Sabaton - The war to end all wars

Nuclear Blast / Rough Trade
VÖ: 04.03.2022
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Schluss mit lustig

Am 24. Februar 2022 geschah das Unfassbare. Auf Befehl ihres offensichtlich jeglicher moralischer Kontrolle beraubten Präsidenten – jegliche andere Beschreibung wäre nicht druckreif – überfiel die russische Armee die Ukraine und brach dabei den ersten Angriffskrieg seit dem Zweiten Weltkrieg vom Zaun. Eine Woche später veröffentlichten Sabaton ihr Album "The war to end all wars". Eine Tatsache, die angesichts dieses himmelschreienden Unrechts, aber auch angesichts der sehr überschaubaren Qualität der Veröffentlichungen der Schweden in den letzten Jahren wohl irrelevanter kaum sein könnte, wären da nicht die berüchtigten Sozialen Medien. Sagen wir einmal so: Aus der Tatsache, dass Sabaton bereits zum zweiten Mal ausgewählte Geschichten aus dem Ersten Weltkrieg zum Thema einer Platte machen, die Verherrlichung des Krieges zu folgern, ist schon überaus gewagt. Nichtsdestotrotz sahen sich die Schweden genötigt, ein entsprechendes Statement auf ihren Kanälen zu veröffentlichen, das keinen Zweifel an ihrer friedfertigen Haltung lässt.

Dazu gibt es eigentlich nur noch zwei Dinge festzuhalten. Erstens: Man muss die Lyrics und ihr Thema nicht mögen. Aber zumindest ist alles, was Sänger Joakim Brodén und Bassist Pär Sundström hier verfassen, historisch belegt. Und schon auf dem Vorgängeralbum "The Great War" interpretierten sie die Erzählerrolle eher als Berichterstatter, statt Stellung zu beziehen – was aus Sicht der Band durchaus legitim ist. Zweitens: Eine gute Platte ist "The war to end all wars" deswegen noch lange nicht. Was nur teilweise daran liegt, dass die Songs zwischen den Eckpunkten "Sarajevo" und "Versailles" in ihren Erzählungen nicht chronologisch angeordnet sind, was aus einem möglichen Konzeptalbum eher eine lose Sammlung unter einen einheitlichen Thema werden lässt.

Man kann den Schweden noch nicht einmal die "History edition" des Albums zum Vorwurf machen, in der die Ereignisse in einem auf Dauer unausstehlichen Pathos erklärt werden und die zudem den Hörfluss immer wieder unterbricht. Früher hätte man das in Liner Notes im Booklet verewigt, aber die Spotify-Klientel darf nun mal nicht leer ausgehen. Nein, das größte Problem ist: Die Platte ist schlicht und ergreifend stinklangweilig. Dabei legen Sabaton nach dem viel zu langen Intro "Sarajevo" durchaus passabel los, denn "Stormtroopers" drückt endlich einmal aufs Gaspedal, statt in permanentem Midtempo vor sich hin zu stampfen. Das erledigt dann schon der Rest. In schöner Folge wechseln sich schnellere und langsamere Songs ab, verfallen immer wieder in Schunkel-Metal mit den pappigen E-Drums im Intro von "Soldier of Heaven" als Tiefpunkt.

Einzig "Hellfighters" vermag noch aus der Lethargie zu reißen, ansonsten dominieren sterile Sounds ohne jegliche Glaubwürdigkeit – eigentlich eine Schande für die durchaus begabten Gitarristen Tommy Johansson und Chris Rörland. Der über die Jahre immer knödeligere Gesang von Brodén ist da nur noch traurige Nebenwirkung, wenn er in "Christmas truce" die wirklich ergreifende und all den Wahnsinn des Krieges zusammenfassende Geschichte über das gemeinsame Weihnachtsfest von Deutschen und Briten in den Schützengräben von Flandern 1914 in den Abgrund röhrt. Die größte Sünde jedoch ist nach wie vor, dass es den Schweden zum wiederholten Male nicht gelingt, eine musikalische Dramaturgie zu kreieren, die über klebriges Pathos und das übliche Biergarten-Ufftata hinausgeht und dazu zwingen würde, sich intensiv mit diesen Texten und ihren Hintergründen zu beschäftigen. Im Refrain heißt es unter anderem: "And today we're all brothers, today we're all friends / A moment of peace in a war that never ends / Today we're all brothers, we drink and unite." Wenn die Musik wie hier den Kontext zerstört, wird die Vorstellung von bierselig schunkelnden Fans auf den Konzerten unerträglich.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Stormtroopers
  • Hellfighters

Tracklist

  1. Sarajevo
  2. Stormtroopers
  3. Dreadnought
  4. The unkillable soldier
  5. Soldier of Heaven
  6. Hellfighters
  7. Race to the sea
  8. Lady of the dark
  9. The valley of death
  10. Christmas truce
  11. Versailles
Gesamtspielzeit: 45:21 min

Im Forum kommentieren

FenomenoVero

2022-04-05 17:07:14

Ich kann mit dieser Art von Musik auch so gar nichts anfangen.

Klaus

2022-04-05 17:01:48

Leute, die World Of Tanks spielen.

nörtz

2022-04-05 16:54:14

Wer hört die eigentlich?

8hor0

2022-04-05 16:33:34

die beschäftigen sich halt mit geschichtlichen kriegs-themen, diesmal 1. wk.

whitenoise

2022-04-04 12:49:09

...also von der Band 1914, nicht aus dem Jahr.

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