Was verbirgt sich hinter den poetischen Umschreibungen? Tatsächlich sind jene Worte treffend gewählt, um die Stimmung dieses bis in den letzten Ton durchdachten R'n'B-Werkes einzufangen. Wir erleben eine verletzliche, nachdenkliche, aber auch selbstbewusste Sängerin, welche die hohe Qualität ihrer ersten beiden Alben "SweetSexySavage" und "It was good until it wasn't" zweifellos beibehalten konnte.

Bereits vor Release war das anhand der drei veröffentlichten Singles quasi zu erwarten. Zuallererst erschien, noch im Herbst 2021, mit "Altar" ein heiterer Song, obwohl darin der Verlust von geliebten Menschen behandelt wird. Kehlani selbst widmet den Track ihrem verstorbenen Großvater, sie verarbeitet ihre Trauer auf eine derart klanggewaltige Art und Weise, dass wir Zuhörenden zwar heftig mitfühlen, dabei jedoch an ihrer Seite erhobenen Hauptes in die Zukunft blicken können. Anfang 2022 folgte mit "Little story" das Video zum Album-Intro, dabei beeindruckt vor allem die textliche wie stimmliche Intensität beim sehnsüchtigen Schildern einer On/Off-Beziehung. Das lustvolle "Up at night" dagegen, die jüngste Singe-Auskopplung, ist nicht nur dank des gelungenen Features von Justin Bieber der größte Hit auf dieser Platte – und dass die Zusammenarbeit beider Namen für große Qualität spricht, wissen wir ja seit "Get me".

Der Übergang zum großartigen "Get me started" ist fließend, an keiner Stelle auf diesem ohnehin sinnlich gestimmten Album wird es zärtlicher und berührender. Auch das einzigartige Instrumental ist liebevoll ausgefeilt, dank der Zusammenarbeit mit Sydney "Syd" Bennett wird hier ein Statement im Alternative R'n'B gesetzt. Etwas altmodischer, aber nicht weniger stark sind die Solo-Nummern "Melt" und "Tangerine", am auffälligsten jedoch ist "Everything". Der Beat verläuft langsam wie nie, dazu begleiten romantische Samples, Geigen und Chor-Gesang die hingebungsvollen Lyrics auf elegante Weise. Spätestens hier sind die Augen nicht mehr trocken. "Wondering/wandering" ist zwar textlich ähnlich, musikalisch dagegen noch experimenteller, was einerseits an den Features von Thundercat und Ambre, anderseits an der gewaltigen Facette unterschiedlicher Instrumente liegt. Nun zeigt sich, warum die Metapher des hellen Glashauses den Nagel auf den Kopf trifft: Kehlani zeigt sich auf "Blue water road" offenherzig, ihre Geschichte geht auf eigene Schwächen ein und betont sie auch bewusst. Es ist wirklich hörenswert, wie sie es schafft, dabei trotzdem eine optimistische, beinahe sonnige Stimmung zu hinterlassen.

(Maximilian Baran)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Little story
  • Up at night (feat. Justin Bieber)
  • Get me started (feat. Syd)
  • Everything

Tracklist

  1. Little story
  2. Any given sunday (feat. Blxst)
  3. Shooter interlude
  4. Wish I never
  5. Up at night (feat. Justin Bieber)
  6. Get me started (feat. Syd)
  7. Everything interlude
  8. More than I should (feat. Jessie Reyez)
  9. Altar
  10. Melt
  11. Tangerine
  12. Everything
  13. Wondering/wandering (feat. Thundercat & Ambre)
Gesamtspielzeit: 37:47 min

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Armin

2022-04-27 20:48:06- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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