Mavi Phoenix - Marlon

Llt / Broken Silence
VÖ: 25.02.2022
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Skizzen einer Katharsis

Ein künstlerischer wie auch persönlicher Befreiungsschlag. Nicht weniger als das wird der Release des zweiten Studioalbums "Marlon" für den Linzer Sänger Mavi Phoenix sein – kommt es doch am Ende einer unglaublich wichtigen, aber eben auch enorm aufwühlenden Phase im Leben des mittlerweile 26-Jährigen. Bereits der Vorgänger "Boys toys" thematisierte anno 2020 phasenweise das Coming Out als Mann. Dazwischen lagen nun zwei Jahre, die nicht nur von pandemiebedingter Isolation, sondern eben vor allem auch von der langwierigen persönlichen Transition geprägt waren. Es wurde still in der Linzer Homebase. Eine Stille, die das selbstbetitelte Zweitwerk nun ein für alle mal beendet – ein grell in so ziemlich allen verfügbaren Farben strahlendes Licht am Ende eines hoffnungsvollen, schönen, aber sicherlich nicht immer einfachen Tunnels. Und ein Manifest der wahren, ungefilterten Identität.

Nicht nur thematisch deckt "Marlon" dementsprechend weitläufige Gefilde ab. Auch im musikalischen Kosmos von Marlon Nader haben die vergangenen Jahre deutliche Spuren hinterlassen – hörbar im Besonderen durch die Entdeckung der Gitarrenklänge und der damit verbundenen bewussten, wenn auch nicht vollständigen Abkehr vom Rap-Sound der früheren Werke. Diese neuen Nuancen fügen sich oftmals ganz hervorragend in den bislang eher elektronisch und beatlastig angehauchten Mavi-Phoenix-Sound ein. Beispielsweise auf "Leaving", das twangy Akustikgitarren freien Lauf lässt und mit seinem Indie-Vibe schon fast in Americana-Gefilde übergeht. Dabei dient der hier und da behutsam eingestreute Autotune-Einsatz sowohl als Kontrastpunkt, aber eben auch als Bindeglied zum bisherigen Schaffen. Ähnlich gut harmonieren Vergangenheit und Gegenwart auch auf dem etwas beatlastigeren "Nothing good". Knarzige Drumsounds und Flanger-Gitarren untermalen die erste Songhälfte, nur um im Anschluss Platz für breite, weitläufige Synth-Flächen zu machen. Eine 180-Grad-Wendung, die in diesem Kontext völlig organisch wirkt.

"Marlon" nimmt seine Hörer*innen mit auf eine ungefilterte Reise durch die Gedanken- und Erlebniswelt seines Autors. Ein Ansatz, der in seinen besten Momenten faszinierend und berührend sein kann – aber in seiner Unmittelbarkeit auch durchaus Gefahr läuft, ins Zerfahrene abzurutschen. Auf die tolle Trap-Hymne "Just an artist" und das schwülheiß-brodelnde "Venice Beach" folgen mit "Accountable" und "Moon" eher ruhige und äußerst unscheinbare Tracks. Hier steht der Spagat zwischen künstlerischem Freisinn, besonders auf dem herrlichen "Just an artist" mit Zeilen wie "I'm in love and I fucking hate it" und dem eher zurückhaltenden "Moon" sinnbildlich für eine inhaltliche und stilistische Schere, die sich nicht immer positiv auf den Albumflow auswirkt. Auch im letzten Albumdrittel schleichen sich ähnliche Probleme ein. Während "Tokyo drift" kraftvoll und treibend nach vorne geht und mit fluffigen Zeilen wie "Good music and the future is so bright" daherkommt, bleiben die folgenden "Giuseppe" und "Pretty life" vergleichsweise blass. Etwas Entschlackung hätte "Marlon" hier gut getan, keine Frage – dennoch macht diese gewisse thematische wie musikalische Zerstreuung des Albums im Gesamtkontext absolut Sinn. Denn Mavi Phoenix hat viel zu sagen, viel zu verarbeiten und ganz offensichtlich eine Menge Spaß am freien musikalischen Aufspielen. Scheißegal, ob es hier und da mal nicht so ganz zusammenpasst. Es muss eben raus. "Soon enough I'll be okay / This day might not be today / It's deceivin' / But I can see it."

(Hendrik Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Leaving
  • Just an artist
  • Tokyo drift

Tracklist

  1. Only God
  2. Leaving
  3. F song interlude
  4. F song
  5. Nothing good
  6. So happy I'm useless
  7. Just an artist
  8. Venice Beach
  9. Accountable
  10. Moon
  11. Tokyo drift
  12. You think you're so cool
  13. Giuseppe
  14. Pretty life
  15. Grass and the sun
Gesamtspielzeit: 47:36 min

Im Forum kommentieren

Francois

2022-04-09 20:25:20

Mit 6/10 extrem unterbewertet.
Album läuft seit ein paar Tagen auf Dauerrotation.
Sehr gut produziert, toller Flow und viele Highlights.
Unter anderem Only God, Just an Artist, Venice, You think you‘re so cool, Tokyo Drift oder der tolle Closer.

MM13

2022-02-27 09:29:36

ich mag seinen neuen stil,ist schon wie das erste album richtig gut geworden,hat bisschen was von mura masa finde ich,werde ich glaube ich mir dann mal live geben im frühjahr, sollte es denn mal gehn.

myx

2022-02-16 22:35:50

Mavi Phoenix gehört bei mir natürlich auch zum Pflichtprogramm, bin gespannt.

Autotomate

2022-02-16 21:20:08

Ich liebe ja den Closer "Grass and the Sun", der sollte unter den Highlights stehen...

Armin

2022-02-16 21:04:13- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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