Erny Belle - Venus is home

Bandcamp
VÖ: 11.02.2022
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Eine kleine Frühlingsmusik

Hach ja. Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte! Oder? Schon Eduard Mörike wusste: Fangen draußen die Blümchen erstmal an zu sprießen, wird schon alles irgendwie wieder gut. Wer den nach wie vor winterlichen Temperaturen des Frühjahrs zu trotzen versucht, wird zwar schnell mittels Frostbeulen eines Besseren belehrt, kann sich aber auch noch immer mit Rest-Glühwein wieder aufwärmen und muss dabei nicht mal ein schlechtes Gewissen haben. Nichts Halbes und nichts Ganzes sind diese ersten Monate des Jahres – da braucht man als Folge dessen freilich auch die passende musikalische Untermalung. Wie wäre es mit Erny Belles "Venus is home"? Das ist einerseits kuschelig wie eine wohlig-weiche Wolldecke am knisternden Kaminfeuer. Und andererseits so schön schwül-schwitzig, dass die Wangen schon ganz rosig werden vor lauter Hitze.

Das Debütalbum der Neuseeländerin, deren gebürtiger Name Aimee Renata lautet, kommt so unscheinbar daher, dass man es selbst innerhalb des nerdigsten Indie-Kosmos kaum wahrnehmen dürfte – dabei hätten die neun Songs jeden Hauch von Aufmerksamkeit redlich verdient. Belles Mischung aus Folk, Country und Americana bringt genau die Art von Weltschmerz mit, den man zum Wechsel der Jahreszeiten verkraften kann – zumal er in angemessenen Dosen verabreicht wird: Das charmante "Island time" hula-hula-tanzt sich zart und entspannt mitten ins Herz, während "Baby blue" sehnsüchtig auf der Fensterbank sitzt und dem wilden Schneetreiben zuschaut. Derweil groovt sich die Single "Hell hole" durch düstere Nächte, in denen es im Bett schon zu warm für Fleece-Bettwäsche ist, draußen aber noch eindeutig zu frostig für eine Jeansjacke statt Wintermantel. Immer dieses Hin und Her. Schrecklich ist das! Und gleichermaßen schön.

Belles Danksagung auf ihrer Bandcamp-Page sagt es vielleicht am besten: "For the thread that binds us together and brings us home" – am Ende geht es natürlich nicht ums Wetter, nicht um Kälte oder Hitze, nicht um äußere Umstände. Auf den Zusammenhalt kommt es an, auf das Gefühl von Zugehörigkeit und die Wichtigkeit von Heimat. Und so croont sich "Gone fishing" mit einer Extraportion Wehmut durch die eigene Vergangenheit und kämpft mit der daraus resultierenden Zukunft, während das reduzierte "Burning heaven" beinahe mystisch wirkt: "I saw the light / Standing by my bed side." Am Ende, wenn Belle sich mit dem Titeltrack dieses Albums verabschiedet, das definitiv zu wenige Leute hören werden, ist es dementsprechend egal, wie kühl es draußen tatsächlich noch sein mag. Sprach Mörike einst mit dem Frühling, wenden wir uns stattdessen der Melancholie zu. Ja, Du bist's! Dich haben wir vernommen!

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Hell hole
  • Island time
  • Gone fishing

Tracklist

  1. Hell hole
  2. Island time
  3. Sorry not sorry
  4. Nuclear bombs
  5. Baby blue
  6. Burning heaven
  7. Gone fishing
  8. Chick it in the trash
  9. Venus is home
Gesamtspielzeit: 32:27 min

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Armin

2022-03-09 19:45:52- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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