Duran Duran - Future past
BMG / WarnerVÖ: 22.10.2021
Destination Nirgendwo
Alte Regel: Wer auf zu viel Marketing-Tamtam setzt, verschleiert dabei gerne auch mal einen arg schalen Inhalt hinter der Fassade. Gerade vor diesem Hintergrund wirkt die Inszenierung des neuen und mittlerweile 15. Studioalbums "Future past" von den einstigen New-Romantic-Helden Duran Duran erst einmal etwas drüber. Das fängt beim eher schlecht als recht auf ominös getrimmten Albumtitel und einer mit aufmerksamkeitswirksamen Namen wie Giorgio Moroder und Lykke Li aufgeblähten Gäste- sowie Featureliste an und endet nicht zuletzt beim Video zur Vorab-Single "Invisible", das sich rühmt, von einer KI namens Huxley produziert worden zu sein. Schöne neue Welt oder so – und vor allem auch etwas krampfhaft um Innovation bemüht. Die aktuell vierköpfige Band aufgrund dieser Vorzeichen nun abzuschreiben, wäre jedoch vorschnell. Nicht zuletzt kam der selbstbetitelte Longplayer von 1993, auch bekannt als "The wedding album", ebenfalls mehr oder weniger aus der Versenkung und auch ein respektables Spätwerk wie "All you need is now" ist noch keine Ewigkeit her. Was also vermögen die einstigen Pop-Pioniere ihrer Königsdisziplin im fortgeschrittenen Karrierealter noch abzugewinnen?
Die Antwort auf diese Frage weiß "Future past" leider nicht so recht zu beantworten. Am überzeugendsten gibt sich das Album an den wenigen Stellen, die sich völlig losgelöst von etwaiger Trend-Jagd und pseudo-futuristischen Motiven zeigen. Wie perfekt Duran Duran immer noch den schmalen Grat zwischen ekelhaftem Kitsch und poppiger Perfektion beherrschen, zeigt beispielsweise der Titeltrack mit einem satten Glockenspiel-Intro, exaltierten Gesangspassagen des stimmlich nach wie vor überzeugenden Simon Le Bon und einem schmierig-hymnischen Refrain mit lyrischen Hochleistungen wie "It's all a future past that we are living now." Bahnbrechende Kunst? Nö. Trotzdem unterhaltsam? Na sicher. "Beautiful lies" dreht die Disco-Regler im Anschluss aufs Maximum, vergisst bei allem dezent trashigen Bombast aber nicht das nötige Augenzwinkern. "You walked into this plastic paradise" fasst Le Bon zusammen, als wäre ihm absolut bewusst, was er seinen Fans hier gerade serviert. Wer sich drauf einlässt, kann in diesem Plastikparadies definitiv Spaß haben. Besonders dieser Spaßfaktor geht allerdings dem großen Rest von "Future past" leider völlig ab.
Äußerst enttäuschend gerät beispielsweise in "More joy!" das Feature der japanischen Band CHAI, einer der interessantesten und unterhaltsamsten Erscheinungen der aktuellen Pop-Landschaft. Mehr als ein paar in den Hintergrund geschobene Gesprächsfetzen der vier Asiatinnen sind im Verlauf des drögen Songs nicht vernehmbar. Äußerst schade, dass selbst hier keinerlei Abenteuerlust aufblitzt. "Give it all up" bietet dem durchaus überzeugenden Gastauftritt von Tove Lo zwar ein wenig mehr Raum, zerstört den mit wabernden Synthie-Flächen und entrückten Gesangspassagen eigentlich sehr behutsamen und effektiven Songaufbau im Anschluss aber durch einen schier grausigen Overkill-Refrain. Hier wird einfach enorm viel Potenzial verschenkt.
Letztendlich bleiben aber auch diese verpassten Chancen in der Minderheit, denn ein Großteil von "Future past" – insbesondere das letzte Drittel – zeichnet sich vor allem durch gähnende Langeweile aus. Das von Giorgio Moroder mitproduzierte "Tonight united" und "Wing" sind uninspirierte Schunkler der übelsten Sorte, die weder Esprit noch Charme versprühen. "Hammerhead" hangelt sich derweil mit sinnfreien Textpassagen wie "Bang, bang, boomerang / Come search and destroy" arg holprig am völlig ereignislosen Instrumental entlang. "Future past" ist ein ratloses Album geworden – in einzelnen Momenten können Duran Duran nach wie vor überzeugen, wenn sie denn wollen. Viel zu oft zeigen sich die Briten allerdings inspirations- und ambitionslos auf dem Weg zum irrelevanten Alterswerk. Da hilft dann auch das fancy KI-Musikvideo wenig. Sorry, Huxley.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Future past
- Beautiful lies
Tracklist
- Invisible
- All of you
- Give it all up (feat. Tove Lo)
- Anniversary
- Future past
- Beautiful lies
- Tonight united
- Wing
- Nothing less
- Hammerhead (feat. Ivorian Doll)
- More joy! (feat. CHAI)
- Falling (feat. Mike Garson)
Im Forum kommentieren
Menikmati
2021-11-15 10:36:43
Finde die schlechte Kritik grösstenteils ungerechtfertigt und etwas voreingenommen (obwohl DD glaub ich nie gross auf Kritiker-Gegenliebe stiessen?).
Die Band besteht seit 40 Jahren und Simon Le Bons Stimme trägt noch immer erstaunlich gut - auch wenn er sie bisweilen etwas übersteuert. Die Band hat sich der nicht einfachen Aufgabe gestellt, gleichzeitig unterhaltsam und ambitioniert zu sein. Das erfüllt sie meiner Meinung nach über weite Strecken sehr gut. DD stecken das meiste, was in der Hitparade gerade steil geht, locker in die Tasche. Das ist bspw. 100 mal ambitionierter, überraschender und besser als die aktuelle Coldplay.
Natürlich glänzt hier nicht alles durchgehend, wie beispielsweise auf ihrem Meisterwerk Rio. Gerade der in der Kritik gelobte Titeltrack gerät schrecklich pathetisch und altbacken, Tonight United ist eine geschmacklose Anbiederung an aktuelle Hitparadensounds und etwas gar cheap geraten und mit Give it all up (Tove Love) wurde ausgerechnet das schwächste Feature prominent an dritter Stelle platziert.
Dabei treiben gerade die Kollabos mit aktuellen Acts die Future-Past-Mission voran: Hammerhead (mit Ivorian Doll) oder das in der Kritik gescholtene More Joy! lockern die Stimmung des Albums, das bisweilen an seiner eigenen Überfrachtung zu scheitern droht, gerade noch rechtzeitig auf.
Und manchmal funktioniert es auch im traditionellen 80er-Gerüst: Mit All of you gelingt Duran Duran im Jahr 2021 tatsächlich nochmals ein richtiger Instant Classic.
6.5/10
Bane
2021-10-23 21:51:26
Die Kritik ist total daneben. Das Album ist ein echter Highlight gegenüber der Scheiße, die ständig im Radio läuft.
peter73
2021-10-19 11:42:14
technische neuigkeiten, ja.
kollaborationen mit anderen (angesagten?) musikern ist ja das, was gemeint ist.
album wächst, die plattentests.de-kritik kann man getrost in die tonne kloppfen.
Andon
2021-10-16 14:12:04
Ob man die Musik mag ist jedem überlassen aber es ist ein Trugschluss, von Bemütheit und zwanghaften Versuch Modern zu sein auszugehen.
Ein Beispiel: Duran Duran hat sich immer für technische Neuigkeiten interessiert. Insbesondere Nick Rhodes' Faszination für Technologie und Kunst ist gut dokumentiert. Das Video zum
peter73
2021-10-14 19:20:06
so schlecht ist das ding auch wieder nicht.
klar, so gewollt auf modern machen kann manchmal peinlich wirken (chai wer?)... aber ein paar gute songs sind allemal dabei. all you need is now war aber schon eine ganze ecke besser, that´s right.
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Referenzen
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