Hape Kerkeling - Mal unter uns ...
Ariola / SonyVÖ: 22.10.2021
Schnulzen aus Amsterdam
Eines kann man Hape Kerkeling sicherlich nicht unterstellen: Spaßbefreitheit. Als eine der langjährigsten Konstanten der hiesigen Showbranche geht es vermutlich auch gar nicht anders. Die Leidenschaft ist eben da – auch, wenn über all die Jahre längst nicht jeder Gag oder jedes Engagement saß. Während seine mediale Omnipräsenz der Neunziger- und Nullerjahre bewusst etwas reduziert wurde, widmete sich der mittlerweile 56-Jährige zuletzt ganz und gar schmerzbefreit seiner musikalischen Ader. Bereits auf "Ich lasse mir das Singen nicht verbieten" gab es dabei selbstredend keine tiefgreifenden Erörterungen des Lebens oder peinliche Metal-Orgien à la Heino, sondern vor allem Schlager, so weit das Auge reicht. Kitschig, klar, aber eben auch mit einem Augenzwinkern serviert und deswegen gar nicht so unangenehm, wie man es hätte erwarten können. Nun also lädt Kerkeling ein zum Gespräch "Mal unter uns ..." – ein Album, das sich aus niederländischen Schlager-Hits der letzten dreißig Jahre zusammensetzt, die eingedeutscht und mit einer Frischzellenkur versehen wurden. Wenn jemand so etwas durchziehen kann, dann wohl er.
Trotz aller Sympathien gestaltet sich "Mal unter uns ..." allerdings als äußerst zweischneidiges Schwert. Wer ein Album wie dieses zu nehmen weiß und eine gewisse Schmonz-Resistenz an den Tag legt, kann hier an einigen Stellen reichlich Spaß haben –und teils auch mitfühlen. "Einen einzigen Tag" beispielsweise ist ein rührendes Pamphlet für die Liebe zum Moment und beschäftigt sich mit einem bevorstehenden Ende. "Hätten wir nur noch einen Moment / In dem sowas wie 'n Liebeslicht brennt / Wären wir wach oder müd' / Und was wär unser Lied?", fragt Kerkeling zu ruhigen Klavierklängen und einer angenehm trabenden Rhythmusfraktion. Irgendwie eine schöne, bittersüße Vorstellung, die er da heraufbeschwört. Kitschfaktor? Egal. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch der Midtempo-Schunkler "Darf Ich dann zu Dir", der dank Kerkelings sympathisch-nonchalanter Performance auch mal über qualitativ eher fragwürdige Textpassagen wie "Wenn ich hungrig bin / Und keiner gibt mir Torte / Darf Ich dann zu Dir?" hinwegsehen lässt. Auch, weil der Entertainer sich selbst recht offensichtlich nicht allzu ernst dabei nimmt. "Amsterdam" gestaltet sich derweil als eine flotte, leicht schräge Uptempo-Nummer über die verflossene Liebe und berauschte Begegnungen in der Stadt, "wo Gras und Liebe blühen" –alles sicherlich kein künstlerischer Hochgenuss für die Jahres-Bestenlisten, spaßig aber allemal.
Hape Kerkeling schafft es, seinen Interpretationen durchaus Schönes abzugewinnen – tappt aber bezeichnenderweise auch in viele genretypische Fallen. Zum einen wäre da die nervige und unnötige Omnipräsenz von Konservenbeats der übelsten Sorte: Songs wie "Ich leb' den Traum" oder "Sexy wenn ich tanz" sind seelenlose, totproduzierte Stampfer, die so gar keine Stimmung aufkommen lassen wollen. Zum anderen kommt man besonders auf dem letzten Albumdrittel nicht drumherum, die Anwesenheit von allerhand gesichtslosem Füllmaterial zu konstatieren. Vom peinlichen "Gudrun" über die arg langweilige Schlagerballade "Zusammensein" inklusive obligarotisch-schlimmem Kinderchor bis zum so gar nicht festlichen Festtagssong "Danke Silvester! Hallo neues Jahr!" bleibt wenig bis gar nichts hängen. Die eigenen Lieblingslieder sind nunmal nicht immer auch die besten. Und so gerät Hape Kerkelings neues Album dann doch eher wie ein etwas zäher Besuch bei quasseligen Verwandten als zur innigen Gefühlsschau. Man schaut gerne mal vorbei und verweilt auch kurz, aber irgendwann reicht es dann eben auch wieder.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Einen einzigen Tag
- Amsterdam
Tracklist
- Der Weg nach Haus
- Ich leb den Traum
- Einen einzigen Tag
- Sexy wenn ich tanz
- Darf Ich dann zu Dir
- Tausend und eine Welle
- Amsterdam
- Glaub an Dich
- Gudrun
- Zusammensein
- Banges Herz
- Lass es los
- Danke Silvester! Hallo neues Jahr!
- Wenn der Vorhang langsam fällt
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