
Glok - Pattern recognition
Bytes / IndigoVÖ: 15.10.2021
Mit Schleife
Freunde des gepflegten Schepperns kennen sicher Ride. Jene Band, die Anfang der Neunziger mit dem Album "Nowhere" dabei half, Shoegaze zu einem globalen Phänomen zu machen. Ride verschwanden nach einigen orientierungslosen Werken von der Bildfläche, woraufhin Rides Bassist Andy Bell bei Oasis anheuerte und nach deren Split Beady Eye an der Gitarre verstärkte. Schließlich kam es 2014 zu einer Reunion seiner alten Band. Bells neuestes Soloalbum "Pattern recognition", das er unter dem Alias Glok veröffentlicht, wirkt im Kontext seiner bisherigen Karriere wie ein kleiner Befreiungsschlag. Der Waliser vereint Einflüsse aus Rock und Electronica zu einem faszinierenden Ganzen, ohne dabei seine Ursprünge aus dem Auge zu verlieren.
Der Eröffnungstrack "Dirty hugs" ist schlicht spektakulär. Ideen kommen und gehen während dieser 20 Minuten, doch die Freude bleibt. Bell hat sicher die eine oder andere Platte von Neu! im Schrank, denn die Art und Weise, wie hier aus Monotonie Schönheit entsteht, erinnert stark an die deutschen Krautrock-Pioniere. Synthesizer und Saiteninstrumente verlieren sich Schall und Rauch, während ein stoischer Beat der Komposition Struktur verleiht. Besonders toll ist das Bass-Ostinato, das in der zweiten Hälfte des Tracks das Ruder an sich reißt. "Dirty hugs" legt die Latte verdammt hoch, doch glücklicherweise reißt sie keiner der folgenden neun Songs.
So ist "Closer" ein blubbernder Ausflug in House-Gefilde, wobei Bell nicht davor zurückschreckt, den Track mit Tapeloops und Streicherflächen anzureichern. Im Fokus steht aber auch hier der Groove. Der Brite beschränkt sich allgemein auf die kompositorische Seite, gelegentlich unterstützen ihn jedoch Gastvokalisten. Der Rapper Shamon Cassette verleiht "Process" beispielsweise eine angenehm düstere Note. In dem meditativen "That time of night" rezitiert Shiarra Verse über das Werden und Vergehen, die Musik bleibt unaufdringlich, aber vielschichtig. Der beste Song mit Gesang ist jedoch "Maintaining the machine", ein mäandernder Abstieg in die Einsamkeit. Sinead O'Briens Lakonie passt perfekt zu dem lässigen Vibe des Instrumentals. Bells Liebe für Repetition scheint auch hier durch.
Wer also Probleme mit ausufernden Loops hat, dürfte kaum einen Zugang zu "Pattern recognition" finden. Alle anderen sollten Glok eine Chance geben. Auch die experimentelleren Momente wissen zu überzeugen. Besonders das dumpfe "Memorial device" und das in Dröhnen versinkende "Day three" zeugen von der Bereitschaft Bells, gewohntes Territorium zu verlassen. Und dann ist da noch "Invocation", der Rausschmeißer. Noch einmal stürzt der Brite sich in die Tiefe des Raums. Fast manisch wirken die Delayschleifen, die einander überlagern, während die Bassdrum dabei hilft, bis Vier zu zählen. Die Akkordfolge, die dem Ganzen zugrundeliegt, ist ebenso simpel wie effektiv. Den Rest übernimmt die Fantasie.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Dirty hugs
- Maintaining the machine (feat. Sinead O'Brien)
- Invocation
Tracklist
- Dirty hugs
- Closer
- That time of night (feat. Shiarra)
- Process (feat. Shamon Cassette)
- Memorial device
- Maintaining the machine (feat. Sinead O'Brien)
- Kintsugi
- Entanglement (feat. C.A.R.)
- Day three
- Invocation
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Armin
2021-11-10 22:08:09- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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