Abiodun Oyewole - Gratitude

Afar / Fire / Cargo
VÖ: 04.02.2022
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

HipHops Vater

Angesichts seines Lebenswerkes wirkt es absurd, wie vergleichsweise unbekannt der Name Abiodun Oyewole nicht nur hierzulande ist. Als Dichter, Dozent und vor allem Gründungsmitglied des legendären Spoken-Word-Kollektivs "The Last Poets" prägt er seit den späten 1960er-Jahren die US-Kultur und Gesellschaft. Die Gruppe aus Musikern und Lyrikern gehörte zu den wichtigsten Kunstschaffenden der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung, politisch standen sie Malcolm X sehr nah. Musikalisch etablierten Oyewole, David Nelson und Gylan Kain einen von Jazz und Gospel beeinflussten Sprechgesangsstil, der historisch betrachtet als frühe Grundlage zur Entstehung von Rap gilt. Im stolzen Alter von 74 Jahren ist dem Pionier Oyewole mit seinem ersten richtigen Solo-Album nun ein kleines Meisterwerk gelungen.

Denn hier hören wir Straßenpoesie über Gesellschaft, Glauben, Natur und unseren Planeten in roher Höchstform, unterlegt mit angenehm sauber klingenden Instrumentals ohne jede Hektik. Alles beginnt mit Regengeräuschen, einem nostalgischen Sample und den ersten dieser wertvollen Verse des Albums, begleitet vom Orchestersänger Taylor Pace, der den Refrain übernimmt. Danach folgt mit "My life" ein in musikalischer und vor allem lyrischer Hinsicht überragender Song über Lebenssinn. "A poem" wiederum sticht als wohl schnellster Track hervor, wobei Oyewoles Stimme hier am kämpferischsten klingt und das in Kombination mit den flotten Drums vollends aufgeht – ein Gedicht in Sprechgesangsform, gewidmet der Poesie selbst und allen, die sie genießen. Die Widmung bei "Harlem" und "Brooklyn" steckt jeweils schon im Songtitel, beide Werke drücken unterschiedliche Stimmungen aus und verarbeiten zwei Stadtteilgeschichten hymnenartig, während Ade Da Poet letzterem Track einen besonders starken Rap-Part schenkt.

Auf der zweiten Hälfte des Albums häufen sich die Features, jedes für sich ist qualitativ hochwertig und bekommt gutes Spotlight. So ist der bemerkenswerte "Spirit"-Hintergrundgesang von Melodie Nicole ein angenehmes Gegengewicht zur tieferen, doch nicht minder emotionalen Stimme Oyewoles, beides ergibt einen beeindruckenden Song. Übertroffen wohl nur noch vom größten Glanzstück "Without you", ein bewegendes Duett, das seinesgleichen sucht, bietet es doch so viel: kreative Lyrics mit Storytelling, einen unnachahmlichen Blues-Vibe, zwei großartige Stimmen und genialen Gitarreneinsatz. Auch "Occupy" rüttelt auf, doch viel politischer, mit klugen Lebensweisheiten und Feature-Gast Mosi. Als Closer hätte sich zwar auch das eingängige "Right here waiting" (inklusive wunderbarer Beteiligung von J. Ivy) geeignet, doch "What I want to see" funktioniert mindestens genauso gut, aufgrund der minimalistischen Handtrommel-Instrumentierung wirken die Vocals noch eindringlicher, regen umso mehr zum Nachdenken an. Oyewole selbst konstatiert im Pressetext: "There are great people on this planet, and I’ve had the privilege of meeting with many of them. I don’t care [about] your color, your size, sexual orientations, that is of no consequence, just be a good human being and we can hang out. I’ve had a great taste of what humanity is about and I treasure that." Und das ist diesem wunderschönen Album in jedem Ton, jedem Sample, jedem Wort anzuhören.

(Maximilian Baran)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • My life
  • A poem
  • Spirit (feat. Melodie Nicole)
  • Without you (feat. Jessica Care Moore)

Tracklist

  1. Rain (feat. Taylor Pace)
  2. My life
  3. A poem
  4. Harlem
  5. Brooklyn (feat. Ade Da Poet)
  6. To begin (feat. Pharoah Davis)
  7. Praise the Lord
  8. Spirit (feat. Melodie Nicole)
  9. Without you (feat. Jessica Care Moore)
  10. Occupy (feat. Mosi)
  11. Right here waiting (feat. J. Ivy)
  12. What I want to see
Gesamtspielzeit: 58:00 min

Im Forum kommentieren

Arne L.

2022-02-15 10:52:26

Schöner Text. Macht auf jeden Fall neugierig!

Armin

2022-02-09 19:20:36- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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