Fools Garden - Captain ... coast is clear

Jazzhaus / In-Akustik
VÖ: 26.11.2021
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Jenseits des Zitronenbaums

"Isolation is not good for me." Was nach knapp zwei Jahren pandemischer Weltlage das Fazit ungefähr aller ist, war Mitte der Neunzigerjahre nur eine der vielen eingängigen Zeilen des Riesenhits und Mega-Ohrwurms "Lemon tree" von Fool's Garden aus Pforzheim. An dieser Stelle sei kurz auch noch die damalige, wirklich empfehlenswerte B-Seite erwähnt: Das an The Verve und U2 erinnernde "Finally" verdient es unbedingt, entdeckt zu werden. Im Laufe des letzten Vierteljahrhunderts gingen Peter Freudenthaler und Volker Hinkel dann zwar sowohl der Apostroph im Bandnamen als auch der Rest der damaligen Besetzung verloren, Fools Garden veröffentlichten jedoch weiterhin fleißig in regelmäßigen Abständen neue Alben.

Auf dem aktuellen Longplayer "Captain ... coast is clear" stehen elektronische Sounds deutlich stärker als je zuvor im Vordergrund, nie jedoch, wie man hätte befürchten können, in Form eines stumpfen Stuss-Pop-Beats, der Anfang des Jahres noch im Alle-Farben-Remix von – na was wohl – "Lemon tree" zu hören war. Vielmehr erklingen Synthies anstelle von Gitarren auf einem insgesamt eher introspektiv gehaltenen Album oft auch als atmosphärischer Klangteppich. Das kurze Intro "An endless sea" lässt in knapp zwei Minuten dank des Sounds und der melodischen Ähnlichkeit an die Coldplay der "X&Y"-Ära denken, würden sie das damals noch gar nicht erschienene "Halo" von Beyoncé covern. Während man als Hörer*in davon noch etwas verwirrt ist, geht es mit "Electrify" und seinem beatlastigen, leicht orientalisch beeinflussten Synth-Pop in Gefilde des Dancefloors weiter, in denen man Fools Garden vermutlich nie erwartet hätte. Vor diesem Track zieht auch Pet Shop Boy Neil Tennant seinen Baustellenkegelhut.

Mit dem düsteren Doppelschlag aus "Shimmering lights/Everything you wanted" und dem akustischeren "Home again" samt seiner fast an Dark Wave erinnernden Atmosphäre auf den Spuren von Placebo und Wolfsheim entfernen sich Fools Garden so weit vom Formatradio wie wohl noch nie. Eben dort landet jedoch der enervierende Achtziger-Disco-Stampfer "Outta love" genauso wie das seinen Titel Lügen strafende "Beautiful", das noch einmal schmerzhaft vor Augen führt, mit welcher Art fluffig-langweiligem Gitarrenpop die Band in den zurückliegenden 25 Jahren eben keinen Erfolg mehr hatte. In der zweiten Hälfte des insgesamt etwas zu langen Albums sind dann "Fireflies", "Fire" und "Higher" nicht nur vom Titel her etwas zu ähnlich geraten, zwei erwähnenswerte Songs gibt es aber dennoch: "Here in your arms" kreuzt ebenso schamlos wie nicht uncharmant die ganz frühen Coldplay mit den Radiohead aus den neunziger Jahren und das Schlussstück "Those we lost at sea" ist ein über Melodie und Text sowohl auf Herz als auch Magengrube zielender Song über die Flüchtlingskrise im Mittelmeer. Und so blicken Fools Garden auf "Captain ... coast is clear" weit über den Zitronenbaum hinaus.

(Michael Albl)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Electrify
  • Shimmering lights/Everything you wanted
  • Home again

Tracklist

  1. An endless sea
  2. Electrify
  3. Highest mountain
  4. Shimmering lights/Everything you wanted
  5. Home again
  6. Outta love
  7. Fireflies
  8. Fire
  9. Higher
  10. Here in your arms
  11. Beautiful
  12. House of cards
  13. Those we lost at sea
Gesamtspielzeit: 54:21 min

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Huhn vom Hof

2024-11-08 13:03:54

Gut sind übrigens auch die Solosachen von Volker Hinkel

Die kenne ich noch gar nicht, danke für den Tipp :)

+oder-

2024-11-08 12:48:52

Höre die auch hin und wieder und finde, dass auf allen Alben ein paar richtig starke Songs zu finden sind. Mit Ausnahme des von dir erwähnten "Go And Ask Peggy For The Principal Thing" vielleicht.

Gut sind übrigens auch die Solosachen von Volker Hinkel:

1996 In The Wake Of Thunder
2005 Not A Life-Saving Device

Huhn vom Hof

2024-11-07 21:43:10

Tolles Album für die kalte Jahreszeit, aber außer mir interessiert das ja keinen :D
"Outta Love" muss auf jeden Fall runter.

Huhn vom Hof

2022-01-07 20:26:43

Eine der schlechtesten Bands aller Zeiten. Und stets bemüht auf international getrimmt.

Das Debut "Fool's Garden" (bzw. "Once In A Blue Moon") und "Dish Of The Day" waren ganz ordentlich, schlimm war allerdings "Go And Ask Peggy For The Principal Thing".

Und das aktuelle Album ist einfach super, abgesehen von den Singles "Outta Love" und "Beautiful". "Captain ... Coast Is Clear" erinnert mich von der Stimmung her an U2's "No Line On The Horizon".

Huhn vom Hof

2021-12-10 18:51:08

An Endless Sea 8/10
Electrify 8/10
Highest Mountain 6/10
Shimmering Lights/Everything You Wanted 9/10
Home Again 8/10
Outta Love 6/10
Fireflies 8/10
Fire 7/10
Higher 7/10
Here In Your Arms 8/10
Beautiful 5/10
House Of Cards 6/10
Those We Lost At Sea 7/10

Für Fans von Depeche Mode und U2 zu empfehlen.

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