Hurray For The Riff Raff - Life on Earth
Nonesuch / WarnerVÖ: 18.02.2022
Mein Freund, der Baum
Rund zehn Jahre waren Hurray For The Riff Raff schon musikalisch unterwegs, als 2017 mit dem beeindruckend starken "The navigator" eine Art Durchbruch gelang. Nicht im Sinne von millionenfachen Verkäufen und Weltkarriere, sondern eher in Form deutlich erhöhter Aufmerksamkeit und fast durchweg begeisterten Kritiken. Mit dem Nachfolger hat sich die Band um Frontfrau Alynda Segarra viel Zeit gelassen. "Nature life" soll ein neues Kapitel aufschlagen, und Hurray For The Riff Raff wählen dabei erfreulicherweise nicht den Weg des geringsten Widerstands.
Die schrittweise Abwendung von den Folk- und Americana-Wurzeln wird auf dem achten Studioalbum weiter vorangetrieben, ohne sie gänzlich zu verleugnen. "Nature Punk" nennt Segarra das, was sie hier künstlerisch hervorbringt, und die Punk-Attitüde lässt sich insbesondere aus dem Umstand heraushören, dass sie eben einfach das macht, worauf sie gerade Lust hat und dabei Genregrenzen wuchtig umstößt. Die Sängerin kämpft dabei mit mächtigen Gegnern, beispielsweise mit "Wolves" gleich zum Auftakt, einem Song über die Klimakrise. "Go away from here darling / Go to some distant shore / Because it's not safe at home anymore / Not safe at home anymore." "Vampires and thieves" kommen einem in "Pierced arrows" entgegen, einem beatlastigen Hit, der die musikalisch veränderte Ausgangslage herrlich poppig auf den Punkt bringt. "This whole fucking world is changing", schmettert Segarra uns entgegen.
Segarra blickt derweil nicht nur von außen auf die Welt, sondern auch nach innen. "I'm just a loaded gun" in "Pointed at the sun", einem Stück von zwischenzeitlich beschwingter Anmutung, lässt tief blicken. Eine musikalische Beschäftigung mit einem titelgebenden "Rhododendron" folgt später ebenso wie ein ganz und gar global denkendes "Life on Earth", in dem die eigenen Sorgen ganz klein werden, denn: "Life on Earth is long." Und eben gerade: viel, viel länger als jedes Individuum. Zu einem Herzstück des Albums wird "Precious cargo", in dem die Musikerin nicht nur das Schicksal von Geflüchteten in den Fokus rückt, sondern auch selbst zu Wort kommen lässt. "We made it through the jungle" hören wir dort, und später: "They split me from my family." Auffallend und zur Geschichte passend ist der entschlossene Ausflug in die Welt des Sprechgesangs. Das Finale führt dann ins Herz der Natur: Geräusche eines Baumes und von Vögeln im City Park in New Orleans entlassen uns aus "Life on Earth".
Hurray For The Riff Raff machen es einem nicht ganz leicht mit ihrem neuen Album. Es gilt, zunächst einmal die Neuausrichtung zu verdauen und sich in der Folge wahrhaft in die Songs hineinzuarbeiten, oder besser: in das große Ganze. Denn wer zum Kern der Stücke vordringen will, muss den roten Faden erst finden, dann aufnehmen und schließlich verstehen. Ein Album, das an Größe eher zu- als abnehmen wird, ist "Life on Earth" gewiss, das lässt sich in jedem Fall festhalten. Eines, das nicht zwingend sofort zündet, aber bei jedem Durchgang mehr Sinn ergibt. Und wer sagt denn, dass Musik immer sofort wirken muss? Eben.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Pierced arrows
- Pointed at the sun
- Precious cargo
Tracklist
- Wolves
- Pierced arrows
- Pointed at the sun
- Rhododendron
- Jupiter's dance
- Life on Earth
- Nightqueen
- Precious cargo
- Rosemary tears
- Saga
- Kin
Im Forum kommentieren
Z4
2022-02-19 13:23:08
8.3 und BNA bei Pitchfork. Kannte die Band bisher gar nicht, klingt aber erstmal super.
Arne L.
2022-02-18 18:59:06
Seit Wochen drauf gefreut und nach zwei Durchläufen mehr als zufrieden. Ans herausragende "The Navigator" kommt es auf den ersten Blick nicht ran, aber trotzdem super!
Armin
2022-02-09 19:20:21- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
Meinungen?
Armin
2022-01-13 18:46:26- Newsbeitrag
Hi zusammen,
wir freuen uns sehr über News und frische Musik von Hurray For The Riff Raff.
Heute erschien mit der Single „Pierced Arrows“ ein weiterer Vorbote vom Album „Life On Earth“, das am 18. Februar 2022 erscheint.
Vom Guardian wird das neue Album bereits als “Top Music Tip For 2022” gehandelt, ähnliches prophezeien auch Pitchfork, Observer, Vulture, NPR, das Wall Street Journal und weitere.
Über Hurray For The Riff Raff
sechsköpfige Americana-Band aus New Orleans
die in der New Yorker Bronx geborene Frontfrau Alynda Segarra zog im Alter von 17 Jahren als Tramperin durch die Staaten und landete schlussendlich in New Orleans, wo sie die zwei Bands Dead Man Street Orchestra und Hurray For The Riff Raff gründete
mit Letzterer veröffentlichte sie über 7 Studioalben, darunter “I Don’t Mean I Don’t Love You” (2008), “Look Out Mama” (2012) und “Small Town Heroes” (2014)
mit ihrem 2016er Werk “The Navigator” lieferte Segarra ein Rock-Konzeptalbum, in dem sie ihre puerto-ricanische Identität zurückeroberte – und wurde zum absoluten Kritikerliebling (u. a. Pitchfork-Bewertung von 8.1)
Aktuelles
mit ihrer Single “Jupiter’s Dance” erschien am 1. Dezember ein Vorbote ihres kommenden Studioalbums “Life On Earth” (VÖ: 18.02.22)
mit ihrem neuen Longplayer schlägt sie einen neuen künstlerischen Pfad ein: über 11 Songs hinweg setzt sie sich damit auseinander, wie man im Angesicht einer Katastrophe nicht nur überleben, sondern auch gedeihen kann
als Inspiration dienten Werke von The Clash, Beverly Glenn-Copeland, Bad Bunny sowie Adrienne Maree Brown
das Album, das von Brad Cook (Bon Iver, Waxahatchee, Kevin Morby) produziert wurde, nahm die Gruppe während der Corona-Pandemie auf
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Referenzen
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