John Mellencamp - Strictly a one-eyed Jack
Republic / UniversalVÖ: 21.01.2022
Morbider Western
Mit seinem dritten Album "American fool" landete John Mellencamp 1982 auf Platz eins der US-Charts. Seitdem platziert der Folkrocker, der unter anderem auch als John Cougar auftrat, regelmäßig Werke in den amerikanischen Top Ten. Bis heute ist ihm das in Deutschland mit noch keinem Longplayer gelungen. Ob sich das nun mit seinem neuen Album "Strictly a one-eyed Jack" ändern wird, ist fraglich. Hierzulande ist der Musiker, der das Genre Heartland Rock maßgeblich mitgeprägt hat, vor allem durch seinen Hit "Jack & Diane" bekannt geworden. Den Song kennt wohl jeder, der es nicht geschafft hat, vor einer langen Autofahrt eine eigene Playlist zu erstellen und dann Radio hören musste. "Oh yeah, life goes on", sang Mellencamp in dem Hit, der, genau wie sein bis heute erfolgreichstes Album, 1982 erschienen ist. Und dass das Leben weitergeht, stimmt natürlich. Auch für Mellencamp. Der Musiker hat seinen Fans im Laufe der Zeit einige Stilwechsel zugemutet, aber regelmäßig auch für Überraschungen gesorgt. Was genau verbirgt sich also hinter "Strictly a one-eyed Jack"?
Gleich der Opener des Albums "I always lie to strangers" schleicht sich an wie eine gesellschaftskritische Message in einem morbiden Western: "I always lie to strangers / I am a man of low degree / The world is run by men / Much more crooked than me", singt Mellencamp mit einer Stimme, die klingt, als könnte er mit ihr ein Lagerfeuer anzünden.
Überhaupt: diese Stimme. Mellencamp setzt auf dem Album ganz auf die Kraft seines Gesangs. Ab und zu klingt er dabei wie Rod Stewart nach einem etwas zu langen Segeltörn. Und oft: wie Tom Waits. Aber obwohl Mellencamp singen kann wie Waits, erreicht der 70-Jährige nicht dessen Situationskomik und absurde Sprachgewalt. Zu beliebig wirken Zeilen wie "I saw people smiling / Happiness was guaranteed / But now there's so many crying / And that's all my eyes can see". Dass sich das Album stellenweise wie ein großer, gesellschaftlicher Abgesang inszeniert, wird überdeutlich – nicht nur in Tracks wie "Driving in the rain" oder "I am a man that worries". Dennoch ist Mellencamp kein abgehalfterter Sänger, dem die Ideen ausgegangen sind. In den Momenten, in denen sich Mellencamp ganz der vordergründigen Wucht seines Genres hingibt, funktioniert seine Musik sehr gut – sowohl in den schnelleren Nummern, als auch in den Balladen.
Tracks wie "Streets of Galilee" oder "Gone so soon" erzeugen eine dichte, eigenwillige Stimmung. Und "Wasted days" ist ein angenehm radiotauglicher Song, den Mellencamp gemeinsam mit Bruce Springsteen performt. Insgesamt ist der "Boss" sogar auf drei Tracks des Albums zu hören. Da Mellencamp und Springsteen in jedem dieser Songs gefühlt in der gleichen Tonlage und im gleichen Tempo singen, bieten jedoch nicht alle einen Mehrwert.Auch an einigen anderen Stellen kann sich "Strictly a one-eyed Jack" nicht ganz entscheiden, ob etwas mehr oder etwas weniger jetzt besser wäre. An den Stellen, an denen sich Mellencamp für etwas weniger entscheidet, ist es sehr stimmig. Generell ist das Album wahrscheinlich eher keines, mit dem sich das Heartland-Rock-Urgestein eine große, neue Fanbase erschließen wird, aber es ist ganz sicher auch keine Enttäuschung.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Gone so soon
- Wasted days (feat. Bruce Springsteen)
Tracklist
- I always lie to strangers
- Driving in the rain
- I am a man that worries
- Streets of Galilee
- Sweet honey brown
- Did you say such a thing (feat. Bruce Springsteen)
- Gone so soon
- Wasted days (feat. Bruce Springsteen)
- Simply a one-eyed Jack
- Chasing rainbows
- Lie to me
- A life full of rain (feat. Bruce Springsteen)
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Armin
2022-02-02 21:04:59- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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